Tamara Marksteiner, Josephine Jahn et al.: Resilienz im Umgang mit Social Media
Rezensiert von Adrian Roeske, 23.05.2025

Tamara Marksteiner, Josephine Jahn, Dorien Duffner-Korbee, Aaron Heinz, Tobias Vogel: Resilienz im Umgang mit Social Media. Manual für die Schulsozialarbeit. Lambertus Verlag GmbH Marketing und Vertrieb (Freiburg) 2024. 96 Seiten. ISBN 978-3-7841-3758-2. D: 25,00 EUR, A: 25,70 EUR.
Thema
Das Buch setzt sich mit der Resilienz von Schüler:innen im Umgang mit Social Media auseinander. Ein Schwerpunkt liegt auf der Thematisierung von Werbestrategien von sogenannten Influencer:innen. In dem Werk werden nach einer kurzen theoretischen Einführung und methodischen Rahmung Module zum Einsatz in schulischen Settings vorgestellt, die darauf abzielen, Schüler:innen in die Lage zu versetzen, Werbestrategien auf Social-Media-Plattformen zu begegnen. Für den Einsatz der beschriebenen Module sind Materialien angehangen, um die Inhalte jeweils auszugestalten. Das als Manual bezeichnete Buch ist für den Einsatz in der Praxis der Schulsozialarbeit gedacht und ist durch den gewählten Fokus auf die Themen Resilienz und Influencer:innen in dieser Form ein interessanter Beitrag für die Praxis.
Autor:in oder Herausgeber:in
Die fünf Autor:innen des Buches haben unterschiedliche fachliche Hintergründe, weshalb hier eine Bandbreite an Expertise zusammenkommt. Fachliche Schwerpunkte liegen in der Arbeit mit jungen Menschen und medienpsychologischen Themen.
Entstehungshintergrund
Das Buch ist im Rahmen einer Drittmittelförderung durch das „Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz“ (BMUV) entstanden und somit aus öffentlichen Geldern finanziert. Für die Entwicklung der Inhalte und der Module ist Expertise aus den Bereichen Medienkompetenz, Psychotherapie sowie Schulsozialarbeit hinzugezogen worden.
Aufbau & Inhalte
Das Werk wird als „Manual“ betitelt und es wird zu Beginn verdeutlicht, dass es sich um ein eigens entwickeltes Trainingsprogramm handelt, welches in der Praxis der Schulsozialarbeit angewendet werden kann. Es steigt mit einer kursorischen theoretischen Rahmung zur Bedeutung von Social Media für die Lebenswelten von Jugendlichen sowie die Nutzung durch selbige ein. In der Aufarbeitung wird zügig auf die Beeinflussung durch Influencer:innen fokussiert. Daran anschließend werden ebenso überblicksartig Strategien und Interventionen zur Resilienzförderung bei Jugendlichen aus einer medienpsychologischen Perspektive vorgestellt. Zudem werden verschiedene Risiko- und Schutzfaktoren im Umgang mit Social Medien angerissen und unter dem Stichwort „Influencer*innen-Resilienz“ (S. 23) eingeordnet. Hierbei erfolgt auch eine Abgrenzung zu anderen entwickelten Trainings-Programmen und die Fokussierung auf die „Förderung von Resilienz und Medienkompetenz von Jugendlichen im Kontext von Influencer*innen-Marketing auf Sozialen Medien“ (S. 28). Insgesamt bietet die Einführung einen kurzen Überblick zu psychologischen und pädagogischen Theorien sowie Interventionen, die die Grundlage für die entwickelten Module und Materialien darstellen.
Nach der theoretischen Rahmung werden Fachkräfte der (Sozial-)Pädagogik als Zielgruppe adressiert und die empfohlenen Rahmenbedingungen des sogenannten „FaIR-Trainings“ (S. 29) definiert. Insbesondere die Haltung der Fachkräfte wird als bedeutsame Grundlage für die Durchführung der Module deklariert. Zuletzt wird der modulare Aufbau des Trainings benannt.
Mit dem sechsten Kapitel beginnt der Kern des Buches, die Vorstellung der Module des Trainings. Die sechs Module setzen an der Schnittstelle der Lebenswelten von Jugendlichen und Influencer:innen bzw. deren Werbestrategien auf Social Media an. Die Module zielen auf die Auseinandersetzung mit Werbestrategien von Influencer:innen, den Aufbau verschiedener Kompetenzen und sollen Jugendliche in die Lage bringen, sich kritisch mit Influencer:innen und deren Strategien zur Vermarktung von Produkten auseinanderzusetzen. Ziel der beschriebenen Module ist es, Jugendliche zu einer kritischen Perspektive zu befähigen und Reflexionsprozesse in Gang zu bringen. Zu jedem der sechs Module gehören verschiedene Anhänge, die entweder kurze Anleitungen zu Übungen, Arbeitsblätter oder Vorlagen zu Postern enthalten und zur weiteren Ausgestaltung der Module dienen. Insgesamt machen die zusätzlichen Materialien ein Drittel des Buches aus.
Die Module zeichnen sich durch einen kurzen Überblick und die Darstellung verschiedener Trainingsschritte aus. Die Schritte werden nacheinander erläutert und beinhalten häufig verschiedene begleitende Fragestellungen, kurze Impulse und stellen Methoden vor, die im Rahmen eines Moduls eingesetzt werden können. Schwerpunktmäßig wird das Wertesysteme von Jugendlichen adressiert und Verhältnisse zu Influencer:innen sowie deren Werbestrategien betrachtet. Der Aufbau von Kompetenzen und Resilienzen bildet die Klammer der Module und wird im ersten und letzten inhaltlichen Modul in den Fokus gestellt. Zum Abschluss eines jeden Moduls findet sich ein tabellarischer Überblick zum Aufbau des jeweiligen Moduls, der übersichtlich die Inhalte und Zeitaufteilung zusammenfasst. Zum Abschluss aller Module gibt es ergänzende Hinweise, wobei unter anderem darauf hingewiesen wird, dass das Training darauf ausgelegt ist, „nur einmal durchgeführt zu werden“ (S. 59).
