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Michael Häder: Empirische Sozialforschung. Eine Einführung

Rezensiert von Prof. Dr. Joachim König, 06.03.2007

Cover Michael Häder: Empirische Sozialforschung. Eine Einführung ISBN 978-3-531-14010-0

Michael Häder: Empirische Sozialforschung. Eine Einführung. VS Verlag für Sozialwissenschaften (Wiesbaden) 2006. 497 Seiten. ISBN 978-3-531-14010-0. 19,90 EUR.
Reihe: Lehrbuch.

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Hintergrund und Funktion des Buches

Ob Marktforschung oder Stadtplanung, Politikwissenschaften oder Pädagogik, Soziologie oder Psychologie, Wirtschafts- oder Kommunikationswissenschaften, alle in diesen Bereichen forschende SozialwissenschaftlerInnen brauchen differenzierte und grundlegende Kenntnisse in den Methoden der empirischen Sozialforschung. Die vorliegende Einführung von Michael Häder trägt diesem Bedarf Rechnung. Immer wieder an interessanten und vielfältigen Beispielen aus den unterschiedlichsten Bereichen orientiert, stellt das Buch auf anschauliche Art und Weise theoretische Grundlagen, Arbeitsschritte und Hintergrundwissen zur Konzipierung und Umsetzung von Forschungsprojekten sowie Detailwissen über die Methoden der Erhebung und Auswertung von Daten zur Verfügung.

Das Buch richtet sich daher sowohl an diejenigen, die die Instrumentarien empirischer Sozialforschung entwickeln und anwenden, als auch an Studierende und Dozierende sozialwissenschaftlicher Fachrichtungen an Universitäten und Fachhochschulen. Außerdem erscheint es grundsätzlich auch geeignet für Fachkräfte in der psychosozialen Praxis, die sich mit den Fragen nach empirischen Zugriffen auf die Praxis beschäftigen, für die sie selbst Verantwortung tragen.

Inhaltliche Einblicke in das Buch

Es ist ja nicht gerade einfach, einen Überblick über die Gesamtheit der Methoden empirischer Sozialforschung zu gewinnen. Denn sie sind hoch spezialisiert, oft komplex und decken eine ungeheure Aufgabenpalette ab. Dieses Buch versucht trotzdem eine solche Gesamtschau - und es gelingt vor allem deshalb, weil die durchgängige Argumentation über alle neun Abschnitte des Buches hinweg immer überschaubar, der Zusammenhang erkennbar bleibt und gleichzeitig in vielen Detailfragen zusätzlich auf die relevante Spezialliteratur verwiesen wird.

