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Dominique Jakob: Schutz der Stiftung. Die Stiftung und ihre Rechtsverhältnisse im Widerstreit der Interessen

Rezensiert von Dr. iur. Marcus Kreutz, 21.11.2007

Cover Dominique Jakob: Schutz der Stiftung. Die Stiftung und ihre Rechtsverhältnisse im Widerstreit der Interessen ISBN 978-3-16-149100-9

Dominique Jakob: Schutz der Stiftung. Die Stiftung und ihre Rechtsverhältnisse im Widerstreit der Interessen. Mohr Siebeck (Tübingen) 2006. 572 Seiten. ISBN 978-3-16-149100-9. 109,00 EUR.
Reihe: Jus privatum - Band 111.

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Die Stiftung als besondere Rechtsform

Die Stiftung ist eine besondere Rechtsform. Anders als andere Körperschaften, die sich durch den wandelbaren Willen ihrer jeweiligen Mitglieder auszeichnen, handelt es sich bei der Stiftung um eine Rechtsform, die keine Mitglieder hat und deren Zweck einmalig durch den Stifterwillen manifestiert wird. Die Stiftung und der ihr eingestiftete Stiftungszweck verselbständigen sich im Zeitpunkt ihrer Konstituierung und werden - auch und gerade wegen des Fehlens von Mitgliedern - unsterblich. Wegen dieses Fehlens von Mitgliedern, denen die Stiftung als ihr Eigentum bzw. als ihr Willensbildungsobjekt fehlt, und der Tatsache, dass die Stiftung - wie andere Körperschaften auch - über Organe (Vorstand, Geschäftsführung, Kuratorium) verfügt, ist die Stiftung ganz besonderen Gefahren ausgesetzt. Denn das Stiftungsvermögen, welches zu einem bestimmten Zweck eingesetzt und zu einer juristischen Person abstrahiert wird, ist den verschiedensten Handlungsträgern ausgeliefert, die im Rahmen ihrer eigenen Interessen den Zweck und den Bestand der Stiftung gefährden können. Da naturgemäß Interessen divergieren und kollidieren können, ist es von großer Bedeutung, die Stiftung und ihr Vermögen vor den Interessenkonflikten der in einer Stiftung agierenden Handlungsträgern zu schützen.

Welche Auswirkungen diese Interessenkonflikte auf die Stiftung haben und um welche unterschiedlichen Interessen es sich dabei überhaupt handelt - dies sind Fragen, denen sich der Autor in seiner Schrift, die im Wintersemester 2005/2006 der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München als Habilitationsschrift vorgelegen hat, widmet. Gleichzeitig verfolgt der Verfasser das Ziel, Vorschläge zu unterbreiten, wie der Widerstreit der Interessen der verschiedenen Handlungsträger zu einem Ausgleich zu bringen sind und somit die Stiftung in ihrem Bestand und ihrer Tätigkeit zu schützen.

Aufbau der Arbeit

Die Arbeit ist in fünf große Teile gegliedert.

  1. Der erste Teil (S. 11 bis 102) widmet sich der Frage, welchen Schutzzweck und Schutzgegenstand die Stiftung hat. In diesem Teil wird zunächst die Bedeutung der Stiftung in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht erläutert, um sodann in einem zweiten Kapitel die Notwendigkeit des Schutzes von Stiftungen darzulegen.
  2. Der zweite Teil der Arbeit (S. 103 bis 386), der die Überschrift "Rechtsverhältnisse im Stiftungsrecht" trägt, beschäftigt sich mit den einzelnen Stiftungsbeteiligten (Stifter, Destinatäre, Vorstand, Zweitorgan. Aufsichtsbehörde, übriger Rechtsverkehr, Gläubiger, Ehegatte des Stifters, Anfallberechtigte, Steuerbehörde) und ihrem Verhältnis zur Stiftung (1. Kapitel) bzw. ihrem Verhältnis untereinander (2. Kapitel).
  3. Der dritte Teil der Habilitationsschrift (S. 387 bis 526) behandelt ausführlich und in äußerst fruchtbarer Weise die Lösungsmöglichkeiten bei Interessenkonflikten. Dabei werden die typischen Gefährdungslagen in prägnanter Form dargestellt. Behandelt werden neben so praktischen Fragen wie außergerichtlichen Rechtsbehelfen und typischen Stiftungsklagen, wobei selbstverständlich zwischen sog. Stiftungsinnen- und Stiftungsaußenklagen differenziert wird (S. 405 bis 414), auch die einzelnen Interessenkonflikte (z.B. Errichtungsstreit, Erstdotierungsstreit, Bestandsstreit, Geschäftsführungsstreit, Mitwirkungs- und Kompetenzstreit, Informationsstreit, Schadenersatzstreit) in beeindruckender Ausführlichkeit.
  4. An diese Darstellung der Interessenkonflikte schließt sich als vierter Teil ein Abschnitt an, der sich vor dem Hintergrund dieser divergierenden Interessen mit Fragen des Corporate Governance auseinandersetzt (S. 528 bis 532).
  5. Der letzte Teil unter der Überschrift "Der Weg zu einem geschlossenen Schutzsystem" (S. 535 bis 537) ist der Frage gewidmet, wie eine ideale Stiftung konzipiert sein muss.

