Antonia J. Kaluza: Führung und Wohlbefinden am Arbeitsplatz
Rezensiert von Prof. Dr. Gudrun Faller, 02.05.2025

Antonia J. Kaluza: Führung und Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Wie Führungskräfte ihre eigene Gesundheit und die von Mitarbeitenden stärken können.
Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG
(Göttingen) 2024.
175 Seiten.
ISBN 978-3-8017-3272-1.
D: 32,95 EUR,
A: 33,90 EUR,
CH: 42,83 sFr.
Reihe: Managementpsychologie - 5.
Thema
Das hier vorgestellte Buch richtet sich an Führungskräfte der mittleren Führungsebenen. Es will ihnen Wissen und Handlungskompetenz vermitteln, wie sie die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden fördern und gleichzeitig selbst gesund und leistungsfähig bleiben können. Ausgehend vom Stand der Theorieentwicklung sowie von einer einschlägigen Zusammenstellung empirischer Forschungsergebnisse erhalten Führungskräfte praktische Unterstützung in Form von Checklisten, Fragebögen, kleineren Übungen und Handlungsempfehlungen.
Autor:in oder Herausgeber:in
Dr. Antonia Kaluza ist Psychologin und approbierte Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie). Aktuell ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung für Sozialpsychologie der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt beschäftigt. Parallel dazu arbeitet sie als Psychotherapeutin im Schmerzzentrum Rhein-Main in Frankfurt und bietet Seminare und Workshops zu gesundheitsförderlicher Führung, Selbstfürsorge und Stressmanagement an.
Entstehungshintergrund
Mit dem Band verfolgt die Autorin das Ziel, aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zum Zusammenhang von Führung und Gesundheit darzustellen und darauf aufbauend praktische Ansatzpunkte für die Gesundheitsförderung durch Führungskräfte abzuleiten. Wie die Autorin im Vorwort betont, fokussiert der Band diejenigen Ergebnisse und Ansatzpunkte, die ihrem eigenen Forschungsansatz zugrunde liegen und zum Großteil auf die Dissertation im Jahr 2020 zurückgehen. Diese sollen mit dem vorgelegten Band nun für die Praxis fruchtbar gemacht werden.
Aufbau
Der 149 Seiten umfassende Textteil des Bandes gliedert sich in die vier Kapitel
- Einleitung,
- Theoretische Einführung und Überblick,
- Aktuelle Forschungsergebnisse: Gesundheitsförderliche Führung im Kontext und
- Praktische Empfehlungen für den (Arbeits-)Alltag.
Ergänzt wird der Textteil um eine fünfseitige Zusammenstellung von Literaturempfehlungen und weiterführenden Adressen, ein umfangreiches Quellenverzeichnis sowie ein Sachregister.
Inhalt
Einleitend begründet die Autorin die Relevanz der Thematik, indem sie auf zunehmende Arbeitsbelastungen und gestiegene Anteile psychischer Erkrankungen hinweist und den Einfluss des Führungsverhaltens auf diese Ergebnisse betont. Gleichzeitig problematisiert sie die Herausforderungen, die sich mit den Ansprüchen an gesundheitsorientierte Führung in einen von Leistungsdruck und Komplexität geprägten Kontext stellen. Mit dem Verweis auf den Begriff der Betrieblichen Gesundheitsförderung merkt sie ergänzend an, dass alle Organisationsebenen Verantwortung für die Gesundheitsförderung tragen. Die Einleitung schließt mit einem Überblick über den Aufbau des Bandes.
In Kapitel 2 werden grundlegende Begriffe definiert und theoretische Modelle zur Entstehung von Gesundheit im Arbeitskontext erläutert. In Einzelnen begründet und erläutert die Autorin das ihren Ausführungen zugrundeliegende, bio-psycho-soziale Verständnis von Gesundheit, sie stellt gängige Stressmodelle vor und beschreibt die Konzepte Burnout und Arbeitsengagement als zwei unabhängige Größen und als Resultate eines mehr oder weniger erfolgreichen Umgangs mit Stress. Ein weiteres Teilkapitel setzt sich mit dem Führungsbegriff auseinander, weist auf die Zusammenhänge zwischen Führung und der Mitarbeitendengesundheit hin und erläutert das im Band vermittelte Modell gesundheitsorientierter Führung, das sowohl die Dimension der Self-Care von Führungskräften und Mitarbeitenden als auch der Staff-Care von Seiten der Vorgesetzten umfasst.
