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Anita Plattner (Hrsg.): Erziehungsfähigkeit psychisch kranker Eltern richtig einschätzen und fördern

Rezensiert von Wolfgang Schneider, 11.02.2025

Cover Anita Plattner (Hrsg.): Erziehungsfähigkeit psychisch kranker Eltern richtig einschätzen und fördern ISBN 978-3-497-03278-5

Anita Plattner (Hrsg.): Erziehungsfähigkeit psychisch kranker Eltern richtig einschätzen und fördern. Ernst Reinhardt Verlag (München) 2024. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. 208 Seiten. ISBN 978-3-497-03278-5. D: 29,90 EUR, A: 20,80 EUR.

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Thema

Die Einschätzung der Erziehungsfähigkeit von Eltern ist in der Jugendhilfe und bei familienpsychologischen Fragen oft der Schlüssel für hilfreiche Begleitung und Entscheidungen – besonders, wenn ein Elternteil an einer psychischen Erkrankung leidet. Dieses Buch gibt einen Überblick über die Auswirkungen der häufigsten psychischen Erkrankungen auf die Erziehungsfähigkeit und über Kriterien für deren Einschätzung. Eine Auswahl geeigneter Techniken für Gespräche mit Eltern und Kindern ergeben zusammen mit spezifischen Unterstützungsangeboten einen praxisorientierten Leitfaden. Fachkräfte können damit ihr Expertenwissen ausbauen und die Zusammenarbeit mit psychisch kranken Eltern erfolgreich gestalten. In der 3. Auflage wurde das Buch erweitert um neue Erkenntnisse zu Narzissmus und Gaslighting auf Seiten der Eltern sowie seelischer Kindeswohlgefährdung und Entfremdung.

Herausgeberin

Dr. rer. biol. hum. Anita Plattner ist Diplom-Psychologin und Sachverständige zu Fragen des Sorge- und Umgangsrecht. Sie wird unterstützt von mehreren Autor:innen aus den Bereichen Therapie und Recht.

Aufbau und Inhalt

Das Buch gliedert sich in drei Oberthemen, den jeweils eine variierende Zahl an Kapiteln zugeordnet ist.

Teil I Grundlagen der Erziehungsfähigkeit

Erziehungsfähigkeit ist ein Begriff, der im Kinderschutz und den Hilfen zur Erziehung immer wieder präsent ist. Aber was ist damit eigentlich gemeint? Diese Frage steht zunächst unter juristischen und psychologischen Aspekten – die sich bisweilen deutlich widersprechen – im Fokus. Hierbei zeigt sich das Problem, dass sowohl das Kindeswohl als auch die Kindeswohlgefährdung keine Legaldefinition haben, also nirgendwo eine gesetzliche Klarstellung, was die Begriffe bedeuten, vorhanden ist. Sie sind Auslegungssache. beschreibt den bereits im Titel vordergründigen Fachbegriff der „Erziehungsfähigkeit“ aus juristischer und psychologischer Sicht. Die Kriterien der juristischen Sichtweise werden dabei klar definiert und durch die dementsprechenden Gesetzestexte vertieft. Bei der Beurteilung der Erziehungsfähigkeit ist die Beziehung zwischen den Kindern und den Bezugspersonen ein ausschlaggebender Faktor, den es durch Sachverständige zu beurteilen gibt. Welche Methoden dazu angewandt werden, wird hier ebenfalls beschrieben. Wichtig: Eine psychische Erkrankung muss nicht zwangsläufig eine Beeinträchtigung der Erziehungsfähigkeit bedeuten. Wie so vieles im Bereich der Kindeswohlgefährdung gilt es auch hier immer, einen Blick auf den Einzelfall zu haben. Dementsprechend sind Diagnosen wichtig, bieten aber stets nur einen Aufhänger und nie eine Zwangsläufigkeit.

