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Hubert Kolling: Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte

Rezensiert von Karen Briesen, 05.06.2025

Hubert Kolling: Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte. Eigenverlag . ISBN 978-3-947665-06-8.
Who Was Who in Nursing History“ Band 11.

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Thema

Der elfte Band des „Biographischen Lexikons zur Pflegegeschichte – Who Was Who in Nursing History“ erweitert die umfangreiche Reihe um 66 weitere Porträts bedeutender Persönlichkeiten, die zur Entwicklung der Pflege in Deutschland und darüber hinaus beigetragen haben. Der Band leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung, Systematisierung und Reflexion pflegehistorischer Entwicklungen vom 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Vor dem Hintergrund aktueller berufspolitischer Herausforderungen wie dem Fachkräftemangel und der internationalen Migration von Pflegekräften gewinnt die Auseinandersetzung mit historischen Vorbildern und Strukturen zusätzliche Relevanz.

Autor

Hubert Kolling ist ein profilierter Pflegehistoriker, der sich seit Jahrzehnten mit der Erfassung und Analyse pflegehistorischer Biografien beschäftigt. Die vorliegende Ausgabe stellt erneut ein Langzeitprojekt in der deutschsprachigen Pflegegeschichtsforschung dar, das von Kolling initiiert, herausgegeben und zu großen Teilen selbst verfasst wurde. Insgesamt zehn Mitautor*innen haben ebenfalls einzelne Beiträge beigesteuert, was die thematische Breite und multiperspektivische Betrachtung zusätzlich stärkt.

Entstehungshintergrund

Der Band erschien im Januar 2025 im hpsmedia Verlag. Er ist dem Andenken an Ruth Schröck (1923–2023), eine zentrale Figur der deutschen Pflegewissenschaft, gewidmet. Die Auswahl der Biografien spiegelt sowohl pflegeinterne Entwicklungen als auch gesellschaftliche und politische Einflussfaktoren wider.

Aufbau

Der Band umfasst 328 Seiten und enthält 66 alphabetisch geordnete Biografien. Diese werden durch bibliografische Hinweise und historische Kontextinformationen ergänzt. Die alphabetische Struktur erleichtert das Nachschlagen einzelner Persönlichkeiten. Besonders hilfreich sind die zahlreichen Querverweise auf frühere Bände, die eine systematische und thematisch vernetzte Recherche ermöglichen.

Inhalt

Die dargestellten Biografien umfassen ein breites Spektrum beruflicher Hintergründe: Neben Pflegefachpersonen werden auch Ärzte und Ärztinnen, Theolog:innen, Hebammen, Publizist:innen und politische Akteur:innen porträtiert, die direkt oder indirekt die Entwicklung der Pflege beeinflusst haben.

Historisch reicht der Bogen von der Frühen Neuzeit bis ins 21. Jahrhundert. Damit gelingt es, Wandlungsprozesse in Ausbildung, Praxis und Professionalisierung der Pflege aufzuzeigen. So etwa in der Biografie von Louise Conring (1824–1891), Diakonisse und Oberin in Kopenhagen, die im 19. Jahrhundert eine tragende Rolle in der Entwicklung der diakonischen Krankenpflege spielte.

Ein Kapitel widmet sich dem Psychiater Jasper Karsten (1896–1968), der als einer der wenigen Mediziner seiner Zeit die spezifischen Anforderungen an die psychiatrische Pflege ausdrücklich hervorhob. In seinem über viele Jahre verbreiteten Lehrbuch zur Krankenpflege betonte er, dass psychiatrische Pflegekräfte nicht nur über besondere Kenntnisse, sondern auch über eine reflektierte Persönlichkeit verfügen müssten. Viele seiner Positionen antizipieren zentrale Gedanken der heutigen Pflegewissenschaft.

In mehreren Beiträgen wird zudem die Rolle von Pflegepersonen während des Nationalsozialismus thematisiert – sowohl im Kontext von Mittäterschaft als auch Widerstand. Diese differenzierte Darstellung ist ein wichtiger Beitrag zur ethischen Auseinandersetzung mit der Geschichte des Berufsstands.

Kolling greift auch aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen auf: Er weist auf den zunehmenden Fachkräftemangel in Deutschland hin und betont, wie der gesellschaftliche Rechtsruck zunehmend abschreckend auf internationale Pflegekräfte – etwa aus dem asiatischen Raum, speziell den Philippinen – wirkt. Die daraus resultierenden Rekrutierungsprobleme stellt er als ernstzunehmende Gefahr für das deutsche Gesundheitssystem dar.

Diskussion

Der Band besticht durch seine wissenschaftliche Sorgfalt und zugleich durch die Zugänglichkeit der Texte. Die Biografien sind klar gegliedert, sprachlich präzise und informativ. Die Kontextualisierung einzelner Lebensläufe innerhalb größerer historischer Strömungen macht das Werk besonders wertvoll für Lehre und Forschung. Auch die Tatsache, dass in einzelnen Biografien gezielt auf frühere Bände verwiesen wird, unterstreicht den enzyklopädischen Anspruch des Lexikons.

Eine ergänzende chronologische Übersicht zu Beginn oder am Ende des Bandes könnte die zeitliche Einordnung der alphabetisch gelisteten Biografien erleichtern. Gerade für gezielte Recherchen – etwa zur Krankenpflege im Nationalsozialismus – wäre eine solche Orientierungshilfe äußerst hilfreich, um relevante Persönlichkeiten gezielt nach Epochen zu identifizieren und anschließend über das Alphabet aufzufinden und so auch für thematisch orientierte Recherchen einen besseren Einstieg bieten.

Fazit

Der elfte Band des Biographischen Lexikons zur Pflegegeschichte liefert einen wichtigen Beitrag zur historischen Verortung pflegerischer Praxis und Professionalisierung. Kolling und seinen Mitautor:innen gelingt es, die Relevanz historischer Entwicklungen für die Gegenwart aufzuzeigen – ein Ansatz, der besonders für Ausbildung, Studium, Forschung und Berufsverbände von Bedeutung ist. Durch seine fundierten Biografien, thematische Breite und gesellschaftliche Relevanz ist das Werk sowohl für Fachpersonen als auch für Forschende und historisch Interessierte von großem Wert.

Rezension von
Karen Briesen
B.Sc. Pflege-Praxisentwicklung, Fachpflegerin für Anästhesie- und Intensivmedizin, Praxisanleiterin, Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft e.V. – Sektion historische Pflegeforschung
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Es gibt 1 Rezension von Karen Briesen.

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ISSN 2190-9245