Sophie Warning, Jan Suren Möllers: Zwischen den Zeiten
Rezensiert von Prof. Dr. habil. Gisela Thiele, 22.10.2025
Sophie Warning, Jan Suren Möllers: Zwischen den Zeiten. Bestattungsrituale gestalten, Trauernde unterstützen.
der hospiz verlag Caro & Cie. oHG
(Esslingen) 2025.
139 Seiten.
ISBN 978-3-946527-67-1.
D: 38,80 EUR,
A: 39,90 EUR.
Reihe: Hospiz Verlag Praxis - Band 1.
Thema und Autoren
Die Bedeutung der Zeit zwischen Tod und Grablegung findet in den letzten Jahren zunehmend Beachtung. Die Sterbe- und Trauerbegleiterin und Hospizlerin Sophie Warning und der Bestatter und Trauerbegleiter Jan Möllers betrachten in diesem Buch Bestattungsrituale als Chance und Form der Trauerbegleitung. Sie beschreiben praktische Gestaltungsmöglichkeiten im Bestattungsprozess und beziehen diese auf Wissen über Trauerprozesse und Unterstützung in Krisenzeiten. Damit geben sie Haupt- und Ehrenamtlichen aus der Hospizbewegung praktisches und fundiertes Wissen an die Hand, wie Zugehörige auf den „nächsten Schritt“ in ihrem Abschiedsprozess vorbereitet werden können.
Die Herausgeber sind Sophie Warning, seit 2003 Palliative-Care-Fachkraft und Sterbe- und Trauerbegleiterin, und Jan Suren Möllers, der eine große Basisqualifikation als Trauerbegleiter hat. Er vertritt Themen der Bestattung, Rituale und Trauer und ist in Berlin Trauerbestatter.
Aufbau und Inhalte
Das Buch ist neben einer Einleitung „Einige Gedanken vorweg“ in fünf Kapitel unterschiedlicher Länge gegliedert, die abwechselnd von beiden Herausgebern geschrieben wurden. In „Einige Gedanken vorweg“ wird zunächst betont, dass ein Hospiz nicht einfach ein Haus ist, um Unterstützung beim Sterben zu finden, sondern es ist eine Bewegung, eine Haltung, eine Sicht auf das Leben und Sterben. Mit diesem Buch soll ermuntert werden, die Zeit zwischen Tod und Grablegung noch stärker in den Blick zu nehmen.
Im Kapitel 1 „Die Sterbestunde“ wird thematisiert, dass Hunger und Durst bei Sterbenden nicht mehr vorhanden sei, denn er Körper trocknet aus und verbraucht kaum noch Energie, denn es werden jetzt schmerzlindernde Stoffe ausgeschüttet. Hilfreich für die Begleitung von sterbenden Menschen in dieser Zeit ist es, wenn die begleitende Person Ruhe, Vertrauen in den Sterbeprozess und Zuversicht ausstrahlen.
Kapitel zwei ist betitelt mit „Der Todesmoment und die ersten Stunden“. Das Einzige, was in den ersten Stunden nach dem Tod eines Menschen zu tun ist, ist den Totenschein bim Hausarzt zu beantragen. Danach kann man den Verstorbenen waschen und betten, wobei das auch jeder Bestatter übernimmt. Es folgt eine Liste mit Vorbereitungen zu Totenfürsorge, zum Bsispiel Handtücher und Waschlappen bereit legen.
„Im Krankenhaus“ ist das nächste Kapitel. Ohne Totenschein dürfen Verstorbene nicht transportiert werden. In den meisten Krankenhäusern gibt es heute Trauerräume oder es kann am Bett des Verstorbenen noch eine Zeit getrauert werden.
„Eine Bestattung organisieren“ ist dem vierten Kapitel vorbehalten. Die Bestattung eines Menschen ist gesetzlich geregelt, wobei in Deutschland jedes Bundesland ein eigenes Bestattungsgesetz hat. In jedem dieser sin die bestattungpflichtigen Personen genannt, das fängt mit den Partnern an, dann bei den Kindern und dann die Eltern. Es ist möglich, eine Bestattungsverfügung zu erlassen, eine Liste, wie so etwas auszusehen hat, ist im Buch enthalten.
Den „Übergangsritualen nach dem Tod eines Menschen“ ist Kapitel fünf gewidmet. Die Menschen gehen in eine Welt, in dem der Verstorbene lebte, in eine Welt ohne ihn. Um Veränderungen zu realisieren, sich an die neue Lebenssituation anzupassen und das, was man hinter sich lassen will, als Erinnerungen ins eigene Leben zu integrieren, sind symbolische Handlungen. Übergangsrituale beginnen mit einer Trennung vom Alltag mit einer eigenen Logik. Der mittlere Teil eines Rituals bezeichnet als Schwellenphase, beginnt zwischen zwei Räumen, bei der Abholung des Verstorbenen geht man von einer Schwelle zur nächsten. Danach folgt die dritte Phase, die Wiederangliederung, die Rückkehr in den Alltag. Ein klassisches Beispiel dafür ist das Totenmahl nach der Bestattung. Wie ist eine Trauerfeier zu gestalten? Es folgt eine Liste über die ersten Vorbereitungen: wer soll kommen, wer soll reden usw. Für manche ist der Bestattungsort der zentrale Platz, um eine bleibende Verbundenheit zu fühlen. Es gibt auch immer wieder Erinnerungstage an den Toten, zum Geburtstag oder zum Hochzeitstag.
Das letzte Kapitel ist der „Trauer“ vorbehalten. Traurigkeit ist nur ein Teil der Trauer. Trauer bezeichnet den komplexen und dynamischen Prozess, der einen Verlust begleitet. Die vielen Trauermodelle, die es gibt, treffen nicht die Vielfalt von Trauerprozessen. In einer amerikanischen Studie wurde mit der Auffassung gebrochen, Trauernde sollten ihre Verstorbenen loslassen, was einem Paradigmenwechsel in der Trauerbegleitung gleichkommt. Am Ende des Buches finden wir eine Zitatensammlung.
Diskussion
Es ist eine lehrreiche und interessante Publikation, die keine Frage rund um das Thema Trauer und Trauerbegleitung unbeantwortet lässt. Sie gibt einen guten Überblick, welche Schritte wann zu gehen sind. Die vielen Listen erleichtern den Zugang zu wichtigen Fragen und Dingen, die nicht vergessen werden sollten. Es ist auch eine einfach verständliche Sprache, was der Leserschaft sehr gefallen dürfte.
Fazit
Publikation, in der ein spezifisches, bisher relativ seltenes wissenschaftliches Thema aufgegriffen und bearbeitet wird – das der Trauer und deren Begleitung. Es ist äußerst interessant, wissenschaftlich und theoretisch komplex abgefasst und doch für viele Betroffene gut les- und verstehbar. Vielleicht vermag das Buch auch, die Scheu vor allzu beschämenden Fragen zu diesem schwierigen Thema zu nehmen, die fast vollständig bearbeitet und beantwortet werden.
Rezension von
Prof. Dr. habil. Gisela Thiele
Hochschule Zittau/Görlitz (FH)
Berufungsgebiete Soziologie, Empirische
Sozialforschung und Gerontologie
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