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Bettina Mall: Projektmanagement

Rezensiert von Dr. Paul Fuchs-Frohnhofen, 28.05.2025

Cover Bettina Mall: Projektmanagement ISBN 978-3-689-00288-6

Bettina Mall: Projektmanagement. Über die Bedeutung und Messbarkeit des Projekterfolgs. Tectum (Baden-Baden) 2025. 68 Seiten. ISBN 978-3-689-00288-6. D: 24,90 EUR, A: 25,60 EUR.
Reihe: Young academics - Gesundheitswissenschaft - 2.

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Thema und Autorin

Das Buch von Bettina Mall setzt sich mit der Frage von Erfolg und Wirksamkeit in Projekten auseinander. Die Autorin untersucht anhand von vier Thesen (Kap. 2), wie die Zuschreibungen von Erfolg und Wirksamkeit in den Publikationen zum Projektmanagement erfolgen und die Attribute definiert werden. Für ihre Recherche hat sie 20 Fachbücher zum Projektmanagement aus den Jahren 2002 bis 2023 sowie 22 Studien aus den Jahren 2005 bis 2023 herangezogen. Darüber hinaus wurden fünf veröffentlichte Modelle zur Erfolgsmessung im Projektmanagement untersucht und bewertet.

Autorin

Die Autorin ist staatlich anerkannte Logopädin am Universitäts-Klinikum Aachen und Lehrbeauftragte an der Katholischen Hochschule NRW. Sie verfügt über das erste Staatsexamen für Lehramt und einen Masterabschluss im Bereich Kooperationsmanagement – Leitung in multiprofessionellen Sozial- und Gesundheitsdiensten M.A.

Entstehungshintergrund

Die Publikation ist als Masterarbeit im Masterstudiengang Kooperationsmanagement eingereicht worden und wurde von der Studiengangsleitung mit der Note ‚sehr gut‘ (1,0) bewertet. Die Studierenden des Studiengangs absolvieren über einen Zeitraum von vier Semestern ein studienbegleitendendes Projekt Bettina Mall hat in diesem Projekt ein Schulungskonzept zur Verbesserung des interdisziplinären Dysphagiemanagements im klinischen Kontext entwickelt, evaluiert und etabliert.

In der Auseinandersetzung mit der Anlage ihres Projekts fiel ihr auf, dass der überwiegende Teil der Autor*innen in der Fachliteratur zum Thema Projekte und Projektmanagement keine hinreichenden Definitionen der von ihnen inflationär verwendeten Zuschreibungen Erfolg und Wirksamkeit liefern. Dieser beobachtete definitorische Absentismus ist der Startpunkt der vorliegenden Arbeit.

Aufbau

In einer ersten – wichtigen – Unterscheidung differenziert die Autorin in der Einleitung (Kap. 1) zwischen Projekterfolg und Erfolg des Projektmanagements, bevor sie vier Thesen aufstellt und einen ersten Einblick in die Struktur, der von ihr vorgenommenen Analyse gibt (Kap. 2). Bereits in den daraufhin vorgenommenen weiteren Unterscheidungen zwischen Erfolg und Wirksamkeit einerseits und zwischen Wirksamkeit und Wirkung andererseits (Kap. 3) wird erkennbar, wie unverzichtbar es ist, in der Befassung mit einem solchen Thema präzise zu differenzieren. Mit Kapitel 4 beginnt die Autorin ihre Analyse. Diese legt sie auf drei Ebenen an: der quantitativen Abfrage zentraler Begrifflichkeiten (Erfolg, erfolgreich, Wirksamkeit, wirksam, Wirkung und wirkungsvoll) (1), in einer vertiefenden qualitativen Analyse der inhaltlichen Bedeutung der Suchbegriffe (2) (Kap. 4) sowie der Analyse von fünf Modellen der Erfolgsmessung (3) (Kap. 5). In Kapitel 6 kehrt Bettina Mall zu den von ihr aufgestellten Thesen zurück und führt diese auf der Basis der durchgeführten Exploration einer Beantwortung zu. Eine kritische Erörterung des inflationär verwendeten Begriffs des Erfolgs im Projektmanagement folgt dann mit Kapitel 7. Die Arbeit schließt mit einer Schlussbetrachtung und einem Ausblick ab (Kap. 8). Beigefügt sind drei Anhänge: die Ergebnisse der quantitativen Analyse, explorierte Erfolgskriterien in den untersuchten Fachbüchern und explorierte Erfolgskriterien in den untersuchten Studien.

