Suche nach Titel, AutorIn, RezensentIn, Verlag, ISBN/EAN, Schlagwort
socialnet Logo

Daniela Steenkamp, Johannes Schilling: Didaktik/Methodik Sozialer Arbeit

Rezensiert von Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer, 19.11.2024

Cover Daniela Steenkamp, Johannes Schilling: Didaktik/Methodik Sozialer Arbeit ISBN 978-3-8252-8841-9

Daniela Steenkamp, Johannes Schilling: Didaktik/Methodik Sozialer Arbeit : Grundlagen und Konzept. Ernst Reinhardt Verlag (München) 2024. 9., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. 260 Seiten. ISBN 978-3-8252-8841-9. D: 39,90 EUR, A: 41,10 EUR, CH: 48,70 sFr.
Reihe: UTB - 8311. Studienbücher für soziale Berufe - 2.

Weitere Informationen bei DNB KVK GVK.
Inhaltsverzeichnis bei der DNB.

Kaufen beim socialnet Buchversand

Thema

Jede Zeit ist eine Zeit des Wandels (Ken Follett). Im Bereich der wissenschaftlichen, theoretischen und praktischen Sozialen Arbeit werden Veränderungsprozesse vorrangig deutlich. Welche Menschen-, Gesellschafts- und Weltbilder galten in der Vergangenheit, wirken in der Gegenwart und visionieren in die Zukunft? Das Berufsfeld Soziale Arbeit fokussiert ihr gesellschaftliches Wirken auf die, besonders in den sozialen und pädagogischen Berufen geltenden Zielsetzungen: „Handeln erklären – Sinn verstehen – sich selbst erkennen“. Es sind intellektuelle, kognitive und emotionale Herausforderungen, die sich an die beruflich Tätigen stellen (siehe z.B. auch dazu: Joachim Puch, Lebenswelten entdecken. Wandel beruflicher Lebenswelten 1982 – 2022, www-socialnet.de/rezensionen/31223.php).

Entstehungshintergrund und Autorenteam

Die beim schulischen Lehren und Lernen geltenden Prinzipien des Lehrens und Lernens beruhen auf den didaktischen Kompetenzen, Theorien und Praxen, wie sie über Jahrhunderte hinweg diskutiert, entwickelt und gegeneinander ausgespielt werden, als Führen und Wachsen lassen, als Fordern und Fördern. Die didaktischen und methodischen Modelle von Schuldidaktik, wie sie in neuerer Zeit als „bildungstheoretische Didaktik“ (Klafki), als „lerntheoretische Didaktik“ (Heimann), als „konstruktivistische Neurodidaktik“ (Reich/​Herrmann) entstanden sind, werden im Arbeitsfeld Soziale Arbeit bisher nur unzureichend und zögerlich aufgenommen. Eine „Didaktik Sozialer Arbeit“ liegt bisher nicht vor. In der Reihe „“Studienbücher für soziale Berufe“ des Ernst-Reinhardt-Verlags wird das Buch in mittlerweile 9. Auflage von der Sozialwissenschaftlerin Daniela Steenkamp von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Villingen-Schwenningen und vom (em.) Kultur- und Sozialwissenschaftler Johannes Schilling herausgegeben. Sie schreiben damit keine „Theorie der Didaktik“, sondern sie verstehen den Entwurf einer Didaktik Sozialer Arbeit als Versuch, ein vorläufiges, offenes Lehr-Lern-Spiral-Modell zur Diskussion und Mitarbeit zu stellen.

Aufbau und Inhalt

Das Autorenteam vollzieht dabei einen bemerkenswerten Perspektivenwechsel vom Verständnis und Vollzug der Sozialen Arbeit: „Die Ziele der Sozialen Arbeiter:innen bezeichnen wir nicht mehr als Erziehungsziele, sondern als (professionelle) Einschätzungsziele, die sich oft in Handlungen äußern“. Als Grundlage dient ein Schaubild, in dem mit sieben Stichworten das „Didaktikmodell Sozialer Arbeit“ skizziert wird und die Zusammenhänge zur Allgemeinen Didaktik und zur speziellen der Sozialen Arbeit hergestellt werden.

