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Verein zur Erforschung der Geschichte der Juden in Blankenese (Hrsg.): [...] Das jüdische Kinderheim Blankenese 1946-1948

Rezensiert von Dr. Christiane Ebert, 12.03.2007

Cover  Verein zur Erforschung der Geschichte der Juden in Blankenese (Hrsg.): [...] Das jüdische Kinderheim Blankenese 1946-1948 ISBN 978-3-9810907-5-8

Verein zur Erforschung der Geschichte der Juden in Blankenese (Hrsg.): "Kirschen auf der Elbe" Das jüdische Kinderheim Blankenese 1946-1948. Klaus Schümann Verlag (Hamburg) 2006. 160 Seiten. ISBN 978-3-9810907-5-8. 12,80 EUR.
Übersetzt aus dem Hebräischen von Alice Krück und durchgesehen von Michael K. Nathan. Nach der hebräischen Originalausgabe "Duvdevanim al Ha-Elbe", hrg. von Jizchak Tadmor, Givat Haviva 1996.

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Einführung in das Thema

Inzwischen gibt es umfangreiche Literatur über gerettete europäische Juden. Allerdings ist über das Leben von jüdischen Waisenkindern in der Nachkriegszeit bisher wenig bekannt. Der Inhalt dieses Buches erweitert den Horizont zu diesem Thema auf eindruckvolle Weise, indem es Erzieher, Lehrer und Kinder aus einem Auffang- und Übergangsheim selbst zu Wort kommen lässt.

In der Nachkriegszeit hielten sich 184.000 Juden im Land der Täter auf. Darunter befanden sich Überlebende aus den NS-Lagern, aber auch jüdische Flüchtlinge aus Osteuropa, die nach Westen geflohen waren. Diese Menschen hatten während des Krieges im sowjetischen Exil, im Untergrund oder als Partisanen in den Wäldern überlebt - davon etwa 25.000 Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre. Eltern und Geschwister der Kinder waren teilweise ermordet oder auf der Flucht erschossen worden, sie selbst ständig in Todesangst, unterernährt und gedemütigt. Sie hatten weder den Kindergarten noch eine Schule besucht oder eine Lehre absolviert. Das Verhalten der jüdischen Jungen und Mädchen unterschied sich aufgrund ihrer Erlebnisse während der Verfolgung fundamental von denen anderer Kinder gleichen Alters.

Ein besonderes Kapitel dieser Geschichte taucht in dem 1996 in Israel auf Hebräisch erschienenen Buch auf, dessen deutsche Übersetzung vom "Verein zur Erforschung der Geschichte der Juden in Blankenese" realisiert wurde: Die Erinnerungen von damaligen Betreuern und Kindern an das "Warburg Children Health Home" auf dem Kösterberg, in dem von 1946 bis 1948 jüdische Kinder gepflegt wurden.

Herausgeber und Entstehungshintergrund

Jizchak Tadmor hat das Buch nach einem Treffen der "Blankeneser Kinder" im Hause Weizman im Jahre 1996 herausgegeben. Die Ehefrau des israelischen Staatspräsidenten, Frau Reuma Weizman, war eine der verantwortlichen Leiterinnen des damaligen Kinderheimes. Für die deutsche Ausgabe schreibt er im Vorwort: "Es freut mich, dass das Buch jetzt in deutscher Sprache erscheint und dass die Heime der überlebenden Kinder im Deutschland der Jahre 1945-1948 endlich den angemessenen Platz in der historischen Forschung finden."

Der Verein zur Erforschung der Geschichte der Blankeneser Juden, welcher 2003 gegründet wurde, entdeckte bei seinen Recherchen die frühere Existenz des "Warburg Children Health Home" der Jahre 1946-1948 in Blankenese. Um an die vergessene Geschichte dieser Zeit zu erinnern, organisiert der Verein Ausstellungen, Begegnungen und gibt jetzt dieses Buch in überarbeiteter Form in deutscher Sprache heraus.

Aufbau und Inhalt

"Woran ich mich aber erinnere (...) Ein kleines Paradies, schöner als alles, wovon wir geträumt hatten, empfing uns." (S. 148) So oder ähnlich beschreiben viele der ehemaligen "Kinder aus Blankenese" ihre ersten erinnerten Eindrücke in den über 30 Beiträgen. Sie stellen ein vielschichtiges Bild der damaligen Situation und des Erlebens dar. Beim Lesen fügt sich ein Puzzlestück an das andere, der Leser bekommt Einblick in die Wirklichkeit damals.

Zu Beginn wird zum geschichtlich-politischen Hintergrund und zur Entstehung des Kinderheimes eine Grundlage für den Leser geschaffen. Die anschließenden Berichte der Betreuer und Erzieher zeigen deren Engagement für ein Genesen und eine bessere Zukunft für die Kinder und die nachfolgende Generation im Hinblick auf einen eigenen Staat. Sie sollen vorbereitet werden für die Ausreise nach Palästina. Durch die folgenden Aufsätze der ehemaligen Jugendlichen und Kinder wird das Bild der Situation vervollständigt. Ergänzt werden die Erfahrungsberichte um ein 30seitiges Lexikon, in dem Fachbegriffe und jüdische Ausdrücke erklärt werden, um Dokumente und Listen, sowie um zahlreiche, den Text sehr gut aufschließende Fotos.

Fazit

Die durch die zahlreichen Autoren bedingte stilistische Vielfalt erschwert und bremst manchmal das Weiterlesen. Doch man wird mit jedem Aufsatz belohnt, denn die Geschichte erschließt sich dem Lesenden mehr und mehr. Für Interessierte und Forschende unserer gemeinsamen europäischen Vergangenheit ein lesenswertes Buch, weil das Erleben und Empfinden von überlebenden jüdischen Kindern von Betroffenen selber anschaulich gemacht und erinnert wird.

Rezension von
Dr. Christiane Ebert
Diplompädagogin und Physiotherapeutin, Interessenschwerpunkt: Umgang mit Zeit

Es gibt 12 Rezensionen von Christiane Ebert.

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ISSN 2190-9245