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Claus Hoffmann, Beatrix Lang: Das Intranet

Rezensiert von Prof. Helmut Kreidenweis, 13.11.2008

Cover Claus Hoffmann, Beatrix Lang: Das Intranet ISBN 978-3-89669-491-1

Claus Hoffmann, Beatrix Lang: Das Intranet. Erfolgreiche Mitarbeiterkommunikation. UVK Verlagsgesellschaft mbH (Konstanz) 2006. 199 Seiten. ISBN 978-3-89669-491-1. 24,90 EUR. CH: 42,00 sFr.

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Thema

Ein vor zehn Jahren noch exotisch anmutendes Thema ist längst auch in der Sozialwirtschaft angekommen: Intranets sind zumindest bei allen großen Sozialträgern in Betrieb und auch mittelgroße Einrichtungen beginnen sich vermehrt damit zu beschäftigen. Doch bei näherem Hinsehen entpuppt sich vermeintlich moderne Technologie oft lediglich als elektronische Variante der guten alten Aushangtafel. Die Potenziale dieser Systeme für Mitarbeiterkommunikation und Innovation im Unternehmen werden häufig nicht einmal ansatzweise genutzt.

Zum Aufbau eines wirklich Nutzen stiftenden Intranets wird nicht nur gute Technik benötigt. Dreh- und Angelpunkte sind ein professionelles Projektmanagement, klare Ziele und eine konsequente Mitarbeiterbeteiligung.

Das vorliegende Buch versteht sich als Praxisratgeber zur Intranet-Einführung quer über alle Branchen. Es beginnt mit der Frage, warum sich gerade kleinere und mittlere Unternehmen noch immer schwer tun mit dem neuen Medium und antwortet: "Vielleicht, weil die Entscheidungsträger den konkreten Nutzen und die spezifischen Leistungen eines Intranets nur unzureichend kennen." (S.9) Dies könnte auch auf manche Einrichtungen und Verbände der Sozialwirtschaft zutreffen.

Aufbau und Inhalt

Einleitend werden typische Einsatzfelder und technische Grundlagen von Intranets knapp vorgestellt. Ausführlicher ist das Kapitel zur Mitarbeiterkommunikation: Hier geht es um die klassischen journalistischen Darstellungsformen wie Nachricht, Reportage oder Kommentar, um Gestaltung und Grafik sowie das Redaktionsmanagement. Die neueren Web 2.0 Anwendungen wie Wikies  oder Blogs werden nur kurz gestreift, der Schwerpunkt liegt auf den klassischen Formen.

Breiten Raum nimmt die anschließende Darstellung der Methoden des Projektmanagements ein. Diese reicht vom Projektstart über die Konzept-, Pilot- und Betriebsphase bis hin zur Benennung von typischen Stolpersteinen und Ansätzen zu deren Vermeidung.

Ein kürzeres Kapitel ist der Personal- und Organisationsentwicklung gewidmet, in dem es vor allem um die Qualifizierung der Mitarbeiter geht. Breiten Raum nimmt im Folgekapitel das Thema Change Management ein. Hier werden vor allem die sozialpsychologischen Aspekte von Veränderungen in Organisationen erläutert und Möglichkeiten zum Umgang damit im Rahmen einer Intranet-Einführung vorgestellt.

Praxisbeispiele aus einigen deutschen Unternehmen und mehrere Checklisten runden das Buch ab.

Zielgruppen

Das Buch wendet sich vor allem an Verantwortliche in Unternehmen aller Art, die mit der Entscheidung zur Einführung von Intranets, der Konzeption oder Leitung entsprechender Projekte betraut sind.

Diskussion

Keine Frage: Das Buch rückt vor allem die menschlichen und organisationalen Dimensionen eines Intranet-Projektes in den Mittelpunkt und damit macht deutlich, dass die oftmals techniklastige Betrachtung des Themas einer dringenden Ergänzung durch diese Aspekte bedarf.

