Udo Hüttmann: Lebens-Briefe
Rezensiert von Prof. i.R. Dr. Peter Bünder, 13.10.2025
Udo Hüttmann: Lebens-Briefe. Eine Reise zu sich selbst. novum Verlag (Neckenmarkt) 2025. 102 Seiten. ISBN 978-3-7116-0650-1. D: 19,40 EUR, A: 19,90 EUR, CH: 28,50 sFr.
Thema
Dieses kleine Werk thematisiert einen sehr persönlichen Prozess des Autors, um besser und schließlich erfolgreicher mit den vielzähligen und vielfältigen beruflichen Belastungen im Alltag umgehen zu können.
Autor
Udo Hüttmann studierte Sozialwissenschaften und wechselte dann später in die Sozialarbeit. Seit 1990 ist es als Dipl.-Sozialarbeiter tätig, seit vielen Jahren in verantwortlicher Leitungsposition in einem Jugendamt.
Aufbau
Nach einem Vorwort und einer kurzen metaphorischen Einführung gliedert sich das Buch in fünfunddreißig sog. „Lebens-Briefe“, d.h. Mitteilungen von inneren Persönlichkeitsanteilen an das „Selbst“, sowie einem kurzen Nachwort.
Inhalt
Vor dem Hintergrund einer stark fordernden Leitungsstellung mit hoher Verantwortung in einem deutschen Jugendamt erlebte der Autor – wie er ausführt – häufiger während der täglichen Arbeit eine Art „innerer Not“, die mit der Zeit auch zu einer gewissen zunehmenden psychischen Belastung führte.Um aus dieser Zwickmühle herauszukommen, lenkte er seine Aufmerksamkeit nun wann immer möglich, mehr auf seine inneren psychischen Prozesse. Daraus entwickelte sich mit der Zeit eine spezielle Art „innerer Kommunikation mit sich selbst“, die er dann verschriftlich „Lebens-Briefe an sich selbst“ nannte. Jeweils ein „innerer Anteil“, wie beispielsweise die „Achtsamkeit“ oder die „Selbstwirksamkeit“ vermitteln ihm in Form eines kurzen persönlichen Briefs an sein „Selbst“ ihre Wahrnehmung, Sorgen, Ideen und Anregungen, damit es ihm als Person hoffentlich bald besser gehen kann. Nachdem der erste Lebensbrief verfasst war, folgten nach und nach die anderen, die nachvollziehbar machen können, wie er in diesem persönlichen Prozess sein positives Menschenbild stärken und mit Kraft und Zuversicht seinen beruflichen Herausforderungen wirksamer begegnen konnte.
Exemplarisch kann dieser innere Prozess an zwei Beispielen verdeutlicht werden. Eingeleitet wird jeder einzelne Lebens-Brief durch ein Zitat einer bekannten Persönlichkeit. In dem Lebens-Brief 6, Achtsamkeit (S. 22 ff.) wird eine Situation thematisiert, die wohl dadurch gekennzeichnet ist, dass das „Hier und Jetzt“ mehr und mehr durch Routinen, Automatismen und Fremdsteuerungsgefühle erlebt wird. Seine „Achtsamkeit“ interveniert, indem sie anregt, das der tägliche Lebensfluss wieder selbstgesteuert sein sollte und konkrete Anregungen gibt, wie er sich selbst wieder besser spüren kann. In dem Lebens-Brief 18, Selbstwirksamkeit (S. 51 ff.) wird hinterfragt, was „gerade mit ihm los sei“. Scheinbar liegt momentan merkbar eine große Belastung vor, aber der Kopf finde wohl keine ausreichende innere Ruhe im beruflichen Alltag. Es folgen sehr konkret einige Vorschläge, die möglich machen können, wieder eine gute „Bodenhaftung“ zu erfahren.
Insgesamt hat Udo Hüttmann 35 „innere Helfer*innen“ in sich entdeckt, die in diesen „Lebens-Briefen“ seinen authentischen Prozess abbilden:
- Die Reise von Kopie und Original
- Der Mut
- Das Selbstbewusstsein
- Die Vertrauensbereitschaft
- Die Einzigartigkeit
- Das Mitgefühl
- Die Achtsamkeit
- Die Ecken und Kanten
- Die Grenzen
- Die Entscheidungsfähigkeit
- Die Konfliktfähigkeit
- Der eigene Lebenssinn
- Der Kampfgeist
- Die Berufung
- Die Selbstverteidigung
- Die Selbstliebe und Nächstenliebe
- Die Kooperationsfähigkeit
- Der größte Einflussbereich
- Die Selbstwirksamkeit
- Die Dankbarkeit
- Die Entschlossenheit
- Der Beitrag zum Leben
- Die Beziehungsfähigkeit
- Die Selbstverantwortung und Selbstbestimmung
- Die Lern- und Entwicklungsfähigkeit
- Die Stärken und Schwächen
- Die Kommunikationsfähigkeit
- Die eigenen Spuren
- Die Haltung
- Die Prioritäten
- Das Einfühlungsvermögen
- Die Motivation
- Die Änderungsfähigkeit
- Die Wertschätzungsfähigkeit und der Respekt
- Die Selbstfürsorge und gesellschaftliche Mitverantwortung
- Die Gestaltungskräfte
Diskussion
Das sehr persönliche und ehrliche kleine Buch leistet einen wertvollen Beitrag für die Reflexion von Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit im sozialen Bereich intensiv mit anderen Menschen arbeiten müssen. Neben der unverzichtbaren Bedingung, helfen zu wollen, kommt es aber auch zentral darauf an, seine eigenen Grenzen und Belastungspotenziale zu kennen und auch damit angemessen umzugehen. Durch die Differenzierung des Autors zwischen seinem persönlichen, bewussten „Selbst“ und anderen, eher unbewussten inneren Anteilen bietet er – speziell in Bezug auf eine wichtige und notwendige Burnout-Prophylaxe – eine wertvolle Reflexionshilfe für eine eigene Beschäftigung mit dieser Thematik. Bei der Lektüre ist gut nachzuvollziehen, wie das „Selbst“ des Autors durch die engagierte Kommunikation mit den jeweiligen „inneren Helfer*innen“ in eine neue Betrachtungsweise eintreten konnte, die danach im beruflichen „Außenbereich“ zu klarerem, kraftvollem Handeln und einer guten Selbstfürsorge führen konnte.
Fazit
Für Praktiker*innen der Sozialen Arbeit in den unterschiedlichsten Arbeitsfeldern kann dieses kleine Buch eine wertvolle Anregung bieten, sich bewusster auf die immer die tägliche Arbeit begleitenden inneren Prozesse einzulassen, um möglichst zu einer ausgeglichenen Balance zwischen Auftrag und Aufgabe einerseits, und innerer Zufriedenheit und Wohlergehen andererseits gelangen zu können.
In diesem Sinne wäre zu wünschen, dass dieses Buch in möglichst viele Hände von Praktiker*innen der Sozialen Arbeit kommen kann, weil es auf eine beeindruckende und ermutigende Weise aufzeigt, wie man „mit sich selbst besser ins Reine kommen kann“.
Rezension von
Prof. i.R. Dr. Peter Bünder
Vormals Hochschule - University of Applied Sciences - Düsseldorf, Lehrgebiet Erziehungswissenschaft am Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften
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