Inhalt

Das der Qualität der Arbeit angemessen ausführliche und wertschätzende Vorwort von Prof. Dr. Manfred Borutta (als Erstgutachter der Arbeit) ebnet den theoretischen Zugang zum Thema über die Fragestellung ‚Erfolg: Was ist das eigentlich?‘ Der Autor (M. Borutta) geht hier aus systemtheoretischer Perspektive u.a. auf die Funktionalität von definitorischen Unschärfen in der Fachliteratur sowie der erkennbaren thematischen Vermeidung von Scheiterungsszenarien in der Fachliteratur ein.

Dass Projekte in der heutigen Arbeitswelt eine gewichtige Rolle spielen, ist in der Literatur unbestritten. Darauf Bezug nehmend weist Bettina Mall in der Einleitung der Arbeit darauf hin, dass Projekte unabhängig von der Erreichung ihrer gesetzten Ziele durchaus als erfolgreich oder nicht erfolgreich bewertet werden (Beispiele hierzu liefern Shenar & Dvir, 2007). Der Projektmanagementerfolg bewertet aber immer auch die Qualität und Effizienz des Managements, das verantwortlich dafür ist, die Ziele eines Projekts zu erreichen.

Kapitel zwei liefert eine Thesenableitung und veranschaulicht die angewandte Methodik der Untersuchung. Diese besteht aus einer quantitativen Analyse der herangezogenen Fachliteratur und Studien (s.o.) sowie aus einer qualitativen Analyse, der Fachbücher, der hierin vorgeschlagenen Instrumente zur Erfolgsmessung, der Analyse der Studien und der Modelle zur Erfolgsmessung.

Kapitel drei differenziert und definiert die als relevant identifizierten Suchbegriffe der vorgelegten Arbeit: Erfolg, Wirksamkeit und Wirkung, die sich nicht selten als perspektivenabhängige Konstrukte der jeweiligen Interpretation und Zuschreibung erweisen.

Kapitel vier widmet sich der quantitativen Analyse (4.1) und der qualitativen Analyse (4.2). Es wird erkennbar, wie heterogen und in großen Teilen gegensätzlich die jeweiligen Autorinnen und Autoren der zur Analyse identifizierten Fachbücher die Wirkung von Projekten interpretieren.

Ausführlich untersucht die Autorin in Kapitel fünf die von ihr ausgewählten Modelle zur Erfolgsmessung (IDEA, PSAQ, Project Evaluation Model, Index ‚Projekterfolg‘, Tesseract-Moell). Auch hier zeigt sich erneut eine große Variabilität, was die in diesen Modellen herangezogenen Kriterien zur Erfolgsmessung anbelangt. Besonders aufschlussreich im Vergleich dargestellt in der Abb. 9 (S. 34). Ökologische und soziale Nachhaltigkeit der Projekte spielen in lediglich einem der Modelle eine Rolle. Und selbst so relevante Parameter wie Kundenzufriedenheit und Mitarbeiterzufriedenheit spielen in den Modellen zur Erfolgsmessung nur marginal eine Rolle. Im Vordergrund der Messbarkeit stehen die Faktoren Zeit und Budget.

Kapitel sechs greift die der Arbeit zugrunde gelegten Thesen aus und führt diese einer Überprüfung zu. In Bezug auf die untersuchten Modelle zur Messung des Projekterfolgs setzt sich das IDEA [Impact Detection and Assessment; (Brand, 2004)] als einziges mit den Wirkungen von Projekten auseinander und verzichtet dabei bewusst auf den Erfolgsbegriff.

