Walter Röchling: Grundlagen und Schwerpunkte des Kinder- und Jugendhilferechts (SGB VIII) für die Soziale Arbeit
Rezensiert von Wolfgang Schneider, 10.12.2024
Walter Röchling: Grundlagen und Schwerpunkte des Kinder- und Jugendhilferechts (SGB VIII) für die Soziale Arbeit. Aufgaben, Intervention und Mitwirkung unter dem Aspekt von Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2024. 143 Seiten. ISBN 978-3-7799-8504-4.
Thema
Das Buch gibt einen rechtlichen Überblick über die Themenbereiche Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung, Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen, die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten sowie die Stärkung des Kinderschutzes durch das Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz – Themenbereiche in der Kinder- und Jugendhilfe, in denen das Wohl des Kindes und die Gefährdung des Kindeswohls als maßgebliche Aspekte im Mittelpunkt der gesetzlichen Regelungen stehen. In einem weiteren Kapitel wird die rechtliche Stellung des Kindes in den entsprechenden Gesetzesmaterien skizziert.
Autor
Walter Röchling, Jg. 1948, Dr. jur., Familienrichter und Betreuungsrichter a.D., Honorarprofessor an der Hochschule Niederrhein/​Fachbereich Sozialwesen. Fachgebiet: Institutionalisierte Soziale Arbeit in Familien- und Jugendhilfesachen einschließlich Verfahrensrecht. Lehrbeauftragter für Familienrecht, Kinder- und Jugendhilferecht sowie Familienverfahrensrecht. Dozent in der beruflichen Fortbildung.
Aufbau und Inhalt
Das Buch gliedert sich in fünf Teile:
Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung, § 8a SGB VIII
§ 8a SGB VIII wurde im Jahre 2005 durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (KICK) zur Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen bei Gefahren für ihr Wohl in das SGB VIII eingefügt. Mit der Neuregelung erfolgte erstmals eine gesetzliche Konkretisierung des staatlichen Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung. Durch die Bestimmung wurden Verfahrensstandards bei den Jugendämtern über gebotene Maßnahmen bei der Gefahrenabwehr geschaffen, (auch) um den Fachkräften in der Kinder- und Jugendhilfe mehr Handlungssicherheit zu geben. Hintergrund waren einige spektakuläre Fälle in Deutschland, bei denen die Behörden massive Gefährdungen von Kindern übersehen hatten – mit schlimmen Ausgang wie zum Beispiel im Fall Kevin aus Bremen. Neben dem Gesetzestext erhält das Kapitel Hintergrundinformationen zur Entstehung. Im weiteren Verlauf werden alle Aspekte des § 8a Stück für Stück mit Leben gefüllt: Was sind gewichtige Anhaltspunkte? Wie welche Schritte sind erforderlich, um zu einer Gefährdungseinschätzung kommen zu können
Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen, § 42 SGB VIII, und Vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise, §§ 42a ff. SGB VIII (Überblick)
Bei der Inobhutnahme muss zwischen zwei grundlegend unterschiedlichen Bereichen differenziert werden wie in der Kapitelüberschrift deutlich wird. Während § 42 eine Kindeswohlgefährdung voraussetzt, die so massiv ist, dass das Kind sofort durch Wegnahme von den Eltern geschützt werden muss, betrachtet der $ 42a-f SGB VIII das unbegleitete Einreisen eines Ausländers ohne eine Person, die verantwortlich ist, grundsätzlich als Gefahr. Es muss über Das Jugendamt eine Inobhutnahme erfolgen, damit die Verantwortungsübernahme gesichert ist und entsprechende familiengerichtliche Schritte eingeleitet werden können, um einen Vormund zu bestellen. Das Familiengericht spielt auch bei den ‚klassischen‘ Inobhutnahmen eine große Rolle. Diese sind nämlich nur dann zulässig, wenn eine Entscheidung des Familiengerichtes über eventuelle Eingriffe in das Sorgerecht der Eltern nicht mehr rechtzeitig eingeholt werden können. Wäre das möglich, darf eine Herausnahme eines Kindes gegen den Willen des Kindes nicht erfolgen.
Mitwirkung des Jugendamtes in Verfahren vor den Familiengerichten, § 50 SGB VIII
In allen Fällen, die Minderjährige betreffen, ist das Jugendamt in der Regel zu beteiligen. In der Regel sind dabei Sorgerechts- oder Umgangsanträge eines Elternteils mit gemeint.
Stärkung des Kinderschutzes durch das Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG)
Das 2012 in Kraft getretene Gesetz war dem Wunsch des Gesetzgebers geschuldet, den staatlichen Kinderschutz und Absprachen von beteiligten Institutionen zu verbessern. Das KKG ist dabei Teil des Bundeskinderschutzgesetzes und regelt zum Beispiel, welche Rahmenbedingungen für den Aufbau verbindlicher Netzwerkstrukturen im Kinderschutz erfüllt sein müssen.
Die rechtliche Stellung des Kindes
In diesem Kapitel wird zunächst festgestellt, dass Kinder „nach der Verfassung und nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung Träger eigener Rechte einschließlich der Grundrechte“ (S. 113) sind. Sie haben zahlreiche Anhörungs-, Antrags-, Beteiligungs- oder Verfahrensrechte, die ihnen gesetzlich garantiert sind. Dazu gehört zum Beispiel, dass sie in Kinderschutzverfahren entsprechend ihres Alters zu beteiligen.
Weiterführende Literaturhinweise sowie ein Abkürzungs- und Stichwortverzeichnis schließen das Buch ab.
Diskussion
Wer das Glück hatte, Dr. Röchling als Dozent zu erleben, der wird sich auch in seinen Büchern gut mitgenommen fühlen. Kurz und prägnant, aber dennoch im erforderlichen Umfang gelingt es ihm, die juristischen Grundlagen des Kinderschutzes auch für (angehende) Sozialarbeiter:innen verständlich zu vermitteln.
Fazit
Wohltuend prägnant formuliert, geht der ausgewiesene Fachmann Röchling an dieses wichtige Thema heran und füllt die entsprechenden Paragrafen mit Leben. Vor allem für Studierende und Berufseinsteiger:innen dürfte dieses Büchlein ein Gewinn sein.
Rezension von
Wolfgang Schneider
Sozialarbeiter
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Es gibt 126 Rezensionen von Wolfgang Schneider.
Zitiervorschlag
Wolfgang Schneider. Rezension vom 10.12.2024 zu:
Walter Röchling: Grundlagen und Schwerpunkte des Kinder- und Jugendhilferechts (SGB VIII) für die Soziale Arbeit. Aufgaben, Intervention und Mitwirkung unter dem Aspekt von Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung. Beltz Juventa
(Weinheim und Basel) 2024.
ISBN 978-3-7799-8504-4.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/32893.php, Datum des Zugriffs 24.01.2025.
Urheberrecht
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