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Kirsten Aner, Fred Karl u.a. (Hrsg.): Die neuen Alten - Retter des Sozialen?

Rezensiert von Prof. Dr. Doris Rosenkranz, 09.10.2008

Cover Kirsten Aner, Fred Karl u.a. (Hrsg.): Die neuen Alten - Retter des Sozialen? ISBN 978-3-531-15230-1

Kirsten Aner, Fred Karl, Leopold Rosenmayr (Hrsg.): Die neuen Alten - Retter des Sozialen? VS Verlag für Sozialwissenschaften (Wiesbaden) 2007. 219 Seiten. ISBN 978-3-531-15230-1. 25,90 EUR.

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Thema

Angesichts der demografischen Veränderungen sind Erfahrungswissen und Einsatzbereitschaft von älteren Menschen unverzichtbar. Ausgehend von dieser These fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Berlin neuerdings mit der Initiative "Alter schafft Neues" die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vor allem bei Senioren.

Tatsächlich liegt es nahe, in der steigenden Zahl von Senioren, die sich überwiegend bis in höhere Lebensalter einer guten Gesundheit erfreuen und – als Generation der deutschen Baby-Boomer – im Moment auch überwiegend finanziell abgesichert sind, eine Zielgruppe für Ehrenamtliche zu sehen, die sich stärker als bisher aktivieren lässt.

Die europäische Vergleichsstudie SHARE (Survey of Health, Aging and Retirement in Europe) verdeutlicht, dass die Potentiale des bürgerlichen Engagements bei weitem noch nicht ausgeschöpft sind. Danach haben die Niederlande mit 21 Prozent der über 50-Jährigen die mit Abstand höchste Quote freiwilligen Engagements in Europa. Deutschland liegt dem gegenüber mit 10 Prozent nur auf einem unteren Mittelplatz.

Doch wie sieht es aus mit den Senioren? Sind die neuen Alten tatsächlich diejenigen, die ihre Erfahrung – am besten unentgeltlich – zur Verfügung stellen und damit die klammen Kassen des Wohlfahrtsstaates entlasten? Dieser spannenden – und für Soziale Dienste und Einrichtungen künftig möglicherweise existentiellen – Frage geht der Reader in multidisziplinärer Perspektive nach.

Das Fragezeichen am Ende des Buchtitels komprimiert dabei nicht nur die Forschungsfrage, sondern ist durchaus auch als eleganter rhetorisch-ironischer Hinweis der Kritik an einer Vereinfachung des Themas zu sehen: Die Beiträge fordern zu einem differenzierten Umgang im Rahmen gerontologischer und sozialpädagogischer Diskurse auf. Und da taugen die "Alten", wie sie hier auch provokativ genannt werden, nun mal nicht eindimensional als "Retter des Sozialen", das wird schnell deutlich.

Aufbau und Inhalt

Der Sammelband ist gewissermaßen ein deutsch-österreichisches Projekt, die Herausgeber Angehörige der Universitäten Kassel und Wien, wobei Leopold Rosenmayr, Jahrgang 1925, auch selbst ein eindrucksvolles Beispiel für die "Kreativität des späten Lebens" ist, wie er seine Schlussbetrachtung betitelt.

Aufgebaut ist der Band in vier Teilen.

  1. Eine umfassende Einführung der drei Herausgeber befasst sich mit der aktuellen –theoretischen - Auseinandersetzung um den demographischen Wandel und die Rolle des Alterns bzw. das Bild der Senioren.
  2. Vier Beiträge skizzieren im Anschluss Überlegungen zum "neuen Altern", u.a. zu Fragen der Bildung im Altern und lebenslangem Lernen.
  3. Daran anknüpfend werden Ressourcen der Senioren hinterfragt, etwa in den Kapiteln "Zeit im Alter" oder "Prekariat und Ehrenamt", letzteres zum Zusammenhang von Einkommen und bürgerschaftlichem Engagement.
  4. Der erwähnte Essay zum Thema "Kreativität im späten Leben" schließt den Band ab.

Fazit

Im Juli 2008 fand in Berlin die Konferenz "Bürgerschaftliches Engagement älterer Menschen - Strategien für die Zukunft" statt. Die Konferenz ist Teil der "Initiative ZivilEngagement" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, das mit dem Programm "Miteinander-Füreinander" das zivilgesellschaftliche Engagement aller Generationen anerkennen, stärken und weiterentwickeln will.

Das Thema "Senioren und Ehrenamt" wird in der Sozialen Arbeit sicher noch an Bedeutung gewinnen. Der Sammelband ist daher eine sehr gute Einführung in die Diskussion, bietet Studierenden wie interessierten Praktikern der Sozialen Arbeit zahlreiche Anregungen und Diskussionsstoff. Mitunter sehr essayistisch, feuilletonistisch verfasst, sind die Beiträge gut lesbar, sehr solide theoretisch fundiert. Insgesamt findet sich ein Plädoyer für einen differenzierteren Umgang mit Begriffen wie Alter und den Erwartungen, die in den diversen Altersdiskursen im Moment aufgegriffen werden. Eine sehr gelungene Einführung in das Thema Altern und bürgerschaftliches Engagement!

Und wer es (noch) konkreter mag, stärker die Implementation im sozialpolitischen Diskurs verfolgen mag und – auch - Senioren ganz praktisch als Zielgruppe des Ehrenamts ansprechen möchte, sei auf Seiten der Rezensentin noch auf Projektanträge im Rahmen der Bundesprogramme "Alter schafft Neues - Aktiv im Alter" und "Freiwilligendienste aller Generationen" verwiesen.

Rezension von
Prof. Dr. Doris Rosenkranz
Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm
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Es gibt 6 Rezensionen von Doris Rosenkranz.

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Zitiervorschlag
Doris Rosenkranz. Rezension vom 09.10.2008 zu: Kirsten Aner, Fred Karl, Leopold Rosenmayr (Hrsg.): Die neuen Alten - Retter des Sozialen? VS Verlag für Sozialwissenschaften (Wiesbaden) 2007. ISBN 978-3-531-15230-1. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/4901.php, Datum des Zugriffs 30.09.2023.


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