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Klaus Hüfner: Deutsche Mitarbeit im System der Vereinten Nationen 1950-2023

Rezensiert von Prof. Dr. Nikolas Dörr, 27.03.2025

Cover Klaus Hüfner: Deutsche Mitarbeit im System der Vereinten Nationen 1950-2023 ISBN 978-3-7329-0994-0

Klaus Hüfner: Deutsche Mitarbeit im System der Vereinten Nationen 1950-2023. Frank & Timme (Berlin) 2024. 150 Seiten. ISBN 978-3-7329-0994-0. D: 29,80 EUR, A: 29,80 EUR, CH: 44,70 sFr.
Reihe: Politikwissenschaft - Band 15.

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Thema und Autor

Mit Klaus Hüfner hat sich einer der zentralen deutschsprachigen Forscher:innen zum System der Vereinten Nationen einer Analyse der deutschen Mitarbeit in der UNO angenommen. Der emeritierte Berliner Professor für Volkswirtschaftslehre setzt sich seit Jahrzehnten wissenschaftlich mit diversen Aspekten des Themas auseinander. Dabei verbindet er seine Kenntnisse als Wissenschaftler mit praktischen Erfahrungen, die er unter anderem als Vorstandsmitglied der Deutschen UNESCO-Kommission (DUK), der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN) und der World Federation of United Nations Associations (WFUNA) gesammelt hat.

Entstehungshintergrund

Anlässlich der im Jahr 2023 50-jährigen Mitgliedschaft der Bundesrepublik Deutschland, 1973 zusammen mit der DDR als 133. bzw. 134. Staat, den Vereinten Nationen beigetreten, widmet sich Hüfner in der Monografie der deutschen UN-Politik.

Aufbau

Das Buch weist vier Hauptkapitel auf, wobei die ersten drei explizit chronologisch angeordnet sind und das vierte, nunmehr thematisch ausgerichtet, die Zeit seit 1990 behandelt.

Inhalt

Hüfner legt einen Schwerpunkt auf die finanzielle Beteiligung Deutschlands am System der Vereinten Nationen. Er folgt damit seinen bisherigen Forschungen. [1] Einerseits werden durch den Fokus auf die Finanzen die politischen Debatten etwas in den Hintergrund gerückt, andererseits ist die finanzielle Beteiligung der Staaten das stärkste politische Mittel, um Entwicklungen in die gewünschte Richtung zu rücken. Die Einstellung der Zahlungen der USA gegenüber der UNESCO 1984 sind ein prägnantes Beispiel für diese Form der Machtpolitik. Auch US-Präsident Donald Trump ist 2025 mit dem Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) diesen Weg gegangen. Der Autor analysiert die bundesdeutschen Beitragszahlungen von 1991 bis 2022 anhand von sechs spezialisierten Organen der Vereinten Nationen: das Flüchtlingshilfswerk (UNHCR), den Bevölkerungsfonds (UNFPA), das Entwicklungsprogramm (UNDP), das Kinderhilfswerk (UNICEF), das Welternährungsprogramm (WFP) und das Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA). Insbesondere die Zahlungen an die letztgenannte Organisation haben nach dem Terroranschlag der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023, der nach Fertigstellung des Buches stattfand, eine breite politische Debatte ausgelöst.

Diskussion

Positiv ist, dass Hüfner in einem eigenen Kapitel auch die Geschichte vor dem Beitritt beider deutscher Staaten zur UNO am 18. September 1973 beachtet. Kaum eine Rolle spielen, dem Titel der Monografie entsprechend, die Debatten über die deutsche UN-Politik außerhalb des Systems der Vereinten Nationen. Als Ergänzung sei auf die Monografie des Autors zur Auseinandersetzung zwischen den beiden deutschen UN-Gesellschaften verwiesen. [2]

Kritisch anzumerken ist, dass der Titel spezifischer hätte ausfallen können. Es handelt sich bei der Monografie primär um eine Geschichte der deutschen Finanzbeiträge an die UN und deren politische Implikationen. Es ist weniger eine Auseinandersetzung mit den politischen Debatten, die von Deutschland (bzw. den beiden deutschen Staaten bis 1990) innerhalb des UN-Systems ausgingen. So könnten beispielsweise die diplomatischen Bemühungen der diversen Bundesregierungen um einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat eine eigene Monografie füllen. Hüfner handelt das Thema auf fünf Textseiten (S. 108–113) ab. Dieser Beitrag ist Teil des letzten Kapitels des Buches, das sich stärker den originär politischen Auseinandersetzungen widmet (S. 105–139). Thematisiert werden neben dem Sicherheitsrat auch die deutsche Beteiligung an der Kommission für Friedenskonsolidierung, der Agenda 2030, dem Zukunftsgipfel 2024 und allgemein an der Menschrechtspolitik im UN-System.

Fazit

Hüfners Analyse offenbart sowohl Erfolge als auch Defizite der deutschen UN-Politik. Für die UN-Forschung ist insbesondere das von Hüfner grafisch und tabellarisch aufbereitete, detaillierte Datenmaterial von großem Wert. Mit „Deutsche Mitarbeit im System der Vereinten Nationen 1950-2023“ hat der Autor erneut einen wichtigen wissenschaftlichen Beitrag für die UN-Forschung geleistet.


[1] Klaus Hüfner, Financing the United Nations – An Introduction, Berlin: Frank & Timme, 2019; ders., Mehr Verantwortung übernehmen. Zum deutschen Finanz-Engagement in den Vereinten Nationen 1991–2013, Berlin: Frank & Timme, 2013; ders., Peanuts für die UNO. Das deutsche Finanzengagement seit 1960, Frankfurt am Main u.a.: Peter Lang, 2008; ders., Die Finanzierung des VN-Systems, 1971-2003/2005, Bonn: UNO-Verlag, 2006.

[2] Klaus Hüfner, Kalter Krieg zwischen den beiden deutschen UN-Gesellschaften 1952–1968, Berlin: Frank & Timme, 2017 sowie ders., 65 Jahre Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN), in: Norman Weiß/Nikolas Dörr (Hrsg.), Die Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN). Geschichte, Organisation und politisches Wirken, 1952–2017, Baden-Baden: Nomos, 2017, S. 13–51; Helmut Volger, Die DGVN als politischer Akteur, in: ebd., S. 53–88.

Rezension von
Prof. Dr. Nikolas Dörr
Hochschule für Polizei Baden-Württemberg Leiter des Polizeihistorischen Instituts Fakultät IV – Sozialwissenschaften Sturmbühlstraße 250 78054 Villingen-Schwenningen
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Es gibt 1 Rezension von Nikolas Dörr.

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ISSN 2190-9245