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Johann Behrens, Gero Langer u.a.: Evidence-based nursing and caring

Rezensiert von Prof. Dr. Michael Isfort, 13.05.2008

Cover Johann Behrens, Gero Langer u.a.: Evidence-based nursing and caring ISBN 978-3-456-84318-6

Johann Behrens, Gero Langer u.a.: Evidence-based nursing and caring. Interpretativ-hermeneutische und statistische Methoden für tägliche Pflegeentscheidungen. Verlag Hans Huber (Bern, Göttingen, Toronto, Seattle) 2006. 2., vollst. überarbeitete und ergänzte Auflage. 325 Seiten. ISBN 978-3-456-84318-6. 28,95 EUR. CH: 46,50 sFr.
Mit einem Geleitwort von Juliet Corbin, Donna Ciliska und Edmund A. M. Neugebauer.

Weitere Informationen bei DNB KVK GVK.

Seit Erstellung der Rezension ist eine neuere Auflage mit der ISBN 978-3-456-85463-2 erschienen, auf die sich unsere Bestellmöglichkeiten beziehen.

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Hintergrund und Thema

Nur kurze Zeit nach dem Erscheinen der ersten Auflage (vgl. die Rezension) nehmen Behrens und Langer eine umfassende Überarbeitung und Erweiterung Ihres Buches vor. Im Vorwort zur zweiten Auflage wird darauf verwiesen, dass vielfache Anregungen aus dem In- und Ausland und auch kritische Meinungen zum ersten Buch eine Überarbeitung und Erweiterung notwendig erschienen ließen.

Die beschriebene große Resonanz auf das Buch lässt erahnen, dass das Thema des Buches interessant, herausfordernd und vor allem eines ist: aktuell. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn bislang fehlten einführende und grundlegende Bücher zur Auseinandersetzung mit Evidenzbasierung in der Pflegewissenschaft. Behrens und Langer beschrieben erläuternd dazu im Vorwort zur ersten Auflage, dass der Weg der Diskussion der Evidenzbasierung der Pflege in nur wenigen Jahren von  einem reinen Exotendenken zu einer allumfassenden Argumentation geworden ist. Dabei sind beide Pole, sowohl das Exotendasein als auch die allumfassende gültige Annahme, den Autoren zufolge wenig hilfreich. Ihnen geht es um eine sachliche Auseinandersetzung und eine kritische Einführung.

Autoren

Prof. Dr. Behrens ist Direktor des Instituts für Gesundheits- und Pflegewissenschaften an der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg, an der auch das deutsche Zentrum für Evidence-based Nursing angesiedelt ist, Gesundheitswissenschaftler Dr. Gero Langer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft an der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Gründungsmitglied des German Centers for Evidence-based Nursing. Beide sind in der Forschungslandschaft der Pflege in Deutschland durch zahlreiche Veröffentlichungen bekannt.

Aufbau und Inhalt des Buches

Das Buch ist grob in zwei Teile unterteilt.

Zunächst wird eine Art "Grundkurs" zum Thema Wissenschaft angeboten. Ein Fokus dabei wird auf die Erläuterungen einzelner Begriffe und Unterscheidungen gelegt. So wird der Leser eingeführt in die Arten von Evidence (interne und externe) und kritisch werden die Entstehung, die Möglichkeiten und auch die Grenzen referiert. Dabei gehen die Autoren klaren und verständlichen Fragen nach, wie sie auch in Seminaren und Weiterbildungen von Teilnehmern gestellt werden (könnten). Sprachlich gut verständlich wird der Leser an die Hand genommen und in das Feld der Wissenschaft und in die Grundgedanken der Evidenzbasierung geführt.

Zentraler Bestandteil des Buches ist ein Modell der Evidencebasierung, das aus sechs Schritten besteht:

  1. Auftragsklärung,
  2. Problemformulierung,
  3. Literaturrecherche,
  4. kritische Beurteilung,
  5. Veränderung der Praxis,
  6. Evaluation der Wirkung.

Dieses Modell dient als zentrale Ordnungskategorie für das Buch. Jedem Schritt ist ein unterschiedlich umfängliches Kapitel gewidmet. So wird beispielsweise im Kapitel zur Literaturrecherche eine gute Einführung in die unterschiedlichen Möglichkeiten des Auffindens von Literatur gegeben. Neben Internetsuche werden auch Datenbanken und die Schlagwortsuche in einzelnen Datenbanken vorgestellt und klar erläutert.