Die erstmals 1990 erschienene Studie von Johannes Schilling kann als ein positives, nachahmenswertes Beispiel für wissenschaftliches, weiterführendes Denken und Handeln verstanden werden; denn mit jeder neuen Auflage wurden theoretische und praktische Ergänzungen vorgenommen und so den anthropologischen Konstanten – Information, Konzeption, Reflexion – Genüge getan; denn: Sozialarbeiterisches Arbeiten ist immer (bewusst oder unbewusst) konzeptionell“.

Das Lehrbuch wird in 8 Teile gegliedert. Es werden die theoretischen Grundlagen der Didaktik thematisiert, die wissenschaftlichen Bezüge hergestellt, die klassischen und neueren Theorie- und Praxiskonzepte diskutiert, die praktischen Handlungsoptionen erprobt, die Methoden und Medien betrachtet und die ethischen und anthropologischen Logiken betrachtet und thematisiert.

Soziale Arbeit ist Menschenarbeit. Es ist das Menschenbild, das als ganzheitliches, anthropologisches, natur-, kulturbestimmtes und soziales Bewusstsein die Conditio Humana bestimmt. Das professionelle Ziel der Sozialen Arbeit ist die Befähigung und Kompetenz, „eine bessere und umfassende Teilhabe und Bedürfnisbefriedigung“ für alle Menschen zu erwirken. Bei der Anlehnung an den traditionellen didaktischen Dreischritt und die Ausweitung auf sechs Aspekte der sozialen Beziehungsarbeit landet das Autorenteam bei der „konstruktivistischen Didaktik. Sie geht davon aus, „dass Lehrende und Lernende immer in einer Beziehung stehen“. Es ist die positive Betrachtung, die fasziniert und ermuntert: „Jeder Mensch hat Ressourcen. Jeder Mensch hat Stärken“. Dieses systemische Wissen ermöglicht das Erkennen und die Analyse des realen Beziehungsgeflechts. In der Sozialen Arbeit kommt es (auch) darauf an, dass der Educandor für den Educandus stellvertretende Entscheidungen trifft, immer freilich mit dem Bemühen, den zu Betreuenden zur Selbst-, Mitverantwortung und Selbstständigkeit zu bringen: „Alles Lehren und Lernen bedeutet Beziehungsgestaltung. SozialarbeiterInnen müssen (wertschätzend und empathisch) in Beziehung denken“. Mit dem „Didaktischen Dreieck“ – Ziel, Sache und Profession, Adressat – werden die persönlichen, aktuellen, analysierten und veränderungsbedürftigen Perspektivenwechsel benannt und bearbeitet. Ziel muss sein, sich Einstellungen und Verhaltensweisen bewusst zu machen und zu motivieren, sich zu verändern.

Diskussion

Das Lehrbuch zeichnet sich aus durch direkte Ansprachen an die LeserInnen. Dadurch entstehen zwei grundlegende Erwartungshaltungen. Die eine: Ich will und kann ein gelingendes, positives, professionelles Handeln erreichen! Die andere: Es kommt auf das eigene und kommunikative, dialogische Mühen an. Existenz und Ziel der Sozialen Arbeit ist immer „das anwaltschaftliche Eintreten für gerechte Lebensverhältnisse“, und der Vollzug einer menschenwürdigen Gemeinwesenarbeit Die Mitherausgeberin Daniela Steenkamp formuliert im „Ausblick“ Überlegungen und Anspruch, die mit dem „Didaktischen Dreieck“ strukturierten didaktischen Zusammenhänge von Allgemein- und Sozialpädagogik – mit einer Neuauflage – auf eine neue Ebene zu bringen: „Eine diversitätssensible Didaktik muss den sozialarbeiterischen Handlungskontext miteinbeziehen, der von Differenz-. und Ungleichheitsverhältnissen sowie Privilegierungs-und Diskriminierungserfahrungen geprägt ist“. Sie bringt das „Didaktische Sechseck“ in den Diskurs: „Ziel – Inhalt – Sozial-, Prozess-, Handlungs- und Raumstruktur“. Die Autorin lässt sich dabei auf das gedankliche geistige Abenteuer ein, die aktuellen Multikrisen und Kakophonien des Anthropozän mit radikal-konstruktivistischem, dadaistischem Denken zu begegnen (siehe dazu auch: Nikolas Dierks, Was tue ich hier eigentlich?, 2014, www.socialnet.de/rezensionen/17465.php/Heinz von Foerster, Ernst von Glasersfeld, Wie wir uns erfinden, 2022, www.socialnet.de/rezensionen/30055.php).

