Heike Alsleben, Iver Hand (Hrsg.): Soziales Kompetenztraining
Rezensiert von Prof. Dr. Hans-Peter Michels, 09.02.2008
Heike Alsleben, Iver Hand (Hrsg.): Soziales Kompetenztraining. Gruppentherapie bei sozialen Ängsten und Defiziten.
Urban & Fischer in Elsevier
(München, Jena) 2006.
360 Seiten.
ISBN 978-3-437-23800-0.
44,95 EUR.
Mit 1 CD-ROM.
Thema
In den letzten Jahren sind einige kognitiv-verhaltenstherapeutisch orientierte Programme zur Behandlung von Sozialer Phobie erschienen. Diese stellen kognitive Faktoren gegenüber anderen Aspekten in den Vordergrund, da fast immer das kognitive Störungsmodell von Clark & Wells als Grundlage zur Modellierung Sozialer Phobien dient. In erster Linie werden deshalb Kognitionen und dysfunktionale Selbstbewertungen der betroffenen Personen für Entstehung und Aufrechterhaltung der Ängste verantwortlich gemacht.
Dem zufolge sind die Interventionsmethoden auf die Modifikation von Kognitionen ausgerichtet. Vor allem die Aufdeckung und Umstrukturierung von negativen Eigenbewertungen soll zur dauerhaften Reduzierung der Ängste führen. Das Interaktionsverhalten oder spezifische Kompetenzdefizite der Sozialphobiker werden dagegen kaum beachtet.
Die Herausgeber Alsleben und Hand legen ein Programm vor, das neben diesen kognitiven Komponenten der Ängste auch auf die sozialen Kompetenzen fokussiert. Sie beziehen sich auf folgende Tradition in der Verhaltenstherapie: In den 1960er und 1970er Jahren hatten sich Verhaltenstherapeuten ausgiebig mit Fragen der Selbstunsicherheit und Kompetenzdefiziten in Bereichen wie "Herstellen von Kontakt", "Äußern von Wünschen", "Stellen von Forderungen" u.ä. beschäftigt. Für diese Bereiche wurden Selbstsicherheitstrainings entwickelt, die in standardisierter oder individualisierter Weise in der Therapie eingesetzt worden sind.
Inhalte
Das Soziale Kompetenztraining (SKT) ist sowohl für die Einzeltherapie wie für die Gruppentherapie entwickelt worden. Das Programm eignet sich für Patienten mit sozialen Defiziten, soziophobischen Ängsten, Errötungsangst, Zitterphobie, aber auch für Personen mit psychosomatischen Beschwerden (z.B. Kopfschmerzen, Globusgefühl) oder einer leichten sekundären Depression. Dagegen sollte das SKT weder bei Zwangsstörungen, ausgeprägter Depression oder Agoraphobie, Psychosen noch bei Essstörungen eingesetzt werden.
Die Autoren geben eine kurze Übersicht über verschiedene Modelle sozialer Ängste und legen detailliert die Anleitungen zur Durchführung des SKT dar.
Im Kapitel 5, welches den Schwerpunkt des Buches darstellt, werden ausführlich die "Bausteine des sozialen Kompetenztrainings" vorgestellt.
- Themenbereich A ist der Angstbewältigung gewidmet, z.B. werden Übungen zur Wahrnehmungs- und Diskriminierungsfähigkeit, zum Angstmanagement oder zum " Im-Mittelpunkt-Stehen" erläutert.
- Themenbereich B "Erhöhung sozialer Kompetenzen" beinhaltet Übungen zur Kontaktaufnahme, Gesprächsführung, Durchsetzungs- und Abgrenzungsfähigkeit, Kritik- und Konfliktfähigkeit, Loben sowie Forderungen-stellen und Wünsche-äußern.
- Mit weiteren Übungen (Themenbereich C) sollen die jeweiligen Hintergrundprobleme der Patienten behandelt werden: Eine individuelle Problemlösestrategie in sieben Schritten sowie ein Training zum Aktivitätsaufbau werden dargestellt. Die Betroffenen sollen befähigt werden ihre sozialen Ängste besser zu verstehen. Ebenso sollen sie in die Lage versetzt werden, ein passendes Störungsmodell bezogen auf ihre je spezifische Problematik zu entwerfen.
Anschließend folgt die Erörterung von schwierigen Situationen, die in der Therapie auftreten können, damit Therapeuten angemessene Interventionen lernen.
In weiteren Kapitel werden Themen angesprochen, die bei der Behandlung von Patienten mit sozialen Ängsten eine zentrale Rolle spielen: z.B. Fragen der Medikation, Entspannungsverfahren sowie Selbsthilfeangebote.
Am Schluss wird kurz auf den klinischen und wissenschaftlichen Kontext des Programms eingegangen. Ausführlich werden die Diagnostik sowie die Evaluation beschrieben.
Zielgruppen
Das Buch von Alsleben und Hand wendet sich in erster Linie an Psychotherapeuten, Klinische Psychologen sowie in Ausbildung befindliche Psychotherapeuten.
Sozialarbeiter und -pädagogen profitieren ebenfalls von diesem Buch, denn ein Teil der Übungen - etwa zur Kontaktaufnahme, Gesprächsführung u.ä. kann auch bei Klienten aus dem nichtklinischen Bereich eingesetzt werden.
Fazit
Das Buch zur Gruppentherapie bei sozialen Ängsten und Defiziten ist besonders deshalb zu empfehlen, weil es detaillierte Beschreibungen von Übungen zum Aufbau sozialer Kompetenzen enthält. Es stellt eine wichtige Erweiterung zu den Verfahren zur Umstrukturierung von dysfunktionalen Kognitionen dar.
Rezension von
Prof. Dr. Hans-Peter Michels
Dipl.-Psychol.
Es gibt 40 Rezensionen von Hans-Peter Michels.
Zitiervorschlag
Hans-Peter Michels. Rezension vom 09.02.2008 zu:
Heike Alsleben, Iver Hand (Hrsg.): Soziales Kompetenztraining. Gruppentherapie bei sozialen Ängsten und Defiziten. Urban & Fischer in Elsevier
(München, Jena) 2006.
ISBN 978-3-437-23800-0.
Mit 1 CD-ROM.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/4495.php, Datum des Zugriffs 23.01.2025.
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