Betrachtung einzelner Aspekte

Besonders beeindruckend ist der Teil der Arbeit, der eine Strukturierung und Typisierung der verschiedenen Einzelinteressen beinhaltet (Dritter Teil). Die Verfasserin begnügt sich nämlich dort nicht mit einer bloßen Darstellung der stiftungstypischen Gefährdungslagen, sondern beleuchtet auch kritisch vorhandene Schutzmechanismen und weist so auf gravierende Schutzlücken hin. Darüber hinaus lenkt Jakob den Blick des Lesers auch auf strukturierte Stiftungsrechtsordnungen anderer Länder und macht auf diesem rechtsvergleichenden Weg Erfahrungen und Erkenntnisse anderer Rechtsordnungen für den deutschen Rechtskreis fruchtbar.

Dem Appell des Autors an die Stifter bzw. die Beratungspraxis, die aufgezeigten Konfliktsituationen zu antizipieren, ist voll und ganz zuzustimmen. Hauptaufgabe der insofern Verantwortlichen muss es sein, die Stiftungssatzung so zu gestalten, dass möglichst alle Gefahrenquellen, die durch Interessenkonflikte der Stiftungsbeteiligten entstehen können, im Wege eines präventiven Vorausschauens zu beseitigen. Dabei präferiert Jakob eine Stärkung der Destinatärsstellung bei gleichzeitiger Einrichtung eines unabhängigen Kontrollgremiums. Ebenso begrüßenswert sind die Vorschläge zur Schaffung gegenseitiger Auskunftsansprüche der einzelnen Stiftungsbeteiligten, um auf diesem Wege die Transparenz zu erhöhen. Schon Francis Bacon sprach nämlich davon, dass Wissen Macht sei und auch der zynische, aber unter Berücksichtigung des menschlichen Charakters zu beherzigende Spruch Lenins, wonach Vertrauen gut, Kontrolle aber besser sei, hat auch hier wieder seine Berechtigung. Im Lichte dieser Erkenntnisse ist schließlich auch dem Vorschlag des Autors zuzustimmen, dass der Gesetzgeber Imkompatibilitätsbestimmungen im Bereich der (internen) Kontrolltätigkeit einzuführen habe.

Fazit

Die Arbeit Jakobs ist aufgrund ihrer extrem schlüssigen und ausführlichen Struktur sowie der prägnanten Darstellung der relevanten Thematik mehr als nur zu empfehlen. Da Stiftungen in den letzten Jahren en masse gegründet wurden und leider zu befürchten ist, dass die prophylaktische Satzungsgestaltung vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Interessen in der Beratungspraxis nicht immer die gebührende Aufmerksamkeit erfahren hat, ist das Werk für jeden Handlungsträger einer Stiftung quasi als Pflichtlektüre zu bezeichnen. Nicht zuletzt bereichert das Buch die stiftungsrechtliche Forschung durch seine meinungsstarken Bewertungen und fruchtbaren Lösungsansätze. Wissenschaft und Praxis sollten daher unbedingt zu diesem Buch greifen - die Lektüre ist gedanklich anregend, die Darstellung problemorientiert und die Lösungsvorschläge praxistauglich.

Rezension von
Dr. iur. Marcus Kreutz
LL.M., Rechtsanwalt. Justiziar des Bundesverbandes Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e.V. in Köln
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Es gibt 266 Rezensionen von Marcus Kreutz.

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Zitiervorschlag
Marcus Kreutz. Rezension vom 21.11.2007 zu: Dominique Jakob: Schutz der Stiftung. Die Stiftung und ihre Rechtsverhältnisse im Widerstreit der Interessen. Mohr Siebeck (Tübingen) 2006. ISBN 978-3-16-149100-9. Reihe: Jus privatum - Band 111. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/5003.php, Datum des Zugriffs 11.09.2024.


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