Teil II Die wichtigsten psychischen Erkrankungen und mögliche Auswirkungen auf die Erziehungsfähigkeit

Dieser Abschnitt widmet sich der Betrachtung einiger psychischen Krankheitsbilder beziehungsweise Persönlichkeitsstörungen. Hierzu wird zunächst die entsprechende Diagnose erläutert, bevor Prävalenz, Ursachen, Verlauf und Behandlung dieser Beeinträchtigung untersucht werden. Auch wenn stets der Einzelfall zu berücksichtigen ist, gibt es den Versuch, mögliche Auswirkungen der jeweiligen Störungsbilder auf die Erziehungsfähigkeit der Patient:innen zu beschreiben, wozu es Fallbeispiele gibt. Möglich sind zum Beispiel Entwicklungsverzögerungen, herausforderndes oder introvertiertes Verhalten oder eine ausgeprägte Parentifizierung. Beschrieben werden folgende Diagnose(gruppe)n:

  • „Affektive Erkrankungen und Angststörungen“: Depression, uni- und bipolaren Störungen, Angststörungen, Panikstörung und Zwangsstörung.
  • Psychotische Erkrankungen: Schizophrenie sowie schizophrene Störungen mit einhergehender Halluzination und wahnhaftem Erleben.
  • Suchterkrankungen
  • Persönlichkeitsstörungen und -akzentuierungen: Darstellung der Persönlichkeitsstörungen in Clustern.

Teil III Arbeit mit psychisch kranken Eltern und deren Kindern

Wie können die theoretischen Erkenntnisse nun in die praktische Arbeit umsetzen lassen? Dazu geht es vor allem um eine entsprechend klare, offene Haltung der beteiligten Fachkräfte. Zunächst stehen dabei Techniken, Möglichkeiten und Grenzen der Gesprächsführung mit Kindern und Eltern im Mittelpunkt. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der psychotherapeutischen Arbeit mit Kindern und Eltern, wobei zunächst die Arbeit mit den Kindern und daraufhin die Elternarbeit erläutert wird. Der Fokus liegt dabei Dieses Kapitel verdeutlicht die Auswirkungen psychischer Beeinträchtigungen auf Kinder und Partner:innen der Betroffenen und die daraus resultierende Bedeutung einer auf den Einzelfall angepasste Gesprächstechnik. Im weiteren Verlauf stehen verschiedene Unterstützungsangebote für Familien im Vordergrund, bevor es noch einmal um juristische Aspekte geht – in diesem Fall die rechtlichen Grundlagen bezüglich der elterlichen Sorge und des Umgangsrechtes.

Diskussion

Es ist ein großes Plus dieses Buches, dass es ein hochkomplexes Thema mit vielen unbekannten Variablen verständlich und komprimiert darstellt. Wer sich den unbestimmten Rechtsbegriffen Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung widmet, der wird es nie schaffen, allumfassend alles abzubilden, was es an Wissensstand gibt. Wer das mit einem Buch schaffen würde, der würde wahrscheinlich eine unermessliche Zahl von Seiten schreiben müssen – und hätte immer noch nicht alles berücksichtigt. Deshalb ist es eine große Kunst, wesentliche Informationen auf überschaubaren Umfang herunterzubrechen. Und das gelingt der Herausgeberin mit diesem Buch sehr gut. Grundlegendes wird vermittelt, Wichtiges zumindest angerissen – und so haben die Leser:innen bei Bedarf die Möglichkeit, sich mit der weitergehenden Literatur zu beschäftigen. Wer mit Kinderschutz zu tun hat, dem sei dieses Buch uneingeschränkt ans Herz gelegt.

Fazit

Das Buch bietet eine gute Einführung in ein komplexes Feld, das im Kinderschutz wohl zu den schwierigsten Fällen schlechthin gehört. Das Buch richtet sich an Fachkräfte in der Jugend- und Familienhilfe, der Erziehungsberatung, der familienpsychologischen Begutachtung und alle anderen, die psychisch kranke Eltern und/oder ihre Kinder begleiten und betreuen

Rezension von
Wolfgang Schneider
Sozialarbeiter
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Es gibt 137 Rezensionen von Wolfgang Schneider.

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ISSN 2190-9245