Michel Eggebrecht: Was, wenn sich mein Team gar nicht entwickeln will?
Rezensiert von Julia Hartwig-Selmeier, 05.03.2025

Michel Eggebrecht: Was, wenn sich mein Team gar nicht entwickeln will? Herausforderungen für Teamentwickler und Führungskräfte.
Carl-Auer Verlag GmbH
(Heidelberg) 2024.
191 Seiten.
ISBN 978-3-8497-0543-5.
D: 29,95 EUR,
A: 30,80 EUR.
Reihe: Management, Organisationsberatung.
Thema
Teamentwickler:innen und Führungskräfte stehen vor der Herausforderung, Teams gezielt zu entwickeln. Sie müssen entscheiden, wohin die Entwicklung gehen soll, wer die Richtung bestimmt und wie sie in konkreten Situationen reagieren. Michel Eggebrecht skizziert im vorliegenden Buch 40 Herausforderungen und Fragestellungen der Teamentwicklung.
Autor
Michel Eggebrecht, M. Sc.; Wirtschaftspsychologe, systemischer Organisationsberater und Agile Coach; vormals Scrum Master in verschiedenen Teams und disziplinarische Führungskraft im agilen Umfeld sowie Dozent an der Hochschule Fresenius für Sozialpsychologie, Konfliktmanagement und Moderation. Arbeitsschwerpunkte: selbstgesteuerte Teams, Einbettung agiler Teams in komplexe Unternehmenskontexte, Entscheidungsprozesse im agilen Umfeld, Teammediation, Ausbildung von Scrum Mastern.
Entstehungshintergrund
Das Buch fasst Erkenntnisse und Erfahrungen der Teamentwicklung in agilen Kontexten zusammen und bietet dauerhaften und temporären Teamentwickler:innen, Teamleitungen und Coaches praktische Hilfestellungen und Impulse.
Aufbau
Michel Eggebrecht behandelt in zehn thematischen Kapiteln über 40 Fragestellungen von Teamentwickler:innen in agilen Teams. Jedes Kapitel widmet sich spezifischen Herausforderungen der Teamentwicklung und folgt einem einheitlichen Schema bestehend aus einer Fragestellung, „Gedanken eines Teamentwicklers“, praktische Ansätze und Stolpersteine sowie einem Fazit. Die Kapitel können unabhängig voneinander und in beliebiger Reihenfolge gelesen werden.
Inhalt
Das Buch ist in zehn Kapitel gegliedert:
1. Grundlagen: Das Team, der Teamentwickler, die Organisation
Dieses Kapitel behandelt die Grundbegriffe der Teamentwicklung. Es beschreibt die Rollen und Rahmenbedingungen temporärer und dauerhafter Teamentwicklung sowie typische Tätigkeiten eines Teamentwicklers.
2. Die passende Haltung des Teamentwicklers
Es geht um Faktoren wie Mindset, Teamregeln, die Beziehung zum Team und zur Organisation, Offenheit, die für die Unterstützung eines Teams in seiner Entwicklung erforderlich sind.
3. Anfangsphase einer Teamentwicklung: Anschluss finden und Weichen stellen
In dieser Phase ist es wichtig, Bewährtes beizubehalten und Veränderungen nur in passenden Kontexten einzuführen. Das bisher Erreichte sollte gewürdigt werden. Reflexions- und Diskussionsräume helfen, aktuelle Herausforderungen, Optimierungspotenziale und Themen für Verbesserungen zu identifizieren. Retrospektiven bieten die Möglichkeit, aus bisherigen Erfahrungen Ideen zur Weiterentwicklung abzuleiten.
4. Den Auftrag klären
Die Klärung eines Auftrags mit dem Auftragsklärungskompass ist ein zentraler Bestandteil der Teamentwicklung. Es geht darum, Problembeschreibungen und -bewertungen zu erfassen, Ziele zu formulieren und geeignete Vorgehensweisen zu bestimmen. Bereits erprobte Lösungsansätze werden reflektiert und vermutete Sichtweisen kritisch hinterfragt. Ein Auftrag sollte nur angenommen werden, wenn die eigenen Kompetenzen ausreichen, die Rahmenbedingungen stimmen und eine gemeinsame Basis mit dem Auftraggeber besteht.
