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Matthias Weber, Herbert Schilling (Hrsg.): Eskalierte Elternkonflikte

Rezensiert von Magª (FH) DSA Christine Haselbacher, 08.04.2008

Cover Matthias Weber, Herbert Schilling (Hrsg.): Eskalierte Elternkonflikte ISBN 978-3-7799-0769-5

Matthias Weber, Herbert Schilling (Hrsg.): Eskalierte Elternkonflikte. Beratungsarbeit im Interesse des Kindes bei hoch strittigen Trennugen. Juventa Verlag (Weinheim) 2006. 292 Seiten. ISBN 978-3-7799-0769-5. 24,00 EUR.

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Thema

Im Jahre 1991 eröffnete die Bundeskonferenz für Erziehungsberatung in Deutschland eine grundlegende Diskussion über Trennungs- und Scheidungsberatung. Bezugnehmend auf das Buch "Kinder im Scheidungskonflikt – Beratung von Kindern und Eltern bei Trennung und Scheidung", werden in vorliegendem Werk Eckpunkte und wichtige Fragen zu dieser Thematik aufgeworfen und weiterbehandelt. Besonders im Blickpunkt steht die Kindschaftsrechtreform von 1998, worauf gezielt auf die Bedürfnisse der Kinder eingegangen wird.

Ausgangspunkt dieses Buches waren Überlegungen von ExpertInnengruppen aus Erziehungs- und Familienberatung. Ausschlaggebend war der dynamische Anstieg von Beschäftigungen an Familiengerichten und Jugendämtern. Diese vermittelten die Anliegen und Problemstellungen zwar an jeweilige Erziehungsberatungsstellen, die jedoch adäquate Ressourcen nicht mobilisieren und entscheidende Veränderungen nicht bewirken konnten. Des Weiteren waren die ExpertInnen sehr bemüht, Vernetzungen zu Wissenschaft und Justiz herzustellen und einen öffentlichen Diskurs in die Wege zu leiten. Diese Arbeit erstreckte sich über drei Jahren Expertisenaustausch.

Aufbau

Dieses Werk ist in drei großen Abschnitten strukturiert. Zunächst wird auf den Begriff "Hochstrittigkeit" nicht nur näher eingegangen, sondern auch der Umgang damit in Wissenschaft und Praxis wird erläutert.

In Folge wird zentral auf das Wohl der Kinder bei eskalierten Elternkonflikten eingegangen. Der letzte Abschnitt fokusiert die Beratung dieser Fälle und ihre diesbezüglichen Anforderungen. Im Anhang werden Stellungnahmen und Lösungsvorschläge von ExpertInnen und der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung zur Beratung hochstrittiger Eltern zusammengefasst.

1. Abschnitt: Hoch strittige Elternsysteme in der Trennungs- und Scheidungsberatung

  • Dietrich,Peter / Paul, Stephanie. In diesem Kapitel geht es um die Komplexität eskalierter Elternkonflikte, die in Trennung bzw. Scheidung leben. Die Zusammenhänge erweisen sich als sehr differenziert zu betrachten, da die AutorInnen von "multiplen Kontexten" und größeren Systemen sprechen, beispielsweise Verwandtschaft, Gerichte und/oder Beratungsstellen in die Überlegungen zu inkludieren sind.
  • Alberstötter, Uli. Der Autor stellt das dreistufige Eskalationsmodell ausführlich vor, welches zur passenden Handlungsorientierung verhelfen soll. Weiters wird zentral auf die Rolle der ProfessionistInnen eingegangen.
  • Spengler, Peter. Hier wird erstmals ein Augenmerk auf die betroffenen Kinder gerichtet. Darüber hinaus werden pädagogisch-therapeutische Grundüberlegungen vorgestellt, wie man/frau zum kleinsten gemeinsamen Nenner kommen kann. Somit spricht er Kreativität als Grundwerkzeug für die Rolle der HelferInnen an. Auch Definitionen und Rechtsbegriffe lässt er in seinen Ausführungen miteinfließen.
  • Dietrich, Peter / Paul, Stephanie. Zunächst wird in diesem Kapitel auf US-amerikanische Interventionskonzepte hingewiesen, da es in Deutschland an diesen mangelt. Besonders werden dort Empathie und konstruktive Konfliktlösungsmöglichkeiten und –strategien betont. Somit gilt es auf die individuelle familiäre Situation einzugehen und danach adäquate Hilfsmaßnahmen einzusetzen.