  1. Der erste Abschnitt sensibilisiert und motiviert auf eine ansprechende Art und Weise: Häder macht an spannenden Beispielen deutlich, dass die Qualität, die Aussagekraft und die Belastbarkeit der Ergebnisse empirischer Forschung nicht nur vom erforschten Sachverhalt, sondern immer und ganz wesentlich auch von einer Vielzahl methodischer Einzelentscheidungen entlang eines Forschungsprojekts abhängig sind.
  2. Der zweite Abschnitt widmet sich der Theorie der Methoden: Die grundsätzliche Logik von Forschung wird diskutiert, die Anforderungen an die Formulierung von sozialen Problemen, Fragestellungen und Hypothesen als Ausgangspunkte für empirische Forschung werden genannt und Unterschiede in der Qualität von Theorien und Gesetzen als deren mögliche Ergebnisse dargestellt.
  3. Im dritten Abschnitt werden Untersuchungsplanung und die Entwicklung eines geeigneten Forschungsdesigns in ihrer enormen Vielfalt und Variationsbreite erläutert. Vor allem wird hier - an interessanten Beispielen demonstriert - deutlich, dass jede Fragestellung mit einer für sie maßgeschneiderten Methodik bearbeitet werden muss.
  4. Der vierte Abschnitt befasst sich vor dem Hintergrund der Praxis der Wahlforschung mit den Fragen, die es im Zusammenhang mit der Auswahl von Untersuchungsgruppen und der Ziehung geeigneter Stichproben zu stellen und zu beantworten gilt: Wie können Fehldiagnosen verhindert und Aussagen über die Genauigkeit der formulierten Ergebnisse gemacht werden?
  5. Im fünfte Abschnitt stellt Häder die drei idealtypisch unterscheidbaren Methoden der Datenerhebung dar und einander gegenüber: Befragung, Beobachtung und Inhaltsanalyse als jeweils exklusiv oder auch in Form einer je spezifischen Kombination einsetzbare Strategien werden ausführlich beschrieben, erklärt und diskutiert.
  6. Dieses Grundwissen vertiefend, geht der sechste Abschnitt vor allem auf die Möglichkeiten und Grenzen der Kombination dieser Verfahren anhand von vielen Beispielen ein. Es kommt gut zum Ausdruck, wie bei einer passgenauen Anwendung der verschiedenen Instrumente, die Berücksichtigung ihrer jeweiligen Vor- und Nachteile zu einer sinnvollen Ergänzung führen können.
  7. Der immer größer werdenden Bedeutung von Voruntersuchungen trägt der siebte Abschnitt Rechnung: Pretests haben die Funktion, Methoden und Instrumente zu überprüfen und in Bezug auf ihre Passgenauigkeit und Leistungsfähigkeit für ihren Einsatz in einer Untersuchung zu optimieren.
  8. Der achte Abschnitt ist allen methodischen Fragen gewidmet, die sich an die Datenerhebung anschließen: Wie können die gewonnenen Informationen und Ergebnisse nachvollziehbar aufbereitet werden? Wie können mögliche Fehler aufgespürt und rechtzeitig korrigiert werden? Und schließlich: Wie sieht eine adäquate statistische Datenanalyse aus? Dass an dieser Stelle nicht auf die Gesamtheit dieses in sich ungeheuer komplexen Gebiets eingegangen werden kann, versteht sich von selbst. Trotzdem gelingt es Häder, die zentralen und vor allem auch eher die einfacher umsetzbaren Methoden zu präsentieren.
  9. Im neunten Abschnitt geht es abschließend und auch die Gesamtlogik empirischer Sozialforschung damit abrundend, um geeignete Formen der Darstellung und Dokumentation der Ergebnisse: Wie können die Befunde einer Untersuchung für Dritte nachvollziehbar gemacht werden? Und - mindestens genauso wichtig: Welche Schritte zur Offenlegung des eigenen methodischen Vorgehens auf dem Weg zu den vorliegenden Ergebnissen sind notwendig?

Fazit

Dieses Buch ist als Lehrbuch für angehende SozialforscherInnen an Hochschulen genauso geeignet wie als Handbuch für die Praxis! Es ist in der Gestaltung gelungen, gut lesbar und zu einem Preis von 20 € nicht nur bezahlbar, sondern angesichts seines hohen Gehalts auf fast 500 Seiten äußerst preiswert. Viele Beispiele, Hinweise und Tipps illustrieren und unterstützen immer wieder die Gesamtargumentation und erleichtern den Transfer des gebotenen Wissens in die eigenen Fragestellungen hinein.

Offen bleibt jedoch die Frage, ob es auch für die akademisch gebildeten Fachkräfte in den Feldern der Sozialen Arbeit, die ja auch immer häufiger vor der Herausforderung stehen, sich als „ForscherInnen in eigener Sache“ zu betätigen, wirklich zu empfehlen ist. Das Niveau und die Komplexität der Anforderungen an empirische Zugriffe könnten als zu komplex und vom Umfang her kaum leistbar erscheinen. Natürlich ist es auch nicht die primäre und erklärte Intention des Buches, Anwendungswissen für diese Zielgruppe zur Verfügung zu stellen. Trotzdem wäre es vielleicht gerade deshalb sinnvoll, genau in diesem Bereich ein weiteres Angebot zur Qualifizierung der empirischen Kompetenzen von Fachkräften zu entwickeln. Denn genau dort wird es noch einmal spannend, - nämlich bei der Frage, wie der empirische Aufwand von Praxisforschung minimiert werden kann, ohne dabei Einbußen an Gültigkeit und Zuverlässigkeit der Ergebnisse hinnehmen zu müssen.

Rezension von
Prof. Dr. Joachim König
Evangelische Hochschule Nürnberg
Allgemeine Pädagogik & Empirische Sozialforschung
Leiter des Instituts für Praxisforschung und Evaluation
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Es gibt 26 Rezensionen von Joachim König.

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Zitiervorschlag
Joachim König. Rezension vom 06.03.2007 zu: Michael Häder: Empirische Sozialforschung. Eine Einführung. VS Verlag für Sozialwissenschaften (Wiesbaden) 2006. ISBN 978-3-531-14010-0. Reihe: Lehrbuch. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/4573.php, Datum des Zugriffs 08.09.2024.


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