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Gabriela Koslowski: Pflegekräfte 50+ - die unverzichtbare Ressource

Rezensiert von Volker Fenchel, 04.03.2025

Cover Gabriela Koslowski: Pflegekräfte 50+ - die unverzichtbare Ressource ISBN 978-3-8426-0910-5

Gabriela Koslowski: Pflegekräfte 50+ - die unverzichtbare Ressource. Was hochqualifizierte Mitarbeitende und Pflege-Unternehmen jetzt tun müssen : Expertisen nutzen, Qualitäten fördern, Forderungen akzeptieren. Schlütersche Fachmedien GmbH (Hannover) 2024. 187 Seiten. ISBN 978-3-8426-0910-5. D: 32,00 EUR, A: 32,90 EUR, CH: 45,90 sFr.
Reihe: Pflege Praxis.

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Entstehungshintergrund

Die Pflegebranche leidet schon seit längerem an einem Mangel an Fachkräften, der sich in den nächsten Jahren erwartungsgemäß noch weiter verschärfen wird. Die über 50-jährigen Beschäftigten spielen vor diesem Hintergrund eine wichtige Rolle. Es ist daher dringend geboten, sie mit ihrer Erfahrung und Kompetenz möglichst lange im Beruf zu halten. Daher braucht es Ideen, wie ihre Motivation und Gesundheit erhalten und gezielter attraktive Arbeitsbedingungen für die älteren Mitarbeiter geschaffen werden können.

Autorin

Gabriela Koslowski ist als systemische Beraterin und zertifizierte Mediatorin in ihrem eigenen Unternehmen „Lebensspur“ tätig. Sie ist examinierte Pflegefachkraft und hat ein Studium in Praktischer Psychologie absolviert.

Aufbau und Inhalt

Die Autorin beschreibt die Zielsetzung des Buches in eigenen Worten so: „Dieses Buch ist als Ratgeber mit vielen Impulsen zu verstehen, zum einen für Unternehmen, die Pflegekräfte 50+ anders wertschätzen, und zum anderen für die Pflegekräfte 50+ selbst, um sich ihres eigenen Wertes bewusst zu werden.“ (S. 38) Das Buch gliedert sich entsprechend in zwei Teile: der erste Teil (Kapitel 1 bis 5) thematisiert aktuelle Veränderungen und Entwicklungstrends bei den „Pflegekräften 50+“, der zweite Teil (Kapitel 6 bis 10) zeigt Verantwortlichen in der Unternehmensführung, welche Möglichkeiten sie haben, um auf diese Veränderungen zu reagieren. Das erste Kapitel enthält einen Überblick über die Charakteristika der verschiedenen Generationen, von der Nachkriegsgeneration bis hin zur Generation Alpha.

Kapitel 2 fokussiert daran anschließend auf das Selbstverständnis der Babyboomer und der Generation X. Die Autorin kommt dabei zu der Erkenntnis: „Alte Glaubenssätze werden über Bord geworfen“. Diese macht die Autorin verantwortlich für die mentale Erschöpfung bei Mitarbeiter*innen 50+. Ihnen zeigt sie Wege aus dieser Erschöpfung mithilfe von Übungen und Tipps. In Kapitel 3 werden die sich verändernden Erwartungen der Mitarbeiter*innen 50+ beschrieben und Selbstwirksamkeit als „neue Schlüsselkompetenz“ definiert. „Mut macht stark!“ lautet das Motto des vierten Kapitels, hier liegt der Schwerpunkt darin, Pflegekräfte über 50 zu ermutigen, ihren eigenen Wert zu erkennen und selbstbewusster zu werden. Kapitel 5 enthält Interviews mit Pflege- und Führungskräften 50+, die auf ein generelles Bedürfnis nach Veränderung hinweisen. Im sechsten und siebten Kapitel richtet sich die Autorin dann an Führungskräfte in Pflege-Unternehmen und beschreibt die Stärken und Kompetenzen der „Mitarbeiter 50+“. Das Kapitel enthält zudem Erkenntnisse und Empfehlungen, wie die Betriebe den Erwartungen und besonderen Bedürfnissen der „Mitarbeiter 50+“ besser gerecht werden können.

