Aleida Assmann, Jan Assmann: Gemeinsinn
Rezensiert von Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer, 16.12.2024
Aleida Assmann, Jan Assmann: Gemeinsinn. Der sechste, soziale Sinn. Verlag C.H. Beck (München) 2024. 262 Seiten. ISBN 978-3-406-82186-8. 25,00 EUR.
Thema
„Deine Maske schützt mich. Meine Maske beschützt dich“
Das abendländische, philosophische Denken und Bewusstsein ist darauf ausgerichtet, dass alle Menschen in der Lage sind, ein gutes, gelingendes, menschen-, erd- und kosmosbestimmtes Leben zu führen, individuell und kollektiv (siehe dazu auch: Oskar Negt, Politische Philosophie des Gemeinsinns. Ursprünge europäischen Denkens, Bd.1, 2019, www.socialnet.de/rezensionen/26023.php; ders., Philosophie und Gesellschaft, Bd. 2, 2020, www.socialnet.de/rezensionen/27114.php). Es sind die Werte „Gemeinwohl“, „Zusammengehörigkeit“, „Vertrauen“, „globale Ethik“ und „Empathie“, die als Grundlagen für einen notwendigen Paradigmenwechsel dienen: „Die Menschheit steht vor der Herausforderung, umzudenken, sich umzuorientieren und gesellschaftlich umzuorganisieren“ (Weltkommission „Kultur und Entwicklung“, 1995), und die in den Zeiten von Unsicherheiten, Paradoxien und Fake News besonders gefragt sind.
Entstehungshintergrund und Autorenteam
Die intellektuellen, alltäglichen, lokal- und globalgesellschaftlichen Herausforderungen für gemeinwohlorientiertes Denken und Handeln werden im wissenschaftlichen Diskurs in vielfältiger Weise thematisiert. Es ist „sozialer Mut“, der gefordert ist. Aleida und Jan (+ 2024) Assmann haben als Ethnologen und Kulturwissenschaftler mit vielfältigen Diskussionsbeiträgen und Analysen zum interkulturellen Diskurs beigetragen (vgl. z.B.: Aleida Assmann, Der europäische Traum, 2018, www.socialnet.de/rezensionen/25041.php; Jan Assmann, Achsenzeit, 2018, www.socialnet.de/rezensionen/25040.php). Mit dem kulturphilosophischen Beitrag „Gemeinsinn“ loben die Autoren den „sechsten sozialen Sinn“ aus.
Aufbau und Inhalt
Neben dem Vorwort von Aleida Assmann und der gemeinsamen Einleitung gliedert das Autorenteam die Analyse in sieben Kapitel. Sie setzen sich mit der „Sprach- und Begriffsgeschichte“ von „sensus communis“ auseinander. Es sind die Grundlagen, wie sie als anthropologische, demokratische, solidarische humane Werte der Menschheit aufgegeben sind. Es sind die Menschenbilder zwischen Partikularismus und Universalismus, die im Kant’ischen Imperativ fokussiert sind und als Sprichwort zum Ausdruck kommen: „Was du nicht willst, das man dir tu‘, das füg‘ auch keinen andern zu!“. Es sind die Paradigmen, die eine empathische, menschenwürdige, humane, moralische, demokratische, politische Kultur ermöglichen. Es ist die Suche nach dem Glück (vgl. dazu auch: Martha Craven Nussbaum, Politische Emotionen. Warum Liebe für Gerechtigkeit wichtig ist, 2014, www.socialnet.de/rezensionen/17720.php).
Diskussion
Aleida und Jan Assmann widmen ihre Arbeit ihren fünf Kindern; und Aleida ist dankbar, dass die Analyse über die kulturwissenschaftliche Bedeutung von „Gemeinsinn und Gemeinwohl“ gemeinsam vom Ehepaar verfasst werden konnte. So ist die Arbeit auch als Erinnerungsakt an Jan Assmann zu verstehen, der am 19. 2. 2024 verstarb.
Fazit
Das Plädoyer für Gemeinsinn, Resilienz, Toleranz und Demokratie ist Aufforderung für Menschlichkeit: „Die resiliente Demokratie braucht kein Feindbild, aber einen klaren Sinn für das, was Menschen miteinander verbindet und zusammenhält“. Die im Anhang für die einzelnen Kapiteln separat ausgewiesene Literatur, das Literaturverzeichnis und das Personenregister zeigen die Spannweite des Diskurses auf und bieten weiterführende Auseinandersetzungen an.
Rezension von
Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer
Ehemaliger Lehrbeauftragter an der Universität Hildesheim
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Zitiervorschlag
Jos Schnurer. Rezension vom 16.12.2024 zu:
Aleida Assmann, Jan Assmann: Gemeinsinn. Der sechste, soziale Sinn. Verlag C.H. Beck
(München) 2024.
ISBN 978-3-406-82186-8.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/32989.php, Datum des Zugriffs 19.01.2025.
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