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Eva Schreiber: Sich trauern trauen

Rezensiert von Alexandra Großer, 21.05.2025

Cover Eva Schreiber: Sich trauern trauen ISBN 978-3-525-30284-2

Eva Schreiber: Sich trauern trauen. 45 Bildkarten zum Umgang mit Verlust und Trauer. Vandenhoeck & Ruprecht (Göttingen) 2024. 31 Seiten. ISBN 978-3-525-30284-2. D: 43,00 EUR, A: 45,00 EUR.

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Thema

In unserer Gesellschaft wird der Tod tabuisiert. Trauer darf sein, sollte jedoch „rasch bewältigt werden“ (Klappentext). In diesem Kartenset geht es darum dem Verlust und der Trauer einen Platz und Zeit zu geben. Dem verstorbenen Menschen ein Platz im Herzen zu geben. Die Autorin lädt mit ihren einfühlsamen Bildkarten ein, sich mit all den gegensätzlichen Emotionen, die mit Verlust und der Trauer verbunden sind, zu beschäftigen, sie „zu leben und zu fühlen“ (Klappentext) und miteinander in Dialog zu kommen.

Autor:in oder Herausgeber:in

Eva Schreiber ist Sozialpädagogin und Illustratorin. Sie arbeitet seit vielen Jahren mit Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen und Suchtproblemen. Unter ihrem Künstlernamen löwenfrerr zeichnet sie Porträts und illustriert Lebensthemen und Emotionen sowie Comics und Karikaturen. Dabei arbeitet sie mit Acryl-Gouache-Aquarell-Mischtechnik oder auch digital. Ihre Bilder finden sich unter ihrem Künstlernamen auf Instagram. Bilder zum Thema Trauer und Verlust und weitere Texte finden sich auf Instagram unter momo.im.mond.

Entstehungshintergrund

Eva Schreiber hat selbst einen schweren Verlust erlitten und angefangen ihre Trauer mittels Bilder auszudrücken. In ihren Illustrationen, die bis heute entstehen, verarbeitet sie die vielfältigen Emotionen und Facetten der Trauer, die sie selbst oder durch Gespräche mit Trauernden erfahren hat. Mit ihren Bildern und den dazugehörenden Texten entwickelte sie ihre eigene Sicht auf Trauer. Die Bilder des Kartensets entstanden aus ihrer eigenen Trauererfahrung heraus.

Aufbau und Inhalt

Das Kartenset enthält 45 Karten und ein Booklet. Im Booklet beschreibt die Autorin die Entstehungsgeschichte der Bilder, geht auf die Verwendung des Kartensets ein und für welche Settings das Kartenset geeignet ist.

Die Karten können zur Auseinandersetzung mit der eigenen Trauer eingesetzt werden oder/und im „professionell-therapeutischen Rahmen […] in Einzel- oder Gruppensettings“ (S. 7) als auch in „Trauer- oder Selbsthilfegruppen“ (S. 8). Gedacht ist das Kartenset für alle Menschen, die sich mit dem Thema Trauer auseinandersetzen. Es soll, nach Aussagen der Autorin, auch für Kinder geeignet sein.

Eva Schreiber empfiehlt die Karten offen zu präsentieren. Ob dann alle Karten oder nur ein Teil der Karten präsentiert wird, richtet sich nach Setting und Fragestellung. Für den Einsatz der Karten hat die Autorin einige „Anwendungsimpulse“ (S. 9) formuliert:

  • Eingangsrunde
  • Themenfindung
  • Aktuelles Trauererleben
  • Darstellung der eigenen Gefühls- und Gedankenwelt
  • Zeitlicher Wandel der Trauer
  • Diese Bildkarte stößt ab

Weitere Impulse, die sie nennt beziehen sich darauf, nur eine Auswahl der Karten zu einem der Themengebiete zu zeigen, speziell Karten zu wählen, die sich auf die „Trauer in der Begegnung mit anderen“ (S. 10) beziehen oder Themen „durch Verwendung der Assoziationen“ (ebd.) vorzugeben. Sie betont explizit „das Prinzip der Freiwilligkeit und des Selbstschutzes“ (S. 11) in der Trauerbegleitung zu beachten, da „nicht über alle Gefühle […] zu jedem Zeitpunkt gesprochen werden“ (ebd.) kann.

Im Folgenden stellt die Autorin und Illustratorin ihre Gedankenverbindungen zu den Bildkarten nach Themen geordnet vor. Der erste Kartensatz, den Eva Schreiber vorstellt, spiegelt ihre Gedanken zum „Wesen der Trauer“ wider, welche die „Themen und Emotionen in der Trauer“ illustrieren.

Der zweite Kartensatz „Die ‚Anderen‘: Bildkarten über den Umgang des Umfelds mit Trauer und Verlust“ beschreibt die möglichen Verhaltensweisen des sozialen Umfelds mit der trauernden Person. Eva Schreiber schildert die Hilflosigkeit des Umfelds mit der Trauer und dem Verlust des/der Trauernden. In ihrer Hilflosigkeit gegenüber dem Verlust des/der Trauerenden kommt es zu unterschiedlichen Reaktionen. Während manche schweigen, ignorieren andere den/die Trauernde*n oder versuchen von der Tauer abzulenken. Wieder andere unterstützen, indem sie den/die Trauernde*n mit seinen Gefühlen annehmen und alle Formen seiner Trauer akzeptieren.

Ein weiterer Kartensatz illustriert „Die Kraft der Trauer“. Diese Karten nehmen sich den Herausforderungen, Veränderungen an, die trauernde Personen durch den Verlust erfahren, als auch der Kräfte, die Trauernde mobilisieren, „um den Verlust zu tragen“ (S. 22).

Der nachfolgende Kartensatz zeigt Illustrationen, die die „Trauer halten wollen“, die sich thematisch mit dem Erhalt der inneren Beziehung zum verstorbenen geliebten Menschen beschäftigen.

Der letzte Kartensatz „Trauerwandel“ zeigt „Möglichkeiten, die Trauer in das eigene Leben zu integrieren“ (S. 28).

Dann gibt es noch eine blanko Karte mit weißer Oberfläche. Sie steht für die Themen und Gefühle, die noch nicht gezeichnet wurden.

Diskussion

Die 45 Bildkarten sind so bunt und facettenreich, wie die Trauer selbst. Die farbliche Gestaltung der Karten mal dezent, mal kräftig, in sattem dunklem Grün oder Rot, mal dezent in Grau oder hellem Sandbeige, spiegeln sie all die Emotionen wider, die mit der Trauer einhergehen. Die dunklen und die hellen Seiten, die Schwere als auch die Leichtigkeit der Trauer. Die Illustrationen spiegeln all die starken und leisen Emotionen, die mit der Trauer einhergehen und die jeder anders fühlt und ausdrückt. Eva Schreiber bietet ihre einfühlsamen Gedanken und Assoziationen zu den Bildern an, doch ist auch jede*r Trauernde*r frei seine eigenen Gedanken und Assoziationen zu den Bildern zu äußern. Oder sie auch nur zu betrachten, ganz ohne Worte. Die Bildkarten spiegeln all die gegensätzlichen Gefühle wider, die mit der Trauer und dem Verlust eines geliebten Menschen einhergehen. Durch die Bildkarten kann ein Zugang zu all diesen widersprüchlichen Gefühlen gefunden werden. Die Karten wie auch die Beschreibungen im Booklet laden zum Dialog miteinander ein oder auch zum gemeinsamen Schweigen.

Die Autorin beschreibt im Booklet, dass die Bildkarten in verschiedenen therapeutischen und beratenden Settings eingesetzt werden können, ich denke, dass die Bildkarten vielen Menschen einen Zugang zu ihrer Trauer mit all den Emotionen, die Trauerende spüren, eröffnen. Das Kartenset ist auch für Menschen eine Bereicherung, die in ihrem Umfeld trauernden Menschen begegnen. Die Bilder und Gedanken regen an sich mit all den Emotionen der Trauernden auseinanderzusetzen, nachspüren zu können, wie es ihnen geht, welchen Verlust sie erleben, wie zerbrechlich sie sind und gleichzeitig ihre Stärke zu sehen. Es hilft weniger Hilflos zu sein und für Trauernde ein Angebot zu sein, eine Einladung zum Gespräch oder eben auch gemeinsamen Schweigen.

Fazit

Die einfühlsam gestalteten Bildkarten laden ein den Tod und die Trauer ins Leben zu holen. Sich den Emotionen und Bedürfnissen zu öffnen. Miteinander ins Gespräch zu kommen und den Tod aus der Tabuzone herauszuholen. Das Bildkartenset sollte in keiner beraterischen Praxis fehlen.

Rezension von
Alexandra Großer
Fortbildnerin, päd. Prozessbegleiterin, systemische Beraterin
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Es gibt 71 Rezensionen von Alexandra Großer.

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ISSN 2190-9245