Diskussion
Die theoretische Einführung gibt einen kompakten Überblick zum Thema und lässt die Relevanz des Themas sowie des Buches beim Lesen deutlich werden. Allerdings geht der (medien)psychologische Fokus zu Lasten einer sozialpädagogischen bzw. schulsozialarbeiterischen Perspektive, die als Ergänzung – mit Blick auf die gewählte Zielgruppe des Manuals – passend hätte sein können. Der Blick in das Literaturverzeichnis bestätigt die lediglich randläufige Bezugnahme auf (schul)sozialpädagogische Kontexte. Entsprechende Verweise könnten das Buch der Zielgruppe noch weiter näherbringen. Nichtsdestotrotz bietet die Einführung einen guten und kompakten Überblick zu allem, was die Relevanz der Module bestätigt und somit an die Praxis der Schulsozialarbeit anschlussfähig ist.
Die sechs entwickelten Module stellen den Kern des Buches dar, bei denen die sozialpädagogische Verankerung an einigen Stellen sichtbar wird, insgesamt aber erneut vage bleibt. Hier wird zwar der Mehrwert der schulsozialarbeiterischen Expertise deutlich, die in den Modulen verarbeitet worden ist. Jedoch verbleibt die Ausdifferenzierung der Module zum Teil auf einer sehr beschreibenden Ebene und wird kaum mit konkreten Hinweisen (z.B. einschlägiger Literatur) zu sozialpädagogischen Themen versehen. Das ist insbesondere vor dem Hintergrund interessant, dass die Materialien zwar mit Schüler:innen getestet worden sind, aber offenbar nur Lehrkräfte (S. 10) und keine Schulsozialarbeiter:innen in die Erprobung eingebunden worden sind, was vor dem Hintergrund der Zielgruppe irritiert.
Der Aufbau der Module wirkt logisch und die Beschreibung der Trainingsschritte ist nachvollziehbar. Der Hinweis, dass sich das Manual an „erfahrene Fachkräfte“ (S. 29) richtet, ist aus meiner Sicht ein wichtiger, da die Schritte und Module durchaus hohe Ansprüche an die sozialarbeiterische Expertise stellen und eine hohe Übertragungsleistung abfordern. Inhaltlich sind die Module gut lesbar und die Umsetzung sollte sich mit Hilfe der beschriebenen Schritte realisieren lassen. Die ergänzenden Methoden, Materialien und Poster-Vorlagen im Anhang bieten einen wichtigen Mehrwert zu den Modulbeschreibungen. Leider sind bei den Bezeichnungen der MB-Anhänge zwei Fehler unterlaufen (Checkliste auf S. 37: Statt „MB 1.1, MB 1.2“ müsste es „MB 1, MB 2“ heißen sowie auf S 57: Statt „MB 6.13“ müsste es „MB 6.1“ heißen), was zwar zu Irritationen führt, sich aber im weiteren Prozess erschließt. Außerdem erschließt sich die Nummerierung der „MB“-Anhänge nicht in Gänze, da diese nicht durchgängig ist (es gibt kein „MB 4“).
Wenngleich die Aufteilung der Module in eine kurze Einleitung, die Beschreibung der Trainingsschritte, einen tabellarischen Überblick sowie eine Checkliste eine gute Übersicht bietet, hätte die gewählte Verweisstruktur auf die Anhänge und Materialien noch präziser sein können. Nicht immer fallen die Verweise im Text direkt ins Auge. Eine grafische Hervorhebung hätte für eine klarere Struktur sorgen können, zumal die Materialien zentral für die Arbeit mit den Modulen sind. Für die Arbeit mit den Anhängen wären zudem ergänzende Verweise auf digitale Vorlagen hilfreich gewesen, um diese niedrigschwelliger einsetzen zu können und die Nachhaltigkeit zu verbessern. Die exemplarische Visualisierung von Lückentexten (S. 82–86) oder von Notizen (S. 91) ist zur Veranschaulichung zwar hilfreich, wäre aber deutlich besser einzusetzen, wenn es Verweise auf digitale Vorlagen geben würde. Die ergänzenden Hinweise zu den Modulen (S. 59) kommen fast zu kurz, da diese den Wert der Module nochmal explizit verdeutlichen. Nichtsdestotrotz sind die kompakt zusammengefassten Hinweise in ihrer Wichtigkeit nicht zu unterschätzen und verdeutlichen die Bedeutung der Module.
Fazit
Das Buch bietet interessante und konkrete Anregungen sowie Methoden zur Auseinandersetzung mit Social Media-Influencer:innen und deren Werbestrategien, die an verschiedenen Stellen noch ausbaufähig sind. Es handelt es sich dabei nicht nur um ein aktuelles, sondern auch ein zukunftsträchtiges Thema, womit des Buch angesichts der sich schnell wandelnden digitalen Welt ein langlebiger und interessanter Beitrag für die Praxis sein dürfte. Die entwickelten Module sind in Kombination mit den Anhängen zwar anschlussfähig an die Praxis der Schulsozialarbeit, jedoch wären an verschiedenen Stellen gezieltere Bezüge zu schulsozialarbeiterischen Kontexten hilfreich gewesen, um eine bessere Niedrigschwelligkeit für den Einsatz herzustellen.
Rezension von
Adrian Roeske
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