Andreas Fieber: Handbuch Nachhaltigkeit
Rezensiert von Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer, 03.12.2024
Andreas Fieber: Handbuch Nachhaltigkeit. Ziele, Klimawandel, Politik. UVK Verlagsgesellschaft mbH (Konstanz) 2024. 347 Seiten. ISBN 978-3-8252-6297-6. D: 34,90 EUR, A: 35,90 EUR, CH: 44,00 sFr.
Thema
„Die Zerstörung der eigenen Lebensgrundlagen durch die Menschheit ist kein unabänderliches Schicksal“
Angesichts der Unsicherheiten in der Welt, der Kriege, Krisen und Kakophonien, sind trotz allem Optimismus und Zuversicht gefragt. Das Kantische „Sapere aude“, der Mut und die Kraft, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, bleibt als Hoffnung, dass die Menschen aufgeklärt und gebildet sein wollen. Seit mehr als einem halben Jahrhundert wird die Menschheit gewarnt, dass das ökonomische Wachstum an seine Grenzen gelangt sei; fast eben so lang fordert die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung mit dem Brundtland-Bericht auf, „business as usual“ und „throughput growth“ durch „sustainable development“ zu ersetzen und zur ökologischen Tragfähigkeit zu kommen. Die Vereinten Nationen haben im September 2015 die „Seventeen Goals“ ausgerufen, mit denen spätestens 2030 eine nachhaltige Zukunft der Menschheit erreicht werden soll. Aufbruchstimmungen, Perspektiven- und Paradigmenwechsel sind Anforderungen an die Conditio Humana. Die britische Ökonomin Ann Pettifor, Direktorin der Londoner Wissenschafts- und Forschungsvereinigung „Policy Reseach in Macrooeconomics, PRIME“, stellt fest: „Nothing changes, if we do not act“. Sie geht auffordernd und optimistisch davon aus: „Warum wir können, was wir tun müssen“; und sie zeigt auf, wie es gelingen kann, ein „Green New Deal“ -Bewusstsein zu erreichen, durch Systemwechsel weg von der kapitalistischen, egozentristischen Politik hin zu einer ökologischen, nachhaltigen Entwicklung (Ann Pettifor, Green New Deal. Warum wir können, was wir tun müssen, 2020, www.socialnet.de/rezensionen/​27787.php).
Entstehungshintergrund und Autor
Ökonomie – Ökologie – soziales Leben, das sind die Anforderungen an die Conditio Humana. Sie lassen sich nicht negativ, sondern nur positiv und optimistisch erreichen. Der an der Rosenheimer Technischen Hochschule lehrende Betriebswirtschaftler Andreas Fieber legt ein Handbuch vor, mit dem er die vielfältigen fach-, fachübergreifenden, sachlichen Bezüge zur Nachhaltigkeitsforderung – und -chance thematisiert. Er will damit all diejenigen Personen ansprechen, die erkennen und wollen, dass der Lebensraum der Menschen, die Erde, human erhalten bleibt. Ansprechen will er auch Lernende und Studierende.
Aufbau und Inhalt
Bezeichnend und für das Verständnis der Thematik bedeutsam ist es, dass der Autor dem Handbuch ein 9-seitiges Abkürzungsverzeichnis voranstellt, in dem die im Text benutzten Kürzel erklärt werden. Er beginnt mit einem „optimistischen Narrativ“, indem er die vielfach negativen Informationen über Krisen und Weltentwicklungen zu einer sinnstiftenden, positiven Erzählung macht; was nicht bedeutet, die Gefahren zu vernachlässigen, die durch Klimawandel, durch politische und esoterische Verleugnung, durch „Ohne-Mich“-Einstellungen, Couch-Potatismus und Oblomowerei zustande kommen. Der Autor gliedert die Arbeit in zwei Teile (A + B), denen er 11 Untergliederungen zuordnet.
