Svenja Sachweh: Effektive Kommunikation in der Altenpflege
Rezensiert von Dr. phil. Dipl.-Psychol. Sven Lind, 05.11.2002

Svenja Sachweh: "Noch ein Löffelchen" - Effektive Kommunikation in der Altenpflege. Verlag Hans Huber (Bern, Göttingen, Toronto, Seattle) 2002. 312 Seiten. ISBN 978-3-456-83588-4. 29,95 EUR. CH: 48,90 sFr.
Seit Erstellung der Rezension ist eine neuere Auflage mit der ISBN 978-3-456-85039-9 erschienen, auf die sich unsere Bestellmöglichkeiten beziehen.
Zur Thematik und Vorgeschichte des Buches
Deutschland altert. Die wachsende Zahl an Einrichtungen der Altenhilfe im ambulanten und stationären Bereich, die neuen Wohnformen für Senioren und letztlich auch die Ausweitung der wissenschaftlichen Analysen und Bearbeitungen altenspezifischer Themen sind Indizien für diesen demographischen Wandel. In diesem Kontext verwundert es dann auch nicht, wenn eine Sprachwissenschaftlerin ihre Doktorarbeit über die Kommunikation zwischen Pflegekräften und den gebrechlichen alten Menschen in einem Altenpflegeheim verfasst. Svenja Sachweh hat dabei ein halbes Jahr die Frühschicht in einem Heim in Süddeutschland mit Mikrofon und Aufnahmegerät begleitet. 40 Stunden "Kommunikation" wurden dabei erfasst, die ca. 1000 Seiten Gesprächsprotokolle ergaben. Das vorliegende Buch ist eine Überarbeitung ihrer Dissertation, die im Peter Lang Verlag (Frankfurt am Main) mit dem Titel "Schätzle hinsitze!" erschienen ist.
Inhalt
Teil I des Buches befasst sich allgemein mit dem Sprachgebrauch in der Altenpflege.
In 8 Kapiteln werden folgende Themenstellungen abgehandelt: Kommunikation als Schlüsselqualifikation in der Pflege, Sprechen mit und Sprechen über Bewohner,
Humor, die Anrede, das Krankenschwester-Wir, die Babysprache in der Altenpflege und Umgang mit Konflikten.
Im Teil II stehen die Alterskrankheiten und ihre Folgen für die Kommunikationsfähigkeit im Mittelpunkt der Darstellung, wobei folgende Alterskrankheiten jeweils in abgeschlossenen Kapiteln hinsichtlich ihrer spezifischen Kommunikationsstrukturen erläutert werden: Schwerhörigkeit, Blindheit, Depressivität, Parkinson, die verschiedenen Formen der Aphasie, Demenzen und die Stummheit
Jedes Kapitel ist dabei gegliedert in folgende Abschnitte: Krankheitsbild, Auswirkungen auf die Kommunikationsfähigkeit, Beispiele aus ihrer eigenen Erhebung und Zusammenfassung und Tipps.
Kritische Würdigung
Die vorliegende Arbeit besitzt Qualitäten, die gegenwärtig in vielen Publikationen im Bereich der Altenhilfe geradezu schmerzhaft vermisst werden: eine angemessene Gegenstandserfassung mittels Erhebung und Analyse der Daten, allgemeinverständlicher Interpretation und letztlich der Vermittlung in Gestalt einer praxisnahen Darstellung.
Und das in einem höchst sensiblen und zentralen Bereich des Miteinanders im Heim, der Kommunikation zwischen Pflegekräften und Bewohnern.
Es kann fast schon etwas emphatisch angemerkt werden, dass durch diese Untersuchung ein weitgehender Einblick in die Institution Alten- und Pflegeheim als Lebens- und Arbeitswelt geschaffen wurde, der überwiegend positive Seiten enthält. Hier wurde regelrecht ein Fenster in eine für die meisten Menschen fremde Welt geöffnet.
Der Autorin ist es gelungen, nicht nur gemäß den wissenschaftlichen Richtlinien Interaktionen und Reaktionsweisen zwischen 2 Personengruppen zu dokumentieren, sondern darüber hinaus ist es ihr auch gelungen, durch ihren für eine Außenstehende recht langen Aufenthalt im Heim die Logik und die Sachzwänge der Interaktionsprozesse als konkretes Heimgeschehen zu verstehen. Entsprechend sensibel, praxisnah und einfühlend sind dann auch ihre Empfehlungen und Ratschläge.
Zu dem Buch lässt sich sagen, dass die Gliederung übersichtlich gehalten ist, die Ausführungen sind allgemeinverständlich und somit regelrecht zielgruppenorientiert gehalten.
Karikaturen, Fotos, farblich abgesetzte Beispiele und eine Reihe von Abbildungen erleichtern die Vermittlung der Inhalte und lockern das Ganze etwas auf.
Fazit
Das vorliegende Buch verdient wegen seiner bisher kaum erforschten Inhalte einen breiten Leserkreis. Es wird m. E. zur Versachlichung der fachlichen Diskussion in Hinsicht auf die Vielzahl von Modellen, Konzepten und Ideenkonstrukten besonders im Bereich der Pflege und Betreuung Demenzkranker beitragen.
Rezension von
Dr. phil. Dipl.-Psychol. Sven Lind
Gerontologische Beratung Haan
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Zitiervorschlag
Sven Lind. Rezension vom 05.11.2002 zu:
Svenja Sachweh: "Noch ein Löffelchen" - Effektive Kommunikation in der Altenpflege. Verlag Hans Huber
(Bern, Göttingen, Toronto, Seattle) 2002.
ISBN 978-3-456-83588-4.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/413.php, Datum des Zugriffs 04.12.2023.
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