Klaus Eidenschink, Katrina (Illustrator) Franke: Das Verunsicherungsbuch
Rezensiert von Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer, 23.01.2025

Klaus Eidenschink, Katrina (Illustrator) Franke: Das Verunsicherungsbuch. Warum das Gute auch schlecht ist. Für Coaches und andere Mutige.
Carl-Auer Verlag GmbH
(Heidelberg) 2024.
204 Seiten.
ISBN 978-3-8497-0570-1.
D: 24,95 EUR,
A: 25,70 EUR.
Reihe: Fachbücher für jede:n.
„Mut braucht man im Unbekannten“
Jeder Mensch ist aufgefordert, friedlich, gerecht und human in Gemeinschaft mit den Mitmenschen in der Mitwelt zu leben. Er ist als „zôon politikon“ (Aristoteles) ein politisches und soziales Lebewesen. Weil aber auch das Unverträgliche, Feindliche, Böse in der Welt ist, ist der anthrôpos, der Mensch, darauf angewiesen, die ihm gegebene Vernunft zu benutzen, ein gutes, individuelles und kollektives Leben zu führen. Weil der Mensch ein unfertiges, unvollständiges, beratungs- und hilfsbedürftiges Lebewesen ist (Boris Wandruszka, Philosophie des Leidens, 2023, www.socialnet.de/rezensionen/​30787.php), benötigt er empathische, professionelle Beratung und Hilfe.
Entstehungshintergrund und Autor
„Was, wenn das vermeintlich Gute und Richtige gar nicht nur gut und richtig ist?“. Wenn einfache, simple Antworten auf die Imponderabilien des Daseins verdächtig und falsch sind? Dann ist Rat und Tat gefordert – nicht Diktum, Diktat und die e i n e Wahrheit, sondern differenzierte, vielfältige Antworten und Vorschläge. Denn das Unsichere, das Überraschende, kommt meist nicht als Eingebung und Lösung, sondern vielfach auf Umwegen daher. Der Theologe, Philosoph und Psychologe Klaus Eidenschink ist Coach und Berater. Er benutzt die gestalttherapeutische Methode. Aus seinen beruflichen Erfahrungen nimmt er 50 Beispiele, mit denen er darauf hinweist, dass sie „in der Praxis von Coaches und Beratern häufig vernachlässigt werden“.
Aufbau und Inhalt
Der Autor beginnt mit dem uralten, unerfüllten Wunsch: „Alle Menschen wollen das Gute. Aber wir Menschen können uns darin irren, was gut für uns ist“ (Platon). Es sind oft egozentristische, ideologische und populistische Vorstellungen, die traditionell als Contra zu religiösen Einstellungen und Geboten wirksam sind: Bestätigung oder Paradigmenwechsel. Die Überschriften über Fakten und Alternativen signalisieren die Probleme:
- „Für wen ist das Gute gut?“
- „Angenehme Gefühle können trügen“
- „Ist das, was ich will, auch gut?“
- „Bedürfnis, was ist das?“
- „Woran kann man Gutes erkennen?“
- „Lohnt es sich, sich zu verwöhnen?“
- „Ist Frieden friedlich?“
- „Vorsätze, Segen oder Fluch?“
- „Balance als Scheinlösung“
- „Selbstbestätigung oder Verunsicherung?“
- „Selbstbewusstsein oder Selbst-Bewusstsein?“
- „Ist Wahrheit gewiss?“
- „Über Scheinheiligkeit von Konsens“
- „Funktionalisierte Achtsamkeit“
- „Gleichheit der Ungleichen?“
- „Warum autonome Menschen nicht autark sind?“
- „Fehler machen dürfen? Nein!“
- „Ein Appell, die Appelle bleiben zu lassen“…
Die eine richtige Antwort gibt es nicht: „Es braucht Entscheidungen zwischen einander widersprechenden guten Zielen, Werten und Motiven“. Weil die Welt ist, wie sie ist, und der Wille, sie besser, menschenwürdiger zu machen, bedarf es des Bewusstseins und Seins, dass Antworten und Lösungen, die ein „Entweder-Oder“ und ein „Sowohl-als-auch“ als Denk- und Handlungsmöglichkeiten zu bedenken sind. Der „Wille zur Macht“ (<Nietzsche>, Ingo Elbe, u.a., Hrsg., Anonyme Herrschaft. Zur Struktur moderner Machtverhältnisse, 2012, www.socialnet.de/rezensionen/​13528.php) wird, human und gleichberechtigt eingesetzt, zur Option: „Festhalten wie Loslassen sind vonnöten, um sich regulieren zu können“.
Diskussion
Wenn Unsicherheiten, Zumutungen und Verquerungen in der Welt sind, ist es nicht sinnvoll – schon gar nicht nützlich und zielführend – sich in die Schmoll- oder Couch-Ecke zurückzuziehen, oder fatalistische, traditionalistische Gedanken zu pflegen – „Das-haben-wir-schon-immer(noch-nie)-so-gemacht“ und „Da-könnt‘-ja-jeder-kommen“ – sondern sich zu bemühen, „eindeutig“ zu denken und zu handeln und sich (auch) durch Coaching helfen zu lassen (Aristu Jesus Hernández, Identität, Resonanz und Sinnkonstruktion in der sozialen Beratung. Lebensorientierung, Supervision, Couching, 2024, www.socialnet.de/32903.php).
Fazit
Das „Verunsicherungsbuch“ ist Ratgeber und Reflektor, kein Rezeptbuch. Die zahlreichen, praxis- und alltagsbezogenen Beispiele sind Anreger, in beruflichen Zusammenhängen und im privaten Zusammenleben mit- und nachzudenken, wie es gelingen kann, die Menschen zu ermuntern, dass sie gebildet und aufgeklärt sein wollen.
Rezension von
Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer
Ehemaliger Lehrbeauftragter an der Universität Hildesheim
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