Die kritische Erörterung des Projekterfolgs in Kapitel sieben macht deutlich, dass es im wissenschaftlichen Diskurs bislang keine Einigung über die Kriterien zur Erfolgsmessung von Projekten gibt. Bei der subjektiven Einschätzung durch Projektverantwortliche und Stakeholder spielen sowohl deren Persönlichkeit als auch die Bedeutung eines Projekts für die jeweilige Karriere erkennbar eine große Rolle. Erfolg – so stellt die Autorin fest – funktioniert dabei „nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip“ und kann demzufolge nur mir ja oder nein beantwortet werden. Wirksamkeit und Wirkung eines Projekts können demgegenüber in Wirkungsgrade skaliert werden. Die Zuschreibung von Erfolg bzw. Misserfolg eines Projekts wird erkennbar gerne einer bzw. bestimmten Personen zugeschrieben; was karriereförderliche oder auch karrierebeendende Konsequenzen nach sich ziehen kann.

In der Schlussbetrachtung (Kapitel 8) kommt die Autorin zu dem Ergebnis, dass in den untersuchten 20 Fachbüchern zum Projektmanagement die Definitionen von Erfolg und Wirksamkeit eine lediglich randständige Rolle spielen. Studien, die den Projekterfolg als korrelierende Größe berechnen, verwenden nur selten ein valides Messinstrument. Innerhalb der untersuchten fünf Modelle zur Erfolgsmessung zeigt sich eine große Bandbreite dessen, was hier gemessen werden soll. Die vorhandenen Modelle werden zudem in der Praxis und in der Forschung kaum verwendet. Die Autorin plädiert dafür, dass sich die Forschung vom eher amorphen Erfolgsbegriff lösen und anstelle dessen mit dem Wirkungsbegriff arbeiten sollte. Operativ lässt sich dies mit Wirkungsprotokollen für Projekte umsetzen. Zudem wäre es angezeigt, herauszuarbeiten, „inwiefern Projekte organisationales Lernen begünstigen oder hemmen können“.

Diskussion

Bettina Mall liefert mit ihrem Fachbuch zur Fragwürdigkeit des Projekterfolgs eine erfrischend inkongruente Perspektive. Sie wirft die berechtigte Frage auf, ob der Erfolg überhaupt eine relevante Größe im Projekt darstellt. Zumal Erfolg eher nach dem ‚Alles-oder-Nichts-Prinzip‘ funktioniert, das nur mit ja oder nein beantwortet werden kann, wohingegen Wirksamkeit oder Wirkung eines Projekts in Wirkungsgraden skaliert werden kann. Die Autorin distanziert sich in ihrer Schlussfolgerung klar und fundiert begründet von der in der Literatur weit verbreiteten Kausalität und eindimensionalen Linearität im Projektmanagement. Sie kommt zu der Erkenntnis, dass möglicherweise eher andere Fragen gestellt werden müssten: Benötigten wir Projekterfolg? Stellt er eine relevante Größe dar? Und, wenn ja: Wer benötigt eigentlich den Projekterfolg? Muss es nicht mehr darum gehen, sich mit der Frage zu befassen, „inwiefern Projekte organisationales Lernen begünstigen oder hemmen können“? Ein in seiner präzisen Analyse durchweg lesenswertes Buch.

Fazit

Die Lektüre ist ein Muss für diejenigen, die sich insbesondere im Sozial- und Gesundheitswesen mit Projekten befassen (sollen). Sie werden durch dieses Buch hervorragend auf die Fallstricke und -schlingen von ebenso euphorischen wie euphemistischen Erfolgszuschreibungen aufmerksam gemacht. In der Folge könnte es dazu führen, weniger über einen amorphen Erfolg, als vielmehr über gezielte Wirkungen von Projekten nachzudenken. Wie lernendes Projektmanagement Wirkungen in Bezug auf organisationale Resilienz entfalten kann, wäre eine weitere Fragestellung, die in Anknüpfung an die Ergebnisse dieses Buches angegangen werden könnte.

Rezension von
Dr. Paul Fuchs-Frohnhofen
Arbeitswissenschaftler, Geschäftsführer MA&T Sell & Partner GmbH
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Es gibt 1 Rezension von Paul Fuchs-Frohnhofen.

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ISSN 2190-9245