Das Handbuch, als Lehr-.Lern-Mittel, ist ein Praxisbuch. Dabei wird selbstverständlich vorausgesetzt, dass Praxis nicht ohne theoretische Grundlagen auskommt. Das Lehrbuch richtet sich besonders an Studierende der Sozialen Arbeit. Sie bietet auch Praktikern Denk- und Handlungsanstöße und öffnet im sozialwissenschaftlichen Diskurs das Weiterdenken. Mit besonderen Markierungen und Bezeichnungen wird darauf verwiesen, dass das Lehrbuch von den BenutzerInnen sowohl systematisch als auch sach- und fallspezifisch zur Hand genommen werden kann. Herausgehobene Checklisten, individuelle und gruppenbezogene Arbeitsanregungen und Fallbeispiele sind hilfreiche, konstruktive Anregungen zum Selbsttun. Skizzen und Abbildungen konkretisieren die Texte. Das umfangreiche Literatur und das Sachregister bieten den Leserinnen und Lesern vielfältiges Mit- und Weiterdenken an.

Fazit

Das Lehrbuch vermittelt fundiertes Wissen zur Didaktik in der Sozialen Arbeit und verknüpft Theorie und Praxis für Studierende und Praktiker. Es bietet Ansätze zur Gestaltung professioneller Beziehungen und zum Umgang mit Diversität und fördert ein gerechtes, verantwortungsvolles Handeln.

Rezension von
Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer
Ehemaliger Lehrbeauftragter an der Universität Hildesheim
Mailformular

Es gibt 1680 Rezensionen von Jos Schnurer.

Besprochenes Werk kaufen
Sie fördern den Rezensionsdienst, wenn Sie diesen Titel – in Deutschland versandkostenfrei – über den socialnet Buchversand bestellen.


Zitiervorschlag
Jos Schnurer. Rezension vom 19.11.2024 zu: Daniela Steenkamp, Johannes Schilling: Didaktik/Methodik Sozialer Arbeit : Grundlagen und Konzept. Ernst Reinhardt Verlag (München) 2024. 9., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. ISBN 978-3-8252-8841-9. Reihe: UTB - 8311. Studienbücher für soziale Berufe - 2. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/32918.php, Datum des Zugriffs 13.12.2024.


Urheberrecht
Diese Rezension ist, wie alle anderen Inhalte bei socialnet, urheberrechtlich geschützt. Falls Sie Interesse an einer Nutzung haben, treffen Sie bitte vorher eine Vereinbarung mit uns. Gerne steht Ihnen die Redaktion der Rezensionen für weitere Fragen und Absprachen zur Verfügung.


socialnet Rezensionen durch Spenden unterstützen
Sie finden diese und andere Rezensionen für Ihre Arbeit hilfreich? Dann helfen Sie uns bitte mit einer Spende, die socialnet Rezensionen weiter auszubauen: Spenden Sie steuerlich absetzbar an unseren Partner Förderverein Fachinformation Sozialwesen e.V. mit dem Stichwort Rezensionen!

Zur Rezensionsübersicht