Heinz-Jürgen Dahme, Titus Simon (Hrsg.): Controlling in der offenen Jugendarbeit. Grundlagen und Verfahren, dargestellt an modellhaften Prozessen in der Praxis
Rezensiert von Prof. Dr. Thomas Hermsen, 21.10.2007

Heinz-Jürgen Dahme, Titus Simon (Hrsg.): Controlling in der offenen Jugendarbeit. Grundlagen und Verfahren, dargestellt an modellhaften Prozessen in der Praxis.
Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. - DV
(Berlin) 2006.
132 Seiten.
ISBN 978-3-89983-150-4.
19,70 EUR.
Für Mitglieder des Deutschen Vereins 14,80 Euro (zzgl. Versandkosten).
Thema
Die vielfältigen Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe stehen zunehmend im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Verantwortlich hierfür sind im wesentlichen zwei Entwicklungen: Zum einem steigen die Ausgaben seit 1992 in diesem Segment der sozialen Arbeit stetig an, was vor dem Hintergrund der fiskalen Krise des Sozialstaates zu einem verstärkten Legitimationsdruck und damit auch zur Forderung nach mehr Transparenz und Steuerungskompetenz bei den Leistungsanbietern beigetragen hat. Zum anderen bleiben in der öffentlichen Wahrnehmung die gravierenden Erfolge im Bereich der Bekämpfung von Jugendkriminalität, der Gewalt an Schulen, des Rechtsextremismus und der Integration von ausländischen Familien und Jugendlichen aus.
Von den Autoren wird das externe Controlling, dargestellt an modellhaften Prozessen der offenen Jugendarbeit, als ein hilfreiches Steuerungsinstrument präsentiert, um vor diesem Hintergrund den effektiven und effizienten Einsatz der Mittel in der sozialen Arbeit zu legitimieren.
Inhaltsübersicht
- Im Vorwort erläutert der Auftraggeber, die Landeshauptstadt Magdeburg, vertreten durch den Beigeordneten für Soziales, Jugend und Gesundheit, die Notwendigkeit, das vorgehaltene Potenzial und Angebot an Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit qualitativ zu steuern und den sinnvollen Einsatz von Mitteln kontinuierlich zu prüfen. Er macht deutlich, dass diese Steuerung einer wissenschaftlichen Begleitforschung bedarf, um die konkrete Situation der offenen Kinder- und Jugendarbeit erfassen und hinreichend analysieren zu können.
- Die Herausgeber führen im Anschluss kurz in die sich verändernden Rahmenbedingungen und Finanzierungsformen in der sozialen Arbeit ein und präzisieren die Ziele ihrer Veröffentlichung. Es soll deutlich werden, dass das Controlling für die lokale Sozialpolitik mehr bedeutet, als nur die Implementierung von Verfahren der Finanzkontrolle, des monetären Ressourcenflusses oder der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Externes Controlling bietet eine wertvolle Unterstützung durch Objektivierung der Analyse und Hilfestellung bei der praktischen Durchsetzung geeigneter Maßnahmen. Hierzu sollen sowohl die sich anschließenden theoretisch-konzeptionellen Einführungen als auch die Darstellung eines Praxisbeispiels beitragen.
- Im folgenden Beitrag wird das Verhältnis von Controlling und Qualitätssicherung in der offenen Jugendarbeit im Rahmen einer allgemeinen Einführung thematisiert. Aufgegriffen werden Aspekte der Implementierung des Controllings, der Probleme eines Controllings in der Jugendarbeit sowie der Schritte zur Implementierung von Qualitätssicherung und Controlling.
- Es schließt sich ein Artikel zum Thema Controlling und Evaluation an, der sowohl die Genese als auch die theoretisch-konzeptionellen Herausforderungen der Einführung neuer Managementinstrumente der Jugendhilfe und ihre Bedeutung für die freien Träger in den Blick nimmt. Aufgegriffen werden hier u.a. Themen zum Verhältnis von Kontraktmanagement und strategischem Management, von Controlling und Berichtswesen sowie der Evaluation als steuerungsunterstützendes Instrument der Kinder- und Jugendhilfe.
- Im Anschluss wird auf das konkrete Forschungsvorhaben in einem ausführlichen Beitrag Bezug genommen. Die Hochschule Magdeburg-Stendal (FH) wurde durch die Landeshauptstadt Magdeburg mit der Durchführung einer Analyse der offenen Kinder- und Jugendarbeit in Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen beauftragt. Der Aufsatz fasst die Entwicklungen der offenen Jugendarbeit in Ostdeutschland und explizit in Magdeburg zusammen und erläutert im Anschluss das Untersuchungsdesign. Die Studie basiert auf Erhebungen, die von 2003 bis 2004 in Einrichtungen der offenen Jugendarbeit durchgeführt wurden, nimmt aber zugleich Bezug auf ein ebenfalls bereits im Jahre 1999 durchgeführtes Pilotprojekt.