2. Abschnitt: Kinder in der Beratung bei eskalierten Elternkonflikten

  • Weber, Matthias. Grundsätzlich geht es in diesem Kapitel um die UN Kinderrechtskonvention von 1989. Neben gesetzlichen Grundlagen hebt der Autor besonders Art. 12 der Kinderrechtskonvention hervor. Er setzt sich kritisch mit den Beteiligungsformen von Kindern bei Scheidungsangelegenheiten auseinander.
  • Müller, Rita. Grundlagen in diesem Kapitel sind Unterschide zwischen der Arbeit im Kontext der Freiwilligkeit oder des Zwangskontextes, das Thema "Verschwiegenheitspflicht" und die Aufgaben des/der VerfahrenspflegerIn. Wichtige Standpunkte der Autorin sind die Bedeutung der Kooperationen herangezogener Professionen, die Qualifizierung der MitarbeiterInnen, die Wichtigkeit der Öffentlichkeitsarbeit verschiedenster Angebote,  die Beratung und Therapie in der Vorscheidungs- und Nachscheidungsphasen, sowei das Kennen lernen und Akzeptieren der Vielfältigkeit von Familienkonstellationen als "familiale Normalität".
  • Müller, Paul-Gerhard. Ausgegangen wird von psychologischer Diagnostik zum Kindeswohl im Rahmen von Trennungs- und Scheidungsberatung. Weiters meint der Autor, dass eine gute Vernetzung zwischen Jugendamt und Familiengericht wesentlich ist zur außergerichtlichen Einigung beiträgt. Auch Zivilcourage und sozialer Mut sollten Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligten sein.
  • Löcher, Sandra. Zentral werden hier spieltherapeutische Konzepte vorgestellt, sowie auf die Subjektstellung des Kindes näher eingegangen. Weiters scheint für die Autorin die Stärkung der Situation des Kindes und dessen Interessen unumgänglich. Das Kind sollte in Trennungs- und Scheidungssachen partizipieren und auch passende Bewältigungsstrategien miterarbeiten.
  • Behrenbruch-Walz, Christine. Zunächst erfolgt eine punktierte Aufzählung der Arbeitshypothesen zur Begründung von Familiensitzungen und deren Lernziele. Es wird ein möglicher Verlauf beschrieben – Einladung, Vorbereitung des Gespräches und der Gesprächsverlauf selbst. Abschließend schreibt die Autorin über das Nachgespräch alleine mit dem Kind, welches die wahren Aufschlüsse der gegenwärtigen Familiensituation gibt.
  • Hinger, Otfried / Meixner, Birgit. Dieses Kapitel erläutert die Entstehungsgeschichte der Gruppen-Interventions-Programme für Scheidungskinder.

3. Abschnitt: Neue Herausforderungen an die Beratungsarbeit bei Hochstrittigkeit

  • Alberstötter, Uli. "Wer nicht für mich ist, ist gegen mich" Der Autor arbeitet gern mit Metaphern, wobei es ihm meist um die Wichtigkeit der Kooperation verschiedenster Institutionen geht. Weiters wird das dreistufige Eskalationsmodell erklärt und nochmals auf den Prozess der Kooperation eingegangen.
  • Weber, Matthias. Zunächst folgt ein geschichtlicher Einstieg über die Entstehung des Vertrauensschutzes und die Erläuterung wichtiger Gesetzestexte. Für HelferInnen gibt der Autor Orientierung in Bezug auf die Schweigepflicht und äußert sich kritisch gegenüber deren Handhabe.
  • Menne, Klaus. Der Autor weist auf einer eher theoretische Ebene auf eine  Beratungssituation hin, durchleuchtet mit vielen Gesetzespassagen. Auch der negative Einfluss der Scheidung auf das Kind wird mehrmals hervorgehoben. Weiters meint er, dass manche Konflikte auch ohne Scheidung zu bewältigen sind.
  • Loschky, Anne / Nölke-Hartz, Birgit. Die Autorinnen geben aufgrund ihrer Erfahrungen einen "Wegführer" als mögliche Hilfestellung für die Beratungsarbeit. In diesem Kapitel wird auch viel mit Metaphern gearbeitet und auf die Schwierigkeiten und Anstrengung aller Beteiligten hingewiesen.
  • Alberstötter, Uli. Nochmals wird auf die Eskalationsstufen eingegangen, im Bezug auf die eigenen Erfahrungen. Wichtig ist dem Autor die verstärkte Zusammenarbeit innerhalb der Organisationen, sowie die Dokumentation und Transparenz des/der BeraterIn selbst.

Zielgruppen

  • HelferInnen (SozialarbeiterInnen,PädagogInnen, PsychologInnen, SoziologInnen, MentorInnen,…)
  • Gerichte (RichterInnen, JuristInnen, VerfahrenspflegerInnen,…)
  • Betroffene bzw. interessierte Eltern
  • Wissenschaftler-Innen
  • StudentInnen

Diskussion

Alle AutorInnen haben einen praxisnahen Bezug zu diesem Feld, was in der Schilderung vieler Fallbeispiele und persönlicher Erfahrungen deutlich wird. Weiters ist aufgefallen, dass theoretisches Hintergrundwissen und Fachvokabular der AutorInnen fundiert und auf neuem Stand zur Verfügung gestellt werden. Im Allgemeinen ist der Aufbau des Buches strukturiert und übersichtlich. Die Inhalte sind meist verständlich. Die Einleitung gibt erste Aufschlüsse und Erkenntnisse über den Ablauf des Werkes. Neben dem Theorieinput vertiefen Fallbeispiele, sowie Abbildungen und Metaphern den Lese- und Lernprozess. Dieses Buch ist nicht nur eine qualifizierte Literatur und informativ für den Helferstatus bestimmter Einrichtungen, sondern auch aufschlussreich für Interessierte.

Fazit

Das Buch "Eskalierte Elternkonflikte" ist unserer Meinung nach eine mögliche Chance, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Dem/Der LeserIn werden wichtige Sachverhalte (z. B Gesetzestextes, UN-Kinderrechtskonvention) leicht verständlich näher gebracht. Persönliche Erfahrungen der AutorInnen runden das Buch ab.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass dieses Buch für Interessierte dieser Materie eine Bereicherung darstellt.

Rezension von
Magª (FH) DSA Christine Haselbacher
FH-Dozentin, Bereich Soziale Arbeit, Fachhochschule St. Pölten GmbH
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Es gibt 9 Rezensionen von Christine Haselbacher.

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Kommentare

Anmerkung der Redaktion: Bei der Erarbeitung der Rezension haben auch mitgewirkt: Karoline Bendikt und Katharina Schwarzl, Fachhochschule St. Pölten, Studiengang Soziale Arbeit, Handlungsfeld Altersdifferenzierung, Scheidung, Trennung, Zweitfamilie.


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ISSN 2190-9245