Carola Otterstedt: [..] Begleiter von Schwerkranken, Schlaganfall-, Komapatienten und Demenz-Betroffenen
Rezensiert von Prof. Dr.rer.medic. Christa Winter von Lersner, 19.09.2006
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Carola Otterstedt: Der verbale Dialog. Für Begleiter von Schwerkranken, Schlaganfall-, Komapatienten und Demenz-Betroffenen mit Anregungen zur kreativen Gesprächsgestaltung. Verlag modernes lernen Borgmann GmbH & Co. KG. (Dortmund) 2005. 416 Seiten. ISBN 978-3-8080-0570-5. 22,50 EUR. CH: 39,60 sFr.
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Einführung und Gesamteindruck
Es ist ein besonderes Buch zu einem besonderen Thema. Das Buch zeigt in gleicher Weise für professionell und informell begleitende Personen Wege zu einer dialogischorientierten Begleitung von chronisch erkrankten oder sterbenden Menschen auf.
Schmerzreduktion und Schmerzvermeidung bilden dabei den Hintergrund für einen verbalen Dialog, der den Betroffenen mehr Lebensqualität vermitteln soll. Bei der Lektüre des Buches werden der Leser und die Leserin immer wieder in überraschender Weise zum Perspektivenwechsel auf die Sichtweise und die spezifische Situation des behinderten oder erkrankten Menschen aufgefordert. Es geht der Autorin in dem Buch vor allem um die Anregung der Sinne, um eine differenzierte Wahrnehmungseinstellung und Wahrnehmungssensibilisierungund schließlich um eine einfühlsame Körpersprache in der Begegnung mit Betroffenen.
Autorin und Hintergrund für die Entstehung des Buches
Dr. Carola Otterstedt ist Verhaltensforscherin, Buchautorin und Fortbildnerin für die Begleitung von kranken und sterbenden Menschen. Ein wichtiges Erfahrungsfeld ist die Einbeziehung von Tieren in Pädagogik und Therapie. Anliegen der Autorin ist es, professionellen Begleitern, ehrenamtlichen Helfern und Angehörigen ein Buch in die Hand zu geben, das klientenbezogen und praxisnah eine "Begleitung jenseits von Waschen, Windeln, Magensonde und Tschüss." (S.10) ermöglicht und dem Betroffenen mehr Lebensqualität schenkt.
Zielgruppen
Das Buch spricht diejenigen an, die sowohl beruflich wie auch ehrenamtlich oder als Angehörige schwerkranke, Schlaganfall-, Komapatienten und Demenz-Betroffene begleiten. Der Leser findet vielfältige Anregungen für eine kreative Gesprächsgestaltung.
Aufbau und Inhalte
Das Buch enthält acht Kapitel, es folgt ein Verzeichnis weiterführender Literatur, ein Index- und ein Adressenverzeichnis. Am Ende des Buches ist ein Index der im Buch eingesetzten unterschiedlichen Übungen angefügt: Gefühle erspüren (S.80); dem Atem nachspüren (S.87); Nähe und Distanz (S.100); das persönliche Körperbild (S.111); kleine Übung zum Körperkontakt (S.113); Gesprächsgestaltung (S.139); Lichtmeditation (S.277); spontanes Zeichnen ( S.283); Phantasiereise (S. 306); Annäherung an einen Meditationstext (S. 312) und Meditation: Bitte um Vergebung der Schuld (S.341).
- Kapitel 1 „Der Dialog im veränderten Alltag“ gibt eine Grundlegung des Dialoges in einem durch Krankheit und Leiden veränderten Alltages. Hier geht es einerseits um die entlastende Funktion der Tagesstrukturierungen (Zeit, Raum, Person) für den Betroffenen, andererseits um die Flexibilität im Umgang mit elementaren Bedürfnissen des kranken Menschen. Es geht um Chancen und Grenzen der Re-Integration in Partnerschaft und Familie, um die Probleme professioneller und nicht-professioneller Helfer, um den Umgang mit Schmerz und um die Möglichkeiten eines ambulanten und stationären Hospizdienstes.
Die folgenden Kapitel bauen auf den grundlegenden Beschreibungen des ersten Kapitels auf und ziehen Linien nach verschiedenen Richtungen:
- "Leben aktiv gestalten wollen", Kapitel 2,
- Sinnvolles Erleben des Alltags, Kapitel 3,
- "die Gesprächsgestaltung" (wichtig: Nicht bedingungslos, S.151-152, Kapitel 4),
- "der Dialog zwischen Arzt und Patient - nicht nur für Ärzte", Kapitel 5, "
- die vielfältigen Möglichkeiten der Kommunikation mit Schwerkranken" , Kapitel 6.
- Die beiden Schlusskapitel, "kreative dialogische Gestaltungsmöglichkeiten", Kapitel 7 und "Miteinander "Abschiednehmen", Kapitel 8, enthalten eine Fülle von Anregungen zu kreativen dialogischen Gestaltungsmöglichkeiten (Arbeiten mit Farben, mit Musik, Lesereisen, Phantasiereisen, Meditationen, Kapitel 7) und Anregungen zum Abschiednehmen (bildnerische und rituelle Gestaltung des Abschieds, Umgang mit Schuld und Trennung, Kapitel 8).
Einschätzung und Fazit
Die Stärke des Buches ist die Fülle der Anregungen zur Gestaltung der Begleitung von kranken, behinderten und sterbenden Menschen. Hier kommt die offensichtliche breite Erfahrung der Autorin in der Fortbildung zum Tragen. Diese Stärke ist zugleich die Schwäche des Buches. Es fehlt ein spezifischer Bezug auf bestimmte Gruppen, die in diesem Erfahrungs- und Arbeitsfeld professionell, ehrenamtlich oder als Angehörige tätig sind. Entsprechend gering ist der Bezug des Buches z.B. auf den jeweiligen innerprofessionellen Fachdiskurs. Es gibt eben doch außer vielen Gemeinsamkeiten signifikante Unterschiede in der Aufgabe, der Zielsetzung und der Methodik von Dialogen, die Ärzte, Pflegende, Psychotherapeuten, Neuropsychologen, Seelsorger, Ergotherapeuten, Sozialarbeiter, ehrenamtliche Helfer etc. mit Patienten führen!
Mit dieser Einschränkung ist das Buch allen zu empfehlen, die beruflich, ehrenamtlich oder als Angehörige die Betroffenen begleiten.
Rezension von
Prof. Dr.rer.medic. Christa Winter von Lersner
Hochschullehrerin Hochschule Fulda, Fachbereich Pflege und Gesundheit
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