- Die Ergebnisse der Erhebung werden ausführlich dokumentiert und hinsichtlich ihrer Aussagefähigkeit reflektiert. Bezug genommen wird insbesondere auf die Mitarbeiterstruktur, deren Qualifikationsprofile, auf Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen und ihrer inhaltlichen Ausrichtung, auf quantifizierbare Merkmale zur räumlichen und personellen Ausstattung, auf Nutzungs- und Frequentierungsquoten der Einrichtungen, Einzugsgebiete und Kooperationspartner. Ergänzt werden diese Daten hinsichtlich der konzeptionellen Ausrichtung, der Organisation der Arbeitsabläufe, der Angebotsstrukturen der Einrichtungen sowie der Projektarbeiten und Formen der Öffentlichkeitsarbeit.
- Qualitativ erweitert werden diese empirischen Daten durch Informationen, die im Rahmen dreitägiger Beobachtungen in allen Einrichtungen gesammelt werden konnten. Mittels dieses Verfahrens wurden Eindrücke über den Alltag, die Angebote, das konzeptionsbezogene Arbeiten, das soziale Klima sowie die Nutzung der verschiedenen Räumlichkeiten gewonnen.
- In einem abschließenden Beitrag wird die Entstehung und Entwicklung des Controllings in der offenen Kinder- und Jugendarbeit in Magdeburg aus einer Langzeitperspektive (seit 1995) ausführlicher in den Blick genommen. Es wird deutlich, dass sich in der offenen Kinder- und Jugendarbeit ein hilfreiches Controllingsystem implementieren lässt, das sowohl die Belange des Kostenträgers als auch die fachlichen Belange der Einrichtungsträger hinreichend berücksichtigen kann.
Diskussion
Die von einzelnen Autoren präsentierten Aufsätze sind gut strukturiert und führen den Leser verständlich und fachlich kompetent in die Themenfelder Verwaltungsreform, Kontraktmanagement, Qualitätssicherung, Controlling, Evaluation und Benchmarking ein. Auf diese Weise wird für den Leser ein hilfreiches Kontextwissen geliefert, das es ihm erleichtert, der konkreten Vergehensweise im Rahmen des anschließend präsentierten Forschungsvorhabens zum externen Controlling offener Jugendarbeit in Magdeburg zu folgen. Im Gegensatz zu vielen anderen Forschungsberichten verzichten die Autoren auf einen abstrakten Wissenschaftsjargon und es gelingt ihnen, die Methodik und Ergebnisse des einjährigen Vorhabens in der gebotenen Kürze, aber auch mit der notwendigen wissenschaftlichen Sorgfalt vorzustellen. Die präsentierten Tabellen sind übersichtlich aufgebaut und auch für den nicht geschulten empirischen Laien verständlich und nachvollziehbar.
Im Rahmen einer Zweitauflage könnte es hilfreich sein, den Band um ein Kapitel zu ergänzen, das sich explizit der Unterscheidung von internem und externem Controlling widmet sowie eine präzisere Abgrenzung zu klassischen Evaluationsinstrumenten in der sozialen Arbeit herausarbeitet. In den Beiträgen wird zwar deutlich, dass mit Verfahren des externen Controllings Einrichtungen und Kommunen mit detaillierten und gezielten Informationen aus Planung und Kontrolle unterstützt werden können und somit besser in die Lage versetzt werden, ihre strategische und operative Steuerung im Interesse der Zielerreichung und der Schaffung von Transparenz umzusetzen. Offen bleibt allerdings eine engere Verbindung von theoretisch-konzeptionellen Überlegungen zum externen Controlling und seinen Instrumenten in der Reflexion der faktisch durchgeführten Erhebungsmethoden im Praxisbeispiel.
Fazit
Die Arbeitshilfe richtet sich vorrangig an Kommunalverwaltungen, Praktiker/innen der sozialen Arbeit, Jugendhilfeplaner/innen und Institutionen der Aus-, Fort- und Weiterbildung. Das Buch gibt einen guten Überblick über Grundlagen und angewandte Verfahren zum externen Controlling in der offenen Jugendarbeit. Die Beiträge werden der Zielsetzung des Buches in vollem Umfange gerecht und bilden eine gute Arbeitsgrundlage, um ähnliche Prozesse auf kommunaler Ebene anzuregen. Die Publikation hat aufgrund Ihrer Qualität einen großen Leserkreis verdient.
Rezension von
Prof. Dr. Thomas Hermsen
Professor für Soziologie und Sozialmanagement Katholische Fachhochschule Mainz, Fachbereich Soziale Arbeit
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