Friedrich Glasl: Konfliktmanagement
Rezensiert von Dipl.-Psych. Gesche Keding, 21.02.2006
Friedrich Glasl: Konfliktmanagement. Ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater. Haupt Verlag (Bern Stuttgart Wien) 2004. 8., aktualisierte und ergänzte Auflage. 523 Seiten. ISBN 978-3-258-06719-3. 69,00 EUR. CH: 108,00 sFr.
Seit Erstellung der Rezension ist eine neuere Auflage mit der ISBN 978-3-258-07556-3 erschienen, auf die sich unsere Bestellmöglichkeiten beziehen.
Thema
"Theoretische und praktische Anregung für die konstruktive Bewältigung sozialer Konflikte" (S. 13) soll das Handbuch des Konfliktmanagements von Friedrich Glasl Betroffenen und Beratern bieten. Konflikte in Organisationen sind das Anwendungsfeld dieser Publikation. Glasldefiniert Konflikt folgendermaßen: "Sozialer Konflikt ist eine Interaktion zwischen Aktoren (Individuen, Gruppen, Organisationen, usw.), wobei wenigstens ein Aktor eine Differenz beziehungsweise Unvereinbarkeiten im Wahrnehmen und im Denken beziehungsweise Vorstellen und im Fühlen und im Wollenmit dem anderen Aktor (den anderen Aktoren) in der Art erlebt, dass beim Verwirklichen dessen, was der Aktor denkt, fühlt oder will eine Beeinträchtigung durch den anderen Aktor (die anderen Aktoren) erfolge." (S.17)
Autor
Friedrich Glasl ist Politik- und Wirtschaftswissenschaftler und Dozent für Organisationsentwicklung und Konfliktmanagement an der Universität Salzburg. Als Mitbegründer und Mitarbeiter einer Unternehmensberatung hat er Erfahrung in Konfliktberatung gesammelt. Sicherlich muss er als einer der wichtigsten Forscher und Praktiker in diesem Bereich angesehen werden. Er hat zahlreiche weitere Publikationen zu diesem Thema veröffentlicht.
Aufbau und Inhalt
Zunächst legt Glasl in der Einführung das Fundament, indem er die in der Konfliktforschung verwendeten Definitionen des Konstruktes "Konflikt" aufführt und diskutiert. Es wird dabei schnell deutlich, dass bereits die Definition Konsequenzen für den weiteren Umgang mit Konflikten birgt.
- Nach einer Einführung in den Begriff mit seinen von verschiedenen Forschern verwendeten Definitionen und einem Überblick über den Inhalt des Buches folgt der erste Teil Konfliktdiagnose,der sechs Kapitel umfasst und auf unterschiedliche Dimensionen eingeht. Zu diesen Dimensionen gehören die Konflikt-Issues, d. h. die Konfliktgegenstände, der Konfliktverlauf, die Entstehungsgeschichte, die Konfliktparteien, die Positionen und Beziehungen der konfligierenden Gruppen oder Personen und die Einstellungen der Beteiligten zum Konflikt. Eingangs enthält dieser Teil ein Kapitel zu dem zugrundeliegenden Menschenbild. In diesem Teil stellt er eine eigene Konflikttypologie vor, die Konflikte in heißeund kalte Konflikte einteilt.
- Im zweiten Teil führt er in die Dynamik der Eskalation von Konflikten ein. Aufbauend auf Modellen, die teilweise aus der Erforschung von Konflikten zwischen Staaten stammen und die er ausführlich darstellt, entwickelt er sein eigenes Modell für den mikro- und mesodynamischen Bereich. Glasl unterscheidet neun deutlich unterscheidbare Eskalationsstufen des Konfliktgeschehens. Dabei wird jeweils zur nächsten Stufe ein sogenannter Schwellenwert überschritten: Eine entscheidende Handlung führt zu einer Veränderung des Verhaltens der Beteiligten. Ebenso schildert er in diesem Teil die Antriebe und Mechanismen von Konflikten.
- In einem dritten Teil entfaltet er die Strategie der Konfliktbehandlung. Nicht jede Intervention ist nach Glasl für jeden Konflikttyp oder jede Eskalationsstufe geeignet. Er ordnet die in der Literatur zu findenden Interventionen der Konfliktvermeidung oder -lösung den in den beiden ersten Teilen dargestellten Konflikttypen und Eskalationsstufen zu. Dabei unterscheidet er präventive, kurative, deeskalierende Interventionen.
In jedem Teil rezipiert Glasl zunächst die theoretischen und empirischen Funde zu dem jeweiligen Aspekt der Konfliktforschung, so dass die Leser und Leserinnen einen Überblick über die Forschung und existierende Interventionen erhalten. Dabei bleibt der Autor aber nicht stehen. Er schildert immer auch praktische Auswirkungen einer Theorie beziehungsweise ihrer Relevanz.
Zielgruppen
Das Buch ist für alle lesenswert, die beruflich direkt oder indirekt mit Konflikten zu tun haben. Professionelle Helfer, Vermittler, Mediatoriennen, Beraterinnen, Trainer, Führungskräfte, Personalvertreter, Politiker werden ausdrücklich als Zielgruppe genannt.
Service und Leserführung
Das Buch ist gut strukturiert und hat vier einleuchtende Gliederungsebenen. Es enthält 17 Kapitel, die 3 Teilen zugeordnet sind. In der Kopfzeile kann man sich beim Blättern nicht nur in Hinblick auf die Seite orientieren, sondern weiß auch in welchem Kapitel (gerade Seiten) und Unterkapitel (rechte Seite) man sich gerade befindet. Viele Inhalte sind sowohl als Fließtext als auch in tabellarischer Form dargestellt.
Im Anhang finden sich ein Literaturverzeichnis und ein Sachwortregister. Das in der Rezension der 7. Auflage an dieser Stelle gewünschte Glossar mit knappen Definitionen wichtiger Begriffe ist leider nicht aufgenommen worden.
Fazit
Es gibt wohl wenig zum Thema Konflikt im mikro- oder mesopolitischen Raum, das nicht in dieses Werk aufgenommen wurde. Beruflich oder privat Interessierte gewinnen einen wirklich umfassenden Überblick oder können gezielt nachschlagen. Sie finden unzählige Hinweise auf den konkreten Umgang mit Konflikten, die sie weiterverfolgen können. Gut lesbar ist es auch. Es ist ein Standardwerk, das sich wahrscheinlich in fast allen Literaturangaben der deutschsprachigen Bücher zum Thema findet. Wer sich mit dem Themenbereich Konfliktmanagement beschäftigt, kommt an diesem Buch nicht vorbei.
Rezension von
Dipl.-Psych. Gesche Keding
Leuphana College, Universität Lüneburg
Es gibt 23 Rezensionen von Gesche Keding.





