Benedikt Sturzenhecker, Ulrich Deinet (Hrsg.): Konzeptentwicklung in der Kinder- und Jugendarbeit. Reflexionen und Arbeitshilfen für die Praxis
Rezensiert von Dipl. Soz.-Päd Sonja Hees, 19.12.2007

Benedikt Sturzenhecker, Ulrich Deinet (Hrsg.): Konzeptentwicklung in der Kinder- und Jugendarbeit. Reflexionen und Arbeitshilfen für die Praxis.
Juventa Verlag
(Weinheim) 2007.
237 Seiten.
ISBN 978-3-7799-0974-3.
19,00 EUR.
Reihe: Praxishilfen für die Jugendarbeit.
Thema
In der Reihe "Praxishilfen für die Jugendarbeit" veröffentlichten die beiden Autoren dieses Buches ein Handwerkszeug für die Aufgabe der Konzeptentwicklung in der Kinder- und Jugendarbeit. Die Konzeptentwicklung wird als eine zentrale Aufgabe von professioneller Kinder- und Jugendarbeit bewertet und soll der Orientierung, der Qualifizierung und der Legitimierung der Arbeit dienen. In diesem Band sollen vor allem praktische Hinweise und reflexives Wissen zur Gestaltung und Befragung von Konzeptionen vermittelt werden. Es beinhaltet also praktische und konkrete Anleitungen zur Konzeptentwicklung.
Entstehungshintergrund
Benedikt Sturzenhecker und Ulrich Deinet sind beide promovierte Diplom-Pädagogen, die an den Fachhochschulen Kiel und Düsseldorf in den Bereichen Jugendarbeit und Didaktik / Methodik der Sozialpädagogik lehren. Auch die weiteren Autoren des Buches kommen aus dem Arbeitsfeld der Kinder- und Jugendhilfe. Nach bereits langjährigen Auseinandersetzungen der Autoren mit dem Thema und früheren Veröffentlichungen dazu entstand der Wunsch ein aktuelles Buch zur Konzeptionsentwicklung in der Kinder- und Jugendarbeit vorzustellen, das Handwerkszeug und Reflexionen für diese Aufgabe an die Hand gibt. Neuere Fachliteratur zu diesem Themenfeld fehlt auf dem Markt und es haben sich in den letzten Jahren einige neue Herausforderungen für das Arbeitsfeld ergeben, denen in den Praxis-Konzepten Rechnung getragen werden sollte.
Aufbau und Inhalt
Die Autoren haben den Aufbau und den Inhalt des Buches wie ein Konzept selber gegliedert.
Zum Start wird eine Studie aus Schleswig -Holstein vorgestellt, in der es um die Realität von Jugendarbeitskonzepten und die Umsetzung fachlicher Ansprüche der Konzeptentwicklung geht. Hier werden zum einen formale Ansprüche an eine Konzeptionsentwicklung benannt, die sich zusammensetzen aus den Standards:
- Rechtliche Grundlagen einbeziehen
- Ziele in Bezug auf Bedarfe erstellen und operationalisieren
- Partizipation der Beteiligten eröffnen
- Reflektierbarkeit ermöglichen
Zum anderen werden fachspezifisch-inhaltliche Ansprüche formuliert:
- Beziehungsarbeit in Konzeptionen
- Bildung und Subjektorientierung in Konzeptionen
- Sozialraumorientierung und Aneignung in Konzeptionen
Die Ergebnisse dieser Dokumentenanalyse ergab zusammengefasst, dass (zumindest in Schleswig-Holstein) keine verbreitete qualifizierte Konzeptionsentwicklung zu finden ist und auch keine generellen Vorstellungen darüber gibt, wie Konzeptionsentwicklung auszusehen hat und welche Ansprüche an sie zu richten sind.