Die Kehrseite dieser Medaille ist jedoch, dass die die technologischen Dimensionen einer Intranet-Einführung doch etwas arg vernachlässigt werden. So wird etwa übersehen, dass nicht nur mangelnde Projektplanung, sondern auch der Griff zu einer wenig geeigneten Technologie ein ausgesprochen wirksamer Projektkiller sein kann: Wenn falsche Werkzeuge ausgewählt wurden oder das inhaltlich sinnvolle nicht hinreichend mit dem technisch machbaren abgestimmt ist, kann ein Intranet-Projekt schnell aus dem Ruder laufen. Hier wäre zumindest die Vermittlung von Methoden sinnvoll gewesen, die es ermöglichen, Anforderungen an eine Softwareplattform zu definieren und die am Markt angebotenen Systeme an diesen Maßstäben zu messen. Auch ein Überblick über typische Basisarchitekturen von Intranets und Links zu relevanten Webseiten könnten eine wertvolle Informationsquelle sein.

Die Stärke des Buches liegt klar auf den Methoden des Projekt- und des Change-Managements. Hier bietet es einen hervorragenden Überblick. Über weite Strecken mutet es fast schon so an, als ob die Intranet-Thematik nur als Aufhänger dafür dient, diese Methoden anwendungsbezogen zu vermitteln.

Die Botschaft des Buches ist dabei: Planung, Planung und nochmals Planung. Damit setzen die Autoren sicherlich auf dem Hintergrund ihrer Erfahrungen einen bewussten Kontrapunkt zu den oft wenig zielgerichteten Einführungsprozessen von Intranets. Dennoch: solche Projekte können auch zu Tode geplant werden. Gerade die Einführung von Intranets, die auf ein hohes Maß an Koproduktion durch ihre Nutzer angewiesen sind, können – ganz ähnlich wie viele Bereiche der Sozialen Arbeit – nicht bis ins letzte Detail durchgeplant werden. An dieser Stelle sind auch iterative Elemente sinnvoll, ja gerade zu notwendig, um sich hart entlang der Realität an die beste aller Möglichkeiten heranzutasten, Fehler zu bemerken, einzugestehen und zügig zu korrigieren. Dazu macht das Buch leider keinen Mut. Es hält an einem eher starren Planungsfetischismus fest, der keine Lust am Entdecken und Experimentieren aufkeimen lässt. Diese andere Seite flackert nur kurz in einem der von externen Autoren verfassten Praxisbeispiele auf. Auf der Grundlage der Erfahrungen mit dem Aufbau des 1,2 Millionen Seiten umfassenden Intranets der Volkswagen AG wird dort behauptet: "Chaotische Prinzipien sind Erfolgsfaktoren zum Aufbau eines Intranets" (S. 164).

Das Buch schärft an jeder Ecke das Bewusstsein dafür, dass ein Intranet nicht nebenbei eingeführt werden soll: "Die Integration des Intranets in die Mitarbeiterkommunikation ist eine strategische Aufgabe, welche jede Organisation vor die Herausforderung des Veränderungsmanagements stellt" (S. 16). Auch wenn man sich an der ein oder anderen Stelle nicht nur Informationen dazu wünscht, "was" zu tun ist, sondern auch konkretere Hinweise zum "wie", so ist die geschilderte Vorgehensweise doch sehr praxisnah. Verkannt wird allerdings, dass ein Intranetprojekt zumeist nicht das einzige aktuelle Projekt im Unternehmen ist. Viel mehr konkurrieren oft mehrere parallele Projekte oft um die Aufmerksamkeit der Führungskräfte wie der Mitarbeiter. Und jedes Projekt betrachtet sich natürlich als das wichtigste und zukunftsträchtigste. Einige Hinweise dazu, wie ein solches Intranet-Projekt in die Projektelandschaft eines Unternehmens eingebettet werden kann, wo es Schnittstellen gibt und dass es auch sinnvoll sein kann, ein Projekt wegen zu vieler Parallelvorhaben zurückzustellen, wären hier wertvoll gewesen.