Nach der Begriffserklärung zur Nachhaltigkeit, bei der er sich auf den Brundtland-Bericht (1987) bezieht – „Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen“ – formuliert und skizziert er die Bedeutung des nachhaltigen Denkens und Handelns mit dem „Drei-Säulen-Modell“ herausstellt: Ökonomie – Ökologie – Soziales. Die Bezüge, Zusammenhänge, Parallelen und Herausforderungen werden mit Beispielen und Projekten des Gelingens belegt. Als das wichtigste, individuelle, lokal- und globalgesellschaftliche Ziel weist er die „Versöhnung von Ökonomie und Ökologie“ aus. Das „House of Sustainability“ dient als Ausweis dafür, dass nahhaltiges Bewusstsein ein allgemeinbildendes Bildungs- und Lernziel für lebenslanges Lernen sein muss (vgl. z.B. dazu: Engagement Global (KMK und BMZ): Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung, Bonn 2016, 464 S.).
Die Klimakrise ist menschengemacht. Nur eine Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen kann den Klimawandel, der menschliches Leben auf der Erde gefährdet, zwar nicht verhindern, aber auf ein lebenserträgliches Maß abschwächen. Mit dem „Climat Action Trackers“ (CAT) kann die Klimapolitik der einzelnen Länder der Erde ermittelt und festgestellt werden, ob und mit welchen Maßnahmen sie die Klimakrise bewältigen wollen. Es sind die folgenden Gesichtspunkte, die dabei berücksichtigt werden, ob die nach dem Pariser Klima-Übereinkommen (2015) vereinbarte Verringerung der Emissionen auf 1,5 % erreicht werden kann: „Radikale Reduzierung der Treibhausgrademissionen bis 2030“ – „Deutliche Abnahme der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre von 2031 bis 2100“ – „2100 gibt es keine anthropogen verursachten Treibhausgasemissionen mehr“ – „Die globale Erwärmung kann auf weniger als 1,5 Grad C gegenüber der vorindustriellen Zeit begrenzt werden“ – „Die Möglichkeiten der Anpassung an die Folgen des Klimawandels kommen nur selten an ihre Grenzen“ – „Die global unterschiedlichen Belastungen werden durch global abgestimmte Mechanismen ausgeglichen“.
Diskussion
Internationale, globale, europäische und nationale Nachhaltigkeits-Entwicklungsziele zu erreichen, erfordert Nachhaltigkeit als politisches Handeln. Das aber darf nur demokratisch erfolgen (Felix Heidenreich, Nachhaltigkeit und Demokratie, 2023, wwwlsocialnet.de/rezensionen/​30916.de). Es gilt trotz der globalen Zunahme von Treibhausgasen in der Atmosphäre, trotz Leugnung der Klimakrise, trotz der Zunahme von rassistischen, nationalistischen, faschistischen, diktatorischen und populistischen Tendenzen in der Welt, die Hoffnung nicht zu verlieren, dass nur demokratische Werte und Verfassungen ein menschenwürdiges, erd- und kosmosbewusstes Dasein allen Lebens garantiert.
Fazit
Das 37-seitige Literaturverzeichnis, die 50 Abbildungen, Skizzen, Tabellen, und die in gut verständlicher Sprache formulierten Informationen sind geeignet, die Herausforderung zum nachhaltigen, aktiven und optimistischen Bewusstsein zu befördern, in der Bildung, der Lehre und Praxis.
Rezension von
Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer
Ehemaliger Lehrbeauftragter an der Universität Hildesheim
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Zitiervorschlag
Jos Schnurer. Rezension vom 03.12.2024 zu:
Andreas Fieber: Handbuch Nachhaltigkeit. Ziele, Klimawandel, Politik. UVK Verlagsgesellschaft mbH
(Konstanz) 2024.
ISBN 978-3-8252-6297-6.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/32925.php, Datum des Zugriffs 25.01.2025.
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