Im nächsten Kapitel werden Erwartungen und Ziele, die mit der Konzeptionsentwicklung verbunden sind, entwickelt. Es werden Antworten gegeben auf die Frage, warum Konzeptionsentwicklung überhaupt betrieben werden sollte:
- Beteiligung an Qualitätsdialogen ermöglichen
- Auftragsklärungen herbeiführen
- Partizipation ermöglichen
- Transparenz und Legitimität erhöhen
- Beziehungen zu den Zielen schaffen
- Angemessenheit der Angebote sicherstellen
- Klärung von Prioritäten und Vermeidung von Überforderungen
- Stärkung der Teamentwicklung und -identität
- Professionalität ermöglichen
- Evaluation und Revision unterstützen
- Innovationen herausfordern
Im Anschluss daran werden praxisbewährte Methoden detailliert dargestellt. Das hier vorgestellte Modell zur zielorientierten Konzeptionsentwicklung in der Kinder- und Jugendarbeit entstand in den Jahren 1998 bis 2000 als Ergebnis eines Modellprojekts "Qualitätsentwicklung, Qualitätssicherung und Selbstevaluation in der Kinder- und Jugendarbeit" und ist in sieben Schritten durchzuführen:
- Materialsammlung für eine Konzeption anlegen
- Konsensziele bilden
- Ziele operabel formulieren
- Konzeptionelle Ziele formulieren
- Ziele operationalisieren
- Operationalisierung auf ein übersichtliches und praktikables Niveau bringen
- Schriftliche Fassung der Konzeption anfertigen
Durch die Beschreibung von Schlüsselsituationen, also kleinen Handlungseinheiten in denen sich das Konzept einer Einrichtung realisiert, wird auch eine sogenannte "schlanke" Form der Qualitätsentwicklung vorgestellt.
In einem weiteren Kapitel wird der Schwerpunkt auf die Praxis des pädagogischen Handelns gelegt. Die Fragen danach, was Kinder und Jugendliche in den Situationen der Jugendarbeit eigentlich tun und was dort geschieht sollen die Wahrnehmung schulen und die Konzeption der Jugendarbeit untermauern.
Im Weiteren werden spezielle Aspekte der Konzeptentwicklung vorgestellt, wie sozialräumliche Konzeptentwicklung und Kooperation im Stadtteil, Konzeptentwicklung in Kooperationen von Jugendarbeit und Schule und Praxisentwicklung und Konzeptarbeit in der verbandlichen Kinder- und Jugendarbeit.
Zwei Kapitel wenden sich stärker der Ebene der Qualitätsentwicklung zwischen Trägern, Kommunen und Land zu. Zum einen in Bezug auf die Entwicklung eines landesweiten kommunalen Berichtswesens. Zum anderen geht es um Bausteine und Verfahren kommunaler Wirksamkeitsdialoge im Vergleich von Klein-, Mittel-, Großstädten und Landkreisen.
Zum Schluss werden die Bedeutung und die Grenzen der Konzeptionsentwicklung im System der Kinder- und Jugendarbeit aufgezeigt.
Zielgruppen
Mitarbeiter/innen aller Felder der Kinder- und Jugendarbeit, wie offene Kinder- und Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit, mobile Formen der Jugendarbeit, Jugendarbeit in Kooperation mit Schule, Jugendarbeit in Kooperation im Sozialraum, usw.
Diskussion
Dieses Buch sollte für den Arbeitsbereich der Kinder- und Jugendarbeit als wichtige Grundlagenliteratur gelten. Die Notwendigkeit der konzeptuellen Bestimmung und Ortung von Teams wird verdeutlicht und nachvollziehbar. Die Autoren kommen allesamt aus dem angesprochenen Arbeitsbereich und weisen sich durch erhebliche Praxiserfahrung aus. Dadurch werden auch die praktischen Anwendungshinweise für die Konzeptionsentwicklung nachvollziehbar dargestellt.
Fazit
Vor allen Dingen erwähnenswert erscheint mir in dieser Veröffentlichung der herausgearbeitete Zusammenhang von Konzeptionsentwicklung und Qualitätsentwicklung. Erst eine erarbeitete und gelebte Konzeption der Arbeit ermöglicht die Beteiligung an Qualitätsdialogen. Und um diese kommt heute keine Einrichtung der Kinder- und Jugendarbeit mehr herum. Es werden wesentliche Fragen wie "Warum überhaupt Konzeptionsentwicklung?", "Wie kann es denn in der Praxis umgesetzt werden?" und "Wie könnte der Qualitätsdialog in der Einrichtung weiter verfolgt werden?" angesprochen. Betont wird von den Autoren, dass die konkreten Anleitungen im Prinzip auf alle Felder der Kinder- und Jugendarbeit anwendbar sind. Dennoch wurden Einblicke in einige spezifische Handlungsfelder aufgenommen, was im Ergebnis das Buch interessanter gestaltet. Die praktischen Hinweise zur Umsetzung der Konzeptentwicklung halte ich für gut anwendbar und hilfreich.
Rezension von
Dipl. Soz.-Päd Sonja Hees
Leiterin einer integrativen Kindertagesstätte, Fortbildnerin für Erzieher/innen und Lehrbeauftragte an der Fachhochschule Koblenz im Studiengang „Bildungs- und Sozialmanagement mit Schwerpunkt frühe Kindheit“.
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