Bei der Einführung des Intranets gehen die Autoren von einer tabula rasa aus und das geht leider an der modernen Unternehmenswirklichkeit – auch im Sozialsektor – vorbei: Vielfach sind bereits Vorgängersysteme oder Teilsysteme im Einsatz, deren Inhalte migriert oder die sinnvoll an das neue System angedockt werden müssen. Hier kommen auch wieder die oben erwähnten Schnittstellen zum Tragen: Dokumentenmanagement-Software, Archivierungssysteme, Wissensdatenbanken, Fachsoftware und vieles mehr. Dabei halten die Autoren auch zu sehr an Begriff und Technologie des klassischen Intranets fest. Zeitgemäßer wäre hier der Portal-Ansatz gewesen, der mittlerweile in Unternehmen deutlich stärker Raum greift: Es geht dabei nicht um ein isoliertes Projekt der Mitarbeiterkommunikation, sondern um die Verbindung verschiedener Anwendungsebenen mit Web-Technologien im Unternehmen unter einer einheitlichen Benutzeroberfläche.

Wenn die Autoren postulieren, dass "das Intranet das Potenzial (hat), die Strukturen und Prozesse im Unternehmen grundsätzlich zu verändern" (S. 128) so haben sie damit sicherlich recht. Die Konsequenz wäre jedoch gewesen, die Leser zumindest für das Thema des IT-gestützten Geschäftsprozessmanagements zu sensibilisieren oder grundlegende Aspekte dessen anhand etwa des Beispiels einer Urlaubsbeantragung via Intranet darzustellen. Doch dieser Begriff wird nicht einmal erwähnt. Die Autoren sind letztlich doch zu sehr auf die klassische Mitarbeiterkommunikation fixiert, der viel versprechende Ansatz zur Verbesserung von Abläufen im Unternehmen mit Hilfe von Intranets wird nicht wirklich aufgegriffen.

Wie so viele Wirtschaftsratgeber konzentriert sich auch dieses Buch letztlich auch zu sehr auf die Gegebenheiten in Großunternehmen. Das ist für die Autoren auch recht verlockend, können sie dort doch von umfassenden Zeit- und Geld-Ressourcen für Projektmanagement oder Mitarbeiterkommunikation ausgehen. Eine wesentlich größere Herausforderung ist es hingegen, ein Intranet mit stark begrenzten Ressourcen in einem mittelgroßen oder kleineren Unternehmen – wie sie bekanntlich auch in der Sozialwirtschaft dominieren – einzuführen. Betrachtet man jedoch die Fülle der hier angebotenen Methoden und Werkzeuge als Baukasten, aus dem man sich sinnvolle Teile selbst zusammenstellen kann, so leistet es sicherlich auch aus sozialwirtschaftlicher Sicht wertvolle Dienste.

Und schließlich: die vielen plastischen Hinweisen und Erklärungen zu Projektmanagement und Veränderungsprozessen machen das Buch nicht nur für die Einführung von Intranets, sondern auch für andere, insbesondere technologiegetriebene Innovationen nützlich. Dazu gehören etwa die Einführung von Pflege- oder Falldokumentationssoftware oder der Umstellung auf neue Modelle der Evaluation und Wirkungsmessung in der Sozialen Arbeit.

Fazit

Wer ein Buch sucht, das die organisatorischen und sozialpsychologischen Aspekte einer Intranet-Einführung beleuchtet und für die Notwendigkeit zu deren gebührender Beachtung sensibilisiert, ist mit diesem Werk sicherlich gut bedient. Alle Schilderungen dazu sind sehr plastisch, die Ausführungen sind leicht zu lesen und mit Praxistipps unterlegt. Dringend ergänzt werden muss diese Sicht allerdings durch zusätzliche Literatur zu Intranet-Technologien, zu Portal- und Web 2.0-Anwendungen sowie durch Wissen zum Thema IT-gestütztes Prozessmanagement.

Rezension von
Prof. Helmut Kreidenweis
Professor für Sozialinformatik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, Gründer und Vorstand des Fachverbandes für IT in Sozialwirtschaft und Sozialverwaltung FINSOZ e.V., Inhaber der Beratungsfirma KI Consult.
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Es gibt 13 Rezensionen von Helmut Kreidenweis.

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ISSN 2190-9245