Kapitel 8 beschreibt konkrete Maßnahmen, die in Unternehmen umgesetzt werden sollten: von der altersgerechten Dienstplangestaltung über das betriebliche Gesundheitsmanagement bis hin zur Herstellung altersgerechter Arbeitsbedingungen. Daran anschließend wird in Kapitel 9 die Frage beantwortet, wie „kompetente und wertschätzende Führung von Pflegekräften 50+“ gelingen kann. Dazu enthüllt die Autorin „sieben Geheimnisse gesunden Führens“. Das zehnte Kapitel enthält Beispiele für „Altersgerechte Arbeitsbedingungen“, zu denen die Autorin auch eine „neue Benehmenskompetenz“ rechnet. Das Buch schließt mit Gedanken darüber, was die Älteren von den jüngeren Generationen lernen können.

Diskussion

Das Buch hat einen ausgeprägt appellativen Charakter und dies in zweifacher Hinsicht: zum einen als Appell an die „Pflegekräfte 50+“, selbstbewusster zu werden und die eigenen Bedürfnisse an ihrem Arbeitsplatz stärker einzufordern. Zum anderen appelliert es an die Führungskräfte und Unternehmen, dieser Mitarbeitergruppe mehr Aufmerksamkeit zu schenken und als Arbeitgeber entsprechende Maßnahmen zu realisieren. Theoretischer Tiefgang ist in dem Buch insgesamt nicht vorhanden, die Ausführungen scheinen überwiegend auf Erfahrungen der Autorin zu beruhen; diese finden in dem Buch in unterschiedlicher Form ausführlich Platz. Bezüge zu Konzepten der Systemtheorie und des systemischen Coachings sind erkennbar, werden aber nicht näher begründet oder hergeleitet. Die zahlreichen Passagen aus Interviews geben zwar einen guten Einblick in die Einstellungen und Bedürfnisse der „Mitarbeiter*innen 50+“, diese ausführlicher zu kommentieren, zu interpretieren und theoretisch einzuordnen hätte das gesamte Buch aufgewertet.

Der Autorin gelingt es, eindringlich die Bedeutung der Generation 50+ für Einrichtungen der Pflege aufzuzeigen; allerdings überschreitet sie dabei an einigen Stellen die Grenze zur Idealisierung. Positive Zuschreibungen wie Fürsorglichkeit, Empathie und Rücksichtnahme dürften ohne Frage als typisch für die Pflegekräfte 50+ gelten. Es ist aber auch bekannt, dass diese gepriesene Sensibilität gefährdet ist, je länger Pflegekräfte in dem Beruf tätig sind. Hier spielen die kritischen Arbeitsbedingungen in der Pflege eine wichtige Rolle, das Phänomen des Coolout hat Karin Kersting (2011) beispielsweise schon vor längerem beschrieben. Aktuellere Studien (z.B. Betzelt et al. 2024) zeigen, dass sich diese Situation eher noch verschlechtert hat. Der englische Pflegewissenschaftler Mike Nolan (2013) spricht hier von impoverished environments im Gegensatz zu enriched environments. Ausführlichere Verweise auf relevante Studien wären wünschenswert gewesen, insbesondere um der Zielgruppe der Führungskräfte weiterführende Literatur an die Hand zu geben.

Fazit

Für wen lohnt es sich, dieses Buch zu lesen? Vereinfacht ausgedrückt ist das ein Buch aus der Praxis für die Praxis. Pflegekräfte 50+ und Verantwortliche in Pflegeinrichtungen, die sich zu dem Thema schnell informieren möchten, finden eine Fülle an praktischen Anregungen und konkrete Lösungsvorschläge.

Quellen

Betzelt, S. et al. (2023): Organisierte Zerrissenheit. Emotionsregimes und Interaktionsarbeit in Pflege und Weiterbildung. Bielefeld: transcript

Kersting, K. (2011): Coolout in der Pflege. Eine Studie zur moralischen Desensibilisierung. Frankfurt a.M.: Mabuse-Verlag

Nolan, M. (2013). Creating an Enriched Environment of Care for Older People, Staff and Family Carers: Relational Practice and Organizational Culture Change in Health and Social Care. In: Keating, M. A. et al. (Eds.). Patient-Centred Health Care. Achieving Co-ordination, Communication and Innovation (S. 78–95). London: Palgrave Macmillan, 78–95

Rezension von
Volker Fenchel
Diplom-Gerontol., M.A.; Senior Referent für Pflege in der Abteilung Fort- und Weiterbildung an der Hans-Weinberger-Akademie der AWO e.V. in Augsburg und Trainer für My Home Life Deutschland
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Es gibt 5 Rezensionen von Volker Fenchel.

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ISSN 2190-9245