Stefan Kahl, Linda Mittelstaedt: Strategisches Klinikmarketing
Rezensiert von Prof. Dr. Steffen Fleßa, 07.01.2008

Stefan Kahl, Linda Mittelstaedt: Strategisches Klinikmarketing. Grundlagen - Konzepte - Instrumente.
Verlag Dr. Kovač GmbH
(Hamburg) 2007.
338 Seiten.
ISBN 978-3-8300-2649-5.
88,00 EUR.
Schriftenreihe Merkur - Band 21.
Autoren
Dr. Stefan Kahl und Linda Mittelstaedt sind beide als Unternehmensberater im Gesundheitswesen sowie in der Pharmaindustrie tätig. Ihr Schwerpunkt liegt im Bereich Strategisches Management, insbesondere Strategisches Marketing im Krankenhaus. In diesem Zusammenhang decken sie auch angrenzende Gebiete wie z. B. Markenbildung und Public Relations ab.
Aufbau und Inhalt
Das Buch von Stefan Kahl und Linda Mittelstaedt gliedert sich in sieben Kapitel. Vorangestellt ist ein Vorwort; es folgen ein Anhang sowie ein Literatur- und Abkürzungsverzeichnis. In der Einleitung werden die Zielsetzung und die Gliederung des Buches beschrieben. Ausgangspunkt der Darstellung ist die Tatsache, dass Marketing im Gesundheitswesen und insbesondere im Krankenhauswesen bislang kaum von Bedeutung war. Der klassische Krankenhausbetrieb wird stark von der jährlichen Budgetverhandlung mit den Krankenkassen dominiert. Daraus ergibt sich einerseits ein Zeithorizont von einem Jahr, der eine strategische Orientierung unnötig und sogar hinderlich werden lässt. Andererseits ergibt sich aus der Dominanz der Budgetverhandlung eine Vernachlässigung der Kundenorientierung, da das Wohl des Krankenhausbetriebes nicht primär von der Befriedigung der Kunden, sondern insbesondere von der Zufriedenstellung der Krankenkassen abhängt. Folglich ist ein strategisches Klinikmarketing, dessen Grundlage, Konzept und Instrumente die Autoren darstellen, bislang von geringer Bedeutung oder sogar hinderlich für die Krankenhausführung gewesen.
- Durch die Einführung der Diagnosis Related Groups als pauschaliertes Entgeltsystem im Krankenhauswesen hat sich dies grundlegend geändert. Krankenhäuser müssen über die Qualität und den Umfang ihrer Leistungen Kunden anwerben und alle Aktivitäten des Unternehmens konsequent auf die Befriedigung dieser Patienten ausrichten. Ein sorgfältig geplantes, systemisch verankertes und vor allen Dingen langfristig orientiertes Marketing wird damit zum Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit von Krankenhäusern. Dass diese Umorientierung im Grunde nur ein Nachvollzug der Marketingorientierung in anderen Branchen ist, liegt auf der Hand. Dementsprechend ist es auch verständlich, dass die Autoren eine relativ klassische Marketinggliederung für ihr Buch wählen. Es gelingt ihnen jedoch kompetent, die Grundlagen des allgemeinen Marketings auf das Krankenhaus zu übertragen.
- Hierzu wird im zweiten Kapitel das Grundkonzept des strategischen Klinikmarketings diskutiert. Hierzu zählen nach Ansicht der Autoren das Konzept des Produktes Lebenszyklus, das Konzept der Erfahrungskurse sowie der Zahlen- und Verbundeffekte sowie das Konzept des Business Migration. Die Autoren stellen nicht nur die gängigen Marketingkonzepte dar, sondern wenden diese sinnvoll auf die Spezifika des Krankenhauses an, wenn sie beispielsweise verschiedene Produktlebenszyklen speziell zu Gesundheitsdienstleistungen diskutieren.
- Im dritten Kapitel wird die Informationsbasis des strategischen Klinikmarketings diskutiert. Es erfolgt im ersten Schritt eine externe Analyse der Klinik im Sinne einer Umsystemanalyse. Hierzu zählen die globale Klinikumwelt, die regionale Branchenstruktur, die strategischen Klinikgruppen und die Analyse der Konkurrenz der Kliniken. Es fällt auf, dass die Autoren, ohne dass sie dies explizit ausdrücken, eine gewisse Tendenz zu einer privatwirtschaftlichen Klinik haben. Weiterhin ist im dritten Kapitel eine interne Analyse der Klinik beigegeben. Hierzu gehören die Marketingwertschöpfung sowie die Analyse der Stärken und Schwächen. Es folgt eine Diskussion der Marktsegmentierung sowie eine Analyse wichtiger Klinikzielgruppen, wie z. B. der Patienten und der Einweiser. Abschließend werden in einer SWOT-Analyse die unterschiedlichen Ansätze integriert.
- Im vierten Kapitel wird die Planung des strategischen Klinikmarketings dargestellt. Hierzu werden zuerst Planungskonzepte diskutiert wie z. B. der Leitrahmen (Philosophie, Mission, Vision) das Portfolio (Marktanteil-Marktwachstum, Marktanteil-Marktwachstum-Profitabilität, Wettbewerbsvorteil-Marktattraktivität) sowie das Zielsystem der Klinik. Im Verhältnis zu den anderen Ausführungen erscheint dieser Teil jedoch relativ kurz. Auch hier fällt wieder eine relativ hohe Ausrichtung an den kommerziellen Klinikketten auf. Weiterhin gehört zur Planung des strategischen Klinikmarketings ein Marketingstrategieprofil. