Valérie Hugentobler, Alexander Seifert (Hrsg.): Wohnen und Nachbarschaft im Alter
Rezensiert von Monika Jansen, 26.05.2025

Valérie Hugentobler, Alexander Seifert (Hrsg.): Wohnen und Nachbarschaft im Alter. Age Report V.
Seismo-Verlag Sozialwissenschaften und Gesellschaftsfragen AG
(Zürich) 2024.
280 Seiten.
ISBN 978-3-03777-297-3.
D: 38,00 EUR,
A: 39,10 EUR,
CH: 38,00 sFr.
Reihe: Age Report.
Thema
Das Thema Wohnen im Alter ist nicht nur ein individuelles Thema, es greift auch konkret in gesellschaftliche Formen von Wohnen stark ein. Es sind immer mehr als nur einzelne Menschen davon betroffen und darin involviert. Doch welche Formen gibt es, welche äußeren Faktoren sind für ein Gelingen maßgeblich. Viele Menschen wollen auch im Alter dort zuhause sein, wo sie schon immer gelebt haben, wo ihre sozialen Räume sind. Besonders förderlich sind dabei nicht allein die baulichen Maßnahmen wie Barrierefreiheit, sondern viel mehr der Erhalt und die Ermöglichung sozialer Kontakte.
Autorin und Autor
Valerie Hugentobler ist Sozialwissenschaftlerin und Professorin für Soziale Arbeit an der Fachhochschule Westschweiz, Soziale Arbeit. Ihre Forschungsschwerpunkte sind u.a. Sozial- und Gesundheitssysteme zu Hause sowie in intermediären Einrichtungen und neuen Wohnformen usw.
Alexander Seifert, Dr. phil. ist Sozialarbeiter/-pädagoge und Soziologe mit dem Schwerpunkt Alterssoziologie und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule für Soziale Arbeit an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Seine Forschungsschwerpunkte sind u.a. soziale Gerontologie zu Wohnen und Wohnumfeld im Alter, Digitalisierung und Techniknutzung im Alter usw.
Entstehungshintergrund
Die Bedeutung von Wohnraum und von gelebter Nachbarschaft im Alter stellt uns alle immer wieder vor Herausforderungen. Um sich diesem Thema effektiv zu nähern wurde eine Befragung durchgeführt die mehr zu den Wünschen und Bedürfnissen älterer Menschen zu erfahren. Gleichzeitig sollten damit die Hintergründe für gelingende Wohnformen näher betrachtet werden.
Aufbau und Inhalt
Das Buch gliedert sich in zwei Teile, einem theoretischen und einem eher praktischen Teil. Im ersten Teil beschreibt Valerie Hugentobler in 8 Kapiteln aktuelle und allgemeine Informationen zum Thema Wohnen und Leben im Alter. Jedes Kapitel schließt dabei mit Merksätzen ab, die eine Art Kurzzusammenfassung darstellen.
In Kapitel 1 hat Valerie Hugentobler die demografische Entwicklung, die individuellen Lebensformen und die zukünftigen Wohnformen in den Blick genommen. Ziel ist es dabei auf die Individualität und Vielfältigkeit des Lebens und Wohnens im Alter hinzuweisen.
In Kapitel 2 Werden die vielfältigen Kriterien für das Leben im Alter näher betrachtet und in Beziehung zur Wohnsituation gesetzt. Faktoren wie Gesundheit, Finanzen, Mobilität und Ressourcen und der Unterstützung bei Defiziten.
In Kapitel 3 geht Valerie Hugentobler auf die aktuellen Wohn- und Haushaltsformen ein, angefangen vom Trend der Einpersonenhaushalte, bis hin zu Gemeinschaftlichem Wohnen oder Wohnen in Einrichtungen mit pflegerischer Versorgung.
In Kapitel 4 stehen die Wohnverhältnisse als solche im Fokus, z.B. Barrierefreiheit, nicht nur beim Zugang zur, sondern vor allem in der gesamten Wohnung selbst. Die Quartiersorientierung ist dabei ebenso wichtig wie das Aufrechterhalten bestehender und der Aufbau neuer sozialer Kontakte. Ein weiterer wichtiger Faktor scheint auch die Größe der Wohnung zu sein.
In Kapitel 5 geht es um die Zufriedenheit mit der gegenwärtigen Wohnsituation und denkbarer Verbesserungsideen. Anscheinend korreliert die Wohnzufriedenheit mit einer förderlichen Wohnumgebung, z.B. einer ruhige Wohnumgebung, Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr, persönliche Kontakte und funktionierende Nachbarschaften und ausreichende Quartiersangebote, wie Einkaufsmöglichkeiten, Treffpunkte usw. In Bezug auf die Verbesserung der Wohnsituation ging es vor allem um die Nähe bzw. Erreichbarkeit von Familienangehörigen, der Hilfe beim Haushalt, der sozialen Netzwerke und auch der Unterstützung bei gesundheitlichen Problemen.
In Kapitel 6 konzentriert sich Valerie Hugentobler auf Kriterien wie Wohndauer, Ortsgebundenheit, Wohnpräferenzen, Umzugsmotivation. Diese Kriterien sind eng damit verbunden, welche Anforderungen grundsätzlich an den Wohnraum gestellt werden. Hier spielen die Faktoren gesundheitliche und finanzielle Situation eine prägende Rolle. Aber auch der Wunsch nach Wohnformen mit mehreren Generationen und in unmittelbarer Nähe von Dienstleistungen und der Möglichkeit der Unterstützung, wenn diese notwendig wird oder ist.
In Kapitel 7 vertieft die Autorin noch einmal die Wichtigkeit des Verhältnisses von Wohnumgebung und nachbarschaftlichen Beziehungen. Vorrangig ist hier vor allem die soziale Dimension von funktionierenden Netzwerken zu sehen.
In Kapitel 8 lenkt Valerie Hugentobler die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit und den Nutzen von technischen Hilfsmitteln die den Alltag erleichtern können und sollen. Genannt werden hier vor allem die Internetnutzung, sowie gesundheitsbezogene und alltagunterstützende Techniken.
Im zweiten Teil des Buches stellen unterschiedliche Autoren funktionierende Praxisbeispiele vor. Zunächst werden noch einmal die wichtigsten Komponenten und Kriterien für ein gelingendes Wohnumfeld kurz zusammen gefasst. Im Anschluss daran werden Praxisbeispiele vorgestellt, die so individuell wie die Menschen die dort leben und die Bedürfnisse die sie haben sind. Das Spektrum reicht von der sozialen Integration Älterer in Bergdörfern, über die Situation älterer Migranten hin zur Aufwertung der Lebensqualität älterer Menschen durch Maßnahmen im öffentlichen Raum bis zu sorgenden Gemeinschaften
Diskussion
Wohnen im Alter ist ein hoch aktuelles und drängendes gesellschaftliches Problem das unbedingt einer Lösung bedarf. Dafür ist es jedoch wichtig sich die Wünsche und Bedürfnisse Älterer genauer anzusehen und darauf Antworten zu finden. Und, da die Bedürfnisse so individuell sind wie die Menschen die sie betreffen, gibt es keine generelle Lösung zur Wohnen im Alter. Das macht die Lösungen die gefunden werden müssen nicht einfacher, aber interessanter. Wesentlich für alle die sich mit dem Thema befassen ist es, immer im Fokus zu haben das Wohnen eine persönliche, nicht generalisierbare Situation im Leben ist. Diese Einzigartigkeit ist aber nicht nur begrenzt auf Menschen im Alter sondern gilt für alle Lebensalter und Lebenssituationen. Das stellt die Gesellschaft und die Planung von Wohnräumen vor besondere Herausforderungen die uns alle betreffen.
Fazit
Das vorliegende Buch von Valerie Hugentobler und Alexander Seifert zeichnet sich dadurch aus, das es die vielfältigen Facetten und Bedingungen für ein gelingendes Wohnen im Alter darstellt und deren unverzichtbare Verbindung zur Nachbarschaft und damit zu sozialen Netzwerken aufzeigt. Die hierbei vorgestellten Zusammenhänge und die gemachten Erfahrungen in der Praxis sind nicht nur in der Schweiz, in der die Befragung und die thematische Auswertung stattfand interessant, sondern sicherlich auch in anderen Ländern relevant.
Rezension von
Monika Jansen
Erziehungswissenschaftlerin (M.A.) und Master of Organizational Management (MoM), ist tätig als Referentin für ambulante Dienste, Bereich Wirtschaft und Statistik eines großen Wohlfahrtsverbandes. Langjährige Berufserfahrung in Führungspositionen der unterschiedlichen Arbeitsfelder der Altenhilfe. Herausgeberin der beiden Werke „Pflege & Management“ und Pflegehandbuch des DUZ-Verlages.
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