Das größte und inhaltlich umfangreichste Kapitel ist der kritischen Bewertung von Studien gewidmet. Hier werden nicht nur wissenschaftstheoretische Grundpositionen kurz und knapp erläutert; es werden auch verschiedene Studiendesigns in ihrem Aufbau und Ablauf angesprochen sowie einzelne Methoden der Auswertung vorgestellt. Dieses zentrale Kapitel dient als Einführung gleichermaßen wie als Nachschlagewerk. Dabei bleiben sich die beiden Autoren treu und beschreiben kritisch distanziert die unterschiedlichen methodischen und wissenschaftstheoretischen Zugänge zur Annäherung an eine Wahrheit. In zahlreichen Beispielen werden einzelne Methoden und Rechenoperationen vorgestellt, um bei den quantitativen Studien einen Einblick in die Auswertungsvielfalt zu bekommen. Dass dabei methodische Schwerpunkte und Kompromisse geschlossen werden versteht sich. Das Buch ersetzt also kein Statistikbuch, macht aber Lust darauf, sich mit komplexen Fragen der Messung zu beschäftigen.

Im Kapitel der Veränderung der pflegerischen Praxis werden keine Rezepte erstellt. Hier werden Praxisprojekte beschrieben und es wird erläutert, wie ein Theorie-Praxis-Transfer erreicht werden kann und welche Haltungen auf Seiten der Pflegenden dafür vonnöten sind.

Zielgruppen

Das Buch ist in der Sprache prägnant aber bleibt dennoch fast erzählerisch. Das Buch orientiert sich im Aufbau an Fragen, wie sie wirklich gestellt werden und somit scheint es ein Buch zu sein, das sich an Praktiker gleichsam richtet, wie an Lehrende und Studierende. Dennoch ist das Thema selbst wohl eher eines, das sich primär im Rahmen von Weiterbildungen oder Studiengängen thematisieren lässt. Dies sind wohl auch die primären Zielgruppen, denn für die Ausbildung sind die Themen und Methoden zu komplex und schwierig. Für die "Bearbeitung" eines Forschungsprojektes kann es ein Ausgangspunkt sein und hilfreiche Hinweise geben. Es ersetzt jedoch nicht die großen Standardwerke der Methodik.

Fazit

Der Titel ist sorgsam und schön gewählt. Es geht den beiden Autoren tatsächlich um eine vertrauenbildende Entzauberung eines vielfach überbewerteten "Allheilmittels". Mit kritischem Wohlwollen beschreiben die zwei Wissenschaftler die Lücken und Gräben, die eine Verwissenschaftlichung der Pflegepraxis mit sich bringen würde. Behrens und Langer gelingt es, in bildhafter und verständlicher Sprache ein komplexes Thema zu entwirren. In keinem anderen deutschsprachigen Buch zum Thema sind gleichermaßen Tiefe und Breite des Themas für die Pflege so gut aufbereitet. Als Ausgangspunkt in die "Forschungslandschaft" ist dieses Buch genau die richtige Landkarte im richtigen Maßstab. Hervorragend ist die Idee, sich an gestellten Fragen zu orientieren und diese systematisch zu beantworten zu versuchen. Der Leser hat so das Gefühl, in einem Seminarraum zu sitzen und er wird Fragen entdecken, die sich ihm aufdrängen, die aber zum Glück auf der nächsten Seite von jemand anderem gestellt werden.

Rezension von
Prof. Dr. Michael Isfort
Dipl. Pflegewiss.
Katholische Hochschule (KatHO) NRW, Köln

Es gibt 27 Rezensionen von Michael Isfort.

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Zitiervorschlag
Michael Isfort. Rezension vom 13.05.2008 zu: Johann Behrens, Gero Langer u.a.: Evidence-based nursing and caring. Interpretativ-hermeneutische und statistische Methoden für tägliche Pflegeentscheidungen. Verlag Hans Huber (Bern, Göttingen, Toronto, Seattle) 2006. 2., vollst. überarbeitete und ergänzte Auflage. ISBN 978-3-456-84318-6. Mit einem Geleitwort von Juliet Corbin, Donna Ciliska und Edmund A. M. Neugebauer. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/4960.php, Datum des Zugriffs 28.09.2023.


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