Kunibert Bering: Bild und Kunst - Analyse und Vermittlung
Rezensiert von Prof.em. Dr. Jutta Ströter-Bender, 21.02.2025

Kunibert Bering: Bild und Kunst - Analyse und Vermittlung. Schriften aus fünf Jahrzehnten.
wbv
(Bielefeld) 2024.
275 Seiten.
ISBN 978-3-7639-7683-6.
29,90 EUR.
Reihe: Artificium - Band 72.
Autor und Thema
Kunibert Bering, ein renommierter Kunstpädagoge und Wissenschaftler, ist in den vergangenen Jahrzehnten mit wesentlichen Beiträgen zur Kunstgeschichte, Kunstvermittlung und Kunstpädagogik hervorgetreten. Das Buch Bild und Kunst: Analyse und Vermittlung eröffnet einen beeindruckenden Querschnitt durch sein bisheriges wissenschaftliches Werk. Die Anthologie versammelt Schriften, Essays, Analysen und theoretische Positionen aus einem Zeitraum von fünf Dekaden und entfaltet ein weites intellektuelles Panorama. Sie bietet komplexe Einblicke in die Entwicklung und Bedeutung von Bild und Kunst in Theorie und Praxis. Die grundlegende Intention des Autors ist es, im Kontext der Bilderflut Anregungen und Impulse für eine vertiefte Bildkenntnis und Bildwahrnehmung zu geben. Ein wesentlicher Aspekt ist die exemplarische Konturierung der Facetten von Kultur und ihrer historischen Bedingtheit. Mit diesem Wissen und der analytischen Kompetenz sollen kunstpädagogisches Handeln und didaktische Positionen reflexiv bereichert werden.
Aufbau und Inhalt
Die Publikation ist thematisch strukturiert und in sechs große Abschnitte unterteilt: Grundlagen, Bildbegriffe und Kunstverständnisse, Kontexte, Facetten der Kunst, Globalisierung – Transkulturalität, Kunstpädagogik.
In diesen Abschnitten werden zentrale Positionsbestimmungen, kunsttheoretische Diskurse und kunsthistorische Betrachtungen miteinander verknüpft. Die Inhalte erstrecken sich von der Kunst der Antike bis in die Gegenwart. Im Fokus stehen somit zentrale Bereiche der Kunstwissenschaften. Das umfangreiche Schriftenverzeichnis des Autors dient als Ergänzung. Diese Strukturierung ermöglicht einen umfassenden Einblick in die Facetten von Berings Werk und seinen Beiträge zu den Disziplinen.
Kunibert Bering kombiniert verschiedene methodische Ansätze – von der klassischen Ikonografie über die Rezeptionsästhetik bis hin zu neueren bildwissenschaftlichen Theorien. Das methodische Spektrum des Autors manifestiert sich insbesondere in den Fallstudien, die detaillierte und anschauliche Einblicke in die Analyse von Kunstwerken ermöglichen. In den einzelnen Analysen und Essays werden Kunstwerke und Bildphänomene nicht nur präzise beschrieben, sondern in größere theoretische und historische Zusammenhänge eingebettet.
Als ausgewiesener Kenner der klassischen Antike widmet sich Kunibert Bering mit einem der inhaltlichen Schwerpunkte fundierten Einzelstudien aus dieser Epoche. Exemplarisch dafür steht seine 2016 verfasste Darstellung der Transformation antiker Ästhetik am Beispiel des Pantheons in Rom, in der er die Argumentationszusammenhänge der christlichen Überformung des antiken Tempelbaus detailliert auffächert und nachvollziehbar macht. (S. 88 – 92)
Beispielhaft unter den versammelten Texten ist eine sehr viel ältere Passage aus der Dissertation des Autors (1978) zur Kunst des Mittelalters über „Fra Angelico: Der Altar von S. Marco“ in Florenz. Hier beeindruckt die detaillierte Bildanalyse des Altargemäldes im Kontext der christlichen Ikonographie und ihres Spannungsfeldes zu den politischen Strukturen der Zeit. (S. 126 – 128)
Einen Bogen zur Kunst des 20. Jahrhunderts spannt unter anderem eine Studie zur „Bauhaus-Architektur im internationalen Kontext“ aus dem Jahr 2019. Hier stellt der Autor zum einen die komplexen internationalen Bezugsfelder dar, die mit der Entwicklung der spezifischen Bauhaus-Ästhetik verbunden waren, zum anderen zeichnet er wesentliche Rezeptionsebenen und Nachwirkungen in der Architektur der Moderne nach. (S. 141 -143)
Mit der Fülle von Fallstudien und mosaikartigen Texten bereichert der Autor interdisziplinäre Ansätze der Kunstinterpretation durch die Thematisierung gesellschaftlicher Kontexte und möglicher Rezeptionsweisen. Durchgängig folgt er dabei der Argumentation, dass Bilder nicht bloße Objekte der Betrachtung sind, sondern aktive Akteure im Kommunikationsprozess. Diese Perspektive ist im Zeitalter der Bilderflut von besonderer Relevanz. Die Texte zeigen eine konsequente Reflexion über die Rolle des Bildes in der Gesellschaft und über die didaktischen Herausforderungen bei der Vermittlung von Kunst. In diesem Zusammenhang integriert er historische Perspektiven mit aktuellen Fragestellungen, etwa der Digitalisierung von Bildern und deren Auswirkungen auf die Wahrnehmung und Rezeption von Kunst.
Ein weiterer Schwerpunkt des Buches liegt auf der Kunstvermittlung, einem Bereich, der für Bering sowohl wissenschaftlich als auch praxisorientiert von grundlegender Bedeutung ist. Seine Überlegungen zur Kunstpädagogik beinhalten theoretische Reflexionen mit möglichen inhaltlichen Impulsen für den Unterricht.
Diskussion
Der Band verbindet somit theoretisch fundierte und vielschichtige Einblicke. Die Texte zeichnen sich durch Prägnanz und Wissenschaftlichkeit aus. Sie ermöglichen zugleich ein Re-Reading älterer Positionen und Diskurse und regen somit auch zu Neubestimmungen und Diskussionen an. In der vorliegenden Publikation manifestiert sich durch die thematische Diversität ein komplexes Geflecht an Zugängen und Positionen, welches den Rezipienten durch die wesentlichen Epochen der Kunstgeschichte führt. Der fragmentarische Charakter der Sammlung erfordert von den Leserinnen und Lesern jedoch ein gewisses Maß an Orientierung und Kontextwissen, um die Verbindungen zwischen den einzelnen Texten herzustellen. Bedauerlicherweise ist das Bildmaterial etwas verstreut und zu kleinformatig. Ein umfangreicherer Abbildungsteil hätte das Anliegen des Buches stärker unterstrichen.
Fazit
„Bild und Kunst. Analyse und Vermittlung“ ist ein herausragendes Buch, das die Breite und Tiefe von Kunibert Berings Schaffen eindrucksvoll dokumentiert. Er argumentiert überzeugend, dass die Vermittlung von Kunst nicht nur Wissen über Kunstwerke vermitteln, sondern auch die Fähigkeit fördern sollte, kritisch und kreativ mit Bildern umzugehen. Sein zentrales Anliegen ist sein Plädoyer für die Förderung der Bildkompetenz als Schlüsselqualifikation in einer visuell geprägten Welt. Das Buch stellt eine wertvolle Ressource für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie für Lehrende und Studierende dar.
Rezension von
Prof.em. Dr. Jutta Ströter-Bender
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