5. Themen und Ziele der Teamentwicklung
Während Themen variabel sind, bieten Ziele eine stabilere Orientierung. Eine gezielte Fokussierung kann sowohl Kontinuität schaffen als auch blinde Flecken erzeugen.
6. Für Veränderungen sorgen
Nachhaltige Veränderungen im Team erfordern neue Verhaltensmuster und Teamregeln. Relevante Informationen sollten regelmäßig aus teamübergreifenden Runden ausgetauscht werden. Maßnahmen müssen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit bewertet werden. Zudem ist es wichtig, den Fokus auf beeinflussbare Themen zu legen und Lösungen zu erarbeiten. Soziale Funktionen wie Klagen und Tratschen können die Teamdynamik positiv wie negativ beeinflussen, weshalb eine gezielte Intervention manchmal nötig ist.
7. Das Zwischenmenschliche im Blick behalten
Informelle Hierarchien haben sowohl Vorteile als auch Risiken. Während sie Entscheidungsprozesse beschleunigen können, besteht die Gefahr, dass Teammitglieder sich zurückziehen oder Ideen nicht äußern. Reflexion und psychologische Sicherheit sind essenziell für eine konstruktive Teamkultur. Beziehungskonflikte sollten angesprochen werden, um negativen Auswirkungen auf die Zusammenarbeit entgegenzuwirken.
8. Selbststeuerung fördern
Teams profitieren davon, wenn sie ihre eigenen Entscheidungsprozesse steuern. Fragetechniken können helfen, unterschiedliche Perspektiven einzubringen. Agilität bedeutet nicht Basisdemokratie, sondern die Fähigkeit, trotz Unsicherheiten handlungsfähig zu bleiben. Bei Entscheidungen sollte neben den Optionen A und B, auch Option C bestehen, um den Status quo beizubehalten.
9. Auf Umfeld und Rahmenbedingungen des Teams einwirken
Das Umfeld hat einen erheblichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit eines Teams. Zeitdruck kann Teams zu besseren Leistungen anspornen, kann aber auch zu Fehlern und Leistungsabfall führen. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Leistungsanforderungen und sozialem Austausch ist entscheidend, um Überforderung und Erschöpfung zu vermeiden.
10. Das Ende in Sicht
Abschließend werden Entwicklungsthemen und -ziele reflektiert und Szenarien für das Ende des Teamentwicklungsprozesses erläutert.
Das Buch endet mit einem Glossar agiler Grundbegriffe.
Diskussion
Michel Eggebrecht teilt in dem vorliegenden Buch seinen Erfahrungsschatz und liefert eine praxisorientierte Anleitung für die Arbeit mit selbstgesteuerten Teams. Die zahlreichen Fallbeispiele und Interventionen machen das Buch zu einer wertvollen Ressource für Teamentwickler:innen. Allerdings könnte der Ansatz für sehr erfahrene Teamentwickler:innen an einigen Stellen etwas zu allgemein wirken, tiefere Einblicke in spezialisierte Methoden oder Techniken wären wünschenswert, die in schwierigen Fällen zur Anwendung kommen können.
Fazit
Michel Eggebrecht präsentiert eine praxisorientierte Anleitung für Teamentwickler:innen und Führungskräfte, die mit selbstgesteuerten Teams arbeiten, und behandelt über 40 spezifische Herausforderungen der Teamentwicklung in agilen Kontexten. Das Werk liefert fundierte Hilfestellungen, von der Anfangsphase der Teamentwicklung bis hin zum Ende des Prozesses, und bietet praktische Ansätze sowie Fallbeispiele. Kritikpunkte sind, dass erfahrene Teamentwickler:innen an einigen Stellen tiefere Einblicke in spezialisierte Methoden vermissen könnten, da die Interventionen insgesamt recht allgemein bleiben.
Rezension von
Julia Hartwig-Selmeier
Dipl.Soz.-Wiss., Moderatorin, Live-Online-Trainerin, Digital Learning Designerin
Sport- und Gesundheitstrainerin
Website
Mailformular
Es gibt 15 Rezensionen von Julia Hartwig-Selmeier.