Kapitel 3 stellt ausgewählte empirische Studien zur Thematik zusammen. Dabei liegt der Fokus des ersten Abschnitts auf der Perspektive der Mitarbeitenden, ihren Erwartungen und Idealvorstellungen von gesundheitsförderndem Führungsverhalten. Der zweite Schwerpunkt fokussiert auf den Zusammenhang zwischen dem eigenen Wohlbefinden von Führungskräften und ihrem Führungsverhalten, während der dritte Schwerpunkt den Einfluss der Unternehmensleitung auf das gesundheitsbezogene Betriebsklima und die Führungskultur hervorhebt. Im Kontext der Vorstellung der entsprechenden Studien verweist die Autorin immer wieder auf kritische Details, immanente Widersprüche sowie methodische Fragen und fördert so das Verständnis für das Zustandekommen der jeweiligen Ergebnisse. Auch werden bereits in diesem Kapitel erste Implikationen für das praktische Handeln im Führungsalltag abgeleitet.
Kapitel 4 ist der – gemessen an der Seitenzahl – umfangreichste Teil des Buches. Während das erste Teilkapitel Empfehlungen für Führungskräfte zum Umgang mit der eigenen Gesundheit formuliert, steht der Umgang mit den Mitarbeitenden im Fokus des Teilkapitels 2. Ein kurzer Abschnitt 3 betont abschließend die Bedeutung des organisationalen Gesundheitsklimas, wobei sich die Aufmerksamkeit hier auf die Möglichkeiten richtet, die mittlere Führungskräfte haben, mit dem Organisationsklima umzugehen. Insgesamt enthält das Kapitel zahlreiche praxisrelevante Anregungen und Hilfestellungen – beispielsweise Selbstchecks mit Auswertungen, Anleitungen und Übungen, Impulse zur Auseinandersetzung mit eigenen gesundheitskritischen Einstellungen, Handlungspläne und Kommunikationshilfen.
Diskussion
Trotz der anspruchsvollen Thematik ist der Band – auch und gerade für Laien – verständlich formuliert, ohne dass die Inhalte banalisiert werden. Die Ausführungen sind praxisorientiert und auf die alltäglichen Herausforderungen des Führungshandelns zugeschnitten – gleichzeitig sind sie kompetent theoretisch verortet und empirisch fundiert. Trotz der komplexen theoretischen und empirischen Bezüge gelingt es der Autorin, ein konsistentes Konzept gesundheitsorientierten Führungshandelns zu entwerfen, ohne sich in Details zu verlieren. Zwar wird an verschiedenen Stellen, dass auch organisationale Strukturen und Prozesse einen Einfluss auf die Mitarbeitendengesundheit haben, im Fokus steht jedoch das Verhalten und Erleben von Führungskräften und ihrer persönlichen Handlungsspielräume und -grenzen.
Fazit
Der Band richtet sich an Leser*innen, die Wissen, Anregungen und Hilfestellungen im Hinblick auf das Thema des gesundheitsorientierten Führungsverhaltens an der Nahtstelle zwischen Theorie und Praxis suchen und sich nicht mit einem – primär auf der Handlungsebene ansetzenden – Ratgeber begnügen wollen. Der Band verbindet auf verständliche Weise theoretische Ansätze und empirische Erkenntnisse mit Handlungsimpulsen und Hilfestellungen für die Führungspraxis.
Rezension von
Prof. Dr. Gudrun Faller
MPH, Professorin für Kommunikation und Intervention im Kontext Gesundheit und Arbeit an der Hochschule für Gesundheit in Bochum
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