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Klaus J. Bade, Rainer Münz (Hrsg.): Migrationsreport 2002

Rezensiert von Prof. Dr. Friedhelm Vahsen, 22.04.2003

Cover Klaus J. Bade, Rainer Münz (Hrsg.): Migrationsreport 2002 ISBN 978-3-593-37005-7

Klaus J. Bade, Rainer Münz (Hrsg.): Migrationsreport 2002. Fakten - Analysen - Perspektiven. Campus Verlag (Frankfurt) 2002. 288 Seiten. ISBN 978-3-593-37005-7. 19,90 EUR. CH: 34,90 sFr.
Herausgegeben für den Rat für Migration. Mit einem Geleitwort von Bundespräsident Johannes Rau.

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Einführung

Ähnlich wie der schon im Jahre 2000 im gleichen Verlag veröffentlichte Migrationsreport will dieser Sammelband "bevölkerungs- und sozialwissenschaftliche, rechtswissenschaftlich und historisch-soziologische Bestandsaufnahmen, Analysen und Perspektiven" (S.10) zu einem Überblick verdichten. Zentral sei auch hier "die Frage nach der bisherigen Entwicklung und zukünftigen Gestaltung von Staatsangehörigkeits- und Ausländerrecht sowie nach der Zuwanderung und Integration in Deutschland" (S.10).

Aufbau und Inhalte

17 Autorinnen und Autoren setzen sich in 11 Artikeln mit einem weitgespannten Bogen von Fragestellungen und Problemen auseinander, die von grundsätzlichen Fragen zur Migrationspolitik in Deutschland (Bade/Münz) und Einwanderungsgesetzgebung und Politik (Angenendt), über eine Chronologie der Ereignisse und Debatten (Vitt/Heckmann) bis hin zu aktuellen ungelösten Problembereichen des Asyl- und Flüchtlingsrechts (Renner) reichen.

Dazu gehört auch die Diskussion der Lebenslage "illegaler Migranten" (Alt/Cyrus).

In diesem Migrationsreport werden außerdem die bevölkerungspolitischen Konsequenzen (Fassmman/Münz) der Osterweiterung der EU anhand verschiedener makroökonomischer und mikroanalytischer Studien erörtert. Die Autoren vermuten, dass über einen längeren Zeitraum hinweg gesehen, die Länder Ostmitteleuropas ein "eher zurückgehendes" (S.89) Migrationspotential haben werden, dass u.U. Wanderungsbewegungen sich durch den Beitritt zur EU im Jahre 2005 Wanderungsbewegungen sogar umkehren werden so "dass einige Staaten Ostmitteleuropas in 10-15 Jahren selbst versuchen werden, Arbeitskräfte anzuwerben"(S.89).

Auch in dem Beitrag von Franz Nuscheler geht es um eine realistische Abschätzung von Nord-Südmigrationsprozessen und um eine Kritik an gängigen Erklärung zum "globalen Marsch", der aus seiner Sicht nicht zu einem Massenexodus, sondern mehr zu einer Elitenmigration (S.117) führen dürfte.

Martin/Lowell verdeutlichen die Einwanderungspolitik der USA für Hochqualifizierte und arbeiten Wandlungsprozesse der Immgrationsprozesse heraus. Sie konstatieren einerseits den bleibenden Sogeffekt der USA für hochqualifizierte Arbeitskräfte, verdeutlich aber auch den Wandel des Aufenthaltstatus der Migranten: "Es gibt vermehrt Migration auf der Basis temporärer Visa mit Aussicht auf einen dauerhaften Status innerhalb eines zumutbaren Zeitraums"(S.136).

Last not least wenden sich Renner und Niessen in ihren Artikeln dem europäischen Asyl- und Füchtlingsrecht und der Einwanderungspolitik zu.

Diskussion

Als roter Faden zieht sich durch die Beiträge die Frage nach einer menschenwürdigen Migrationspolitik, nach Regelungen der Flüchtlings- und Asylprozesse, aber auch von allgemeinen Migrationsbewegungen, die sich nicht nur an ordnungsstaatlichen, restriktiven Maßnahmen zur Abschottung- oder Null-Zuwanderungs- Politiken orientieren.

Es geht in den Beiträgen letztlich um politische Zielvorstellungen, um die Ausformulierung von "Zuwanderungspolitiken parallel zu Flüchtlingspolitiken" (Niessen, S.229). Es gebt aber auch um eine Versachlichung der emotionsbeladen Diskussion um Zuwanderung und um die "Gestaltung von Migration und Integration", wie es Johannes Rau in seinem Geleitwort (S.7) formuliert.

Hierzu leistet der Sammelband einiges. Er regt an, informiert und zeigt Alternativen , so insbesondere Alt/Cyrus in ihrem Beitrag zur Situation illegaler Migranten.

Man merkt den Artikeln den aufklärerischen Impetus an. Die sozialpolitische Dimensionierung der Migrationsprobleme erscheint im Kontext der Dominanz ordnungspolitischer nationaler und internationaler Vorstellungen durchaus als ein wichtiger Beitrag zur Erweiterung der Debatte und inhaltlichen Fundierung. Gerade der Blick über den eigenen Gartenzaun weitet die Perspektive.

Migrationstheoretisch ist dieser Sammelband jedoch weniger ergiebig. Letztlich verbleibt er theoretisch auf der Ebene der Erörterung von push-pull-Faktoren, diskutiert demographische Entwicklungen, greift jedoch kaum die Binnenprobleme von Migrationsprozessen auf.

Als Migrationsreport kann er jedoch als ein impulssetzender Beitrag in der Debatte um das Zuwanderungsgesetz und den notwendigen nationalen und europäischen Antworten auf Migrationsfragen gelesen werden. Hier will der Sammelband engagiert Perspektiven aufzeigen und fordert zu einer Neugestaltung der Einwanderungspolitik auf, da "ungelöste Probleme und parteiliche Differenzen in nahezu allen Bereichen der deutschen Migrationspolitik bestehen (Bade/Münz, S.22).

Fazit

Insgesamt ein aktueller Diskussionsbeitrag zum (kommenden) Einwanderungsgesetz und für die politische Debatte und eigene Positionsgewinnung ein nachdenklich stimmender Beitrag. Ob diese Politikberatung allerdings fruchtet, dies sei dahingestellt. Doch werden Ansätze skizziert, die vielleicht dazu beitragen können, die festgefügten Auffassungen um die "richtige" Migrationspolitik zu überprüfen.

Rezension von
Prof. Dr. Friedhelm Vahsen
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Es gibt 56 Rezensionen von Friedhelm Vahsen.

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ISSN 2190-9245