Kirsten Scheiwe, Wolfgang Schröer et al. (Hrsg.): Teilhabe für alle?
Rezensiert von Wolfgang Schneider, 08.04.2025

Kirsten Scheiwe, Wolfgang Schröer, Friederike Wapler, Michael Wrase (Hrsg.): Teilhabe für alle? Auf dem Weg zu einer diskriminierungsfreien Kinder- und Jugendhilfe. Beiträge zum vierten Forum Kinder- und Jugendhilferecht.
Nomos Verlagsgesellschaft
(Baden-Baden) 2025.
199 Seiten.
ISBN 978-3-7560-2348-6.
D: 64,00 EUR,
A: 65,80 EUR.
Reihe: Schriften zum Familien- und Sozialrecht - 7.
Thema
Der Band vereint verschiedene Beiträge zum vierten Forum Kinder- und Jugendhilferecht, setzt und beschäftigt sich mit dem Thema Diskriminierungsschutz in der Kinder- und Jugendhilfe auseinander und geht unter anderem der Frage nach, ob es überhaupt ein Diskriminierungsverbot im SGB VIII braucht?
Herausgeber:in
Kirsten Scheiwe ist Juristin und war bis zu ihrem Ruhestand Professorin für das Recht sozialer Dienstleistungen an der Universität Hildesheim. Wolfgang Schröer ist Professor für Sozialpädagogik am Institut für Sozial- und Organisationspädagogik der Universität Hildesheim. Friederike Wapler hat an der Johannes-Guttenberg-Universität Mainz den Lehrstuhl für Rechtsphilosophie und Öffentliches Recht inne. Michael Wrase ist an der Universität Hildesheim Professor für Öffentliches Recht mit den Schwerpunkten Sozial- und Bildungsrecht. Sie werden unterstützt von sieben weiteren Autor:innen.
Aufbau und Inhalt
Insgesamt acht Aufsätze finden sich in diesem Buch. Nach einer Einführung durch die Herausgeber:innen beschäftigt sich Robert Uerpmann-Wittzack unter dem Titel Grund- und menschenrechtlicher Rahmen für eine diskriminierungsfreie Teilhabe junger Menschen in der Gesellschaft mit dem Ist-Zustand sozialer Ungleichheitsstrukturen hierzulande. Das führt ihn unter anderem zu der These, dass Inklusion für alle jungen Menschen gelten soll, nicht bloß für jene mit einer wie auch immer gearteten Behinderung. Der Beitrag kumuliert in der Forderung nach einer Verankerung von Maßnahmen gegen soziale Ungleichheiten mit Verfassungsrang sowie deren Berücksichtigung durch Gerichte und Politik, um Barrieren abzubauen. Es folgt daran anknüpfend ein Beitrag von Sophie Funke, der Grundlagen zum Thema Kinderrechte liefert. Nach einer Beschreibung der UN-Kinderrechtecharta mahnt sie deutlich an, dass diese bisher nicht in Gänze in Deutschland umgesetzt wird, und fordert deswegen, „Kinderrechte bedingungslos anzuerkennen und umzusetzen“ (S. 14).
Anschließend untersucht die Juristin Katharina Lohse, inwiefern das SGB VIII helfen kann, Benachteiligungen abzubauen und jungen Menschen Teilhabe möglich zu machen. Bekanntlich hält das Kinder- und Jugendhilfegesetz dazu Leistungen vor, die sich zum Beispiel in der Jugendsozialarbeit, der Kindertagesbetreuung, aber auch in den Hilfen zur Erziehung und letztlich im § 35a finden. Letztlich, so Lohse, benötige es noch weitere praktische Entwicklungen, um eine wirklich diskriminierungsfreie Kinder- und Jugendhilfe zu ermöglichen. Wie die vielfältige Trägerlandschaft dazu beiträgt, Diskriminierung entgegenzuwirken, beschreibt Daniela Schweigler in ihrem Beitrag.
Christian Peucker vom Deutschen Jugendinstitut berichtet über Ergebnisse aus der Dauerbeobachtung ‚Kinder- und Jugendhilfe im Wandel‘ des Instituts und versucht so, eine Antwort auf die Frage zu finden, ob die bereits zuvor beleuchtete Trägervielfalt rein rechtlich gesehen tatsächlich zu mehr Diversität und weniger Diskriminierung beitragen kann. Überlegungen für unabhängige (rassismus-)kritisch ambitionierte Ethikkommissionen der Kinder- und Jugendhilfe lautet der Titel des Beitrages von Ersan Özdemir. Der Ansatz dahinter: Solche Kommissionen sollten aufgrund der bestehenden Diskriminierungen im System der Kinder- und Jugendhilfe installiert werden, um systematischen Ungerechtigkeiten, aber auch rassistische Diskriminierungen begegnen zu können. Zum Abschluss beschäftigt sich Anne Lenze mit einem heiß diskutierten Thema, das letztlich zum Scheitern verurteilt war: der Kindergrundsicherung. Hierbei versucht sie zu ergründen, warum dieses so wichtige Projekte am Ende keine Möglichkeit zur Umsetzung fand.
Diskussion
Wer der Sozialen Arbeit vorwirft, sie sei keine Profession, möge diesen Band zur Hand nehmen. Die wissenschaftliche und theoretische Auseinandersetzung mit dem Thema findet auf hohem – wenn auch teilweise sehr abstraktem – Niveau statt und macht sehr deutlich, dass im Hinblick auf die Verhinderung von Diskriminierung in der Kinder- und Jugendhilfe noch viel zu tun ist.
Fazit
Diese Verschriftlichung der Diskussionen des vierten Forum für Kinder- und Jugendhilferecht bietet zahlreiche spannende theoretische Ansätze, ist allerdings preislich wirklich am oberen Limit dessen, was noch nachvollziehbar für Außenstehende erscheint.
Rezension von
Wolfgang Schneider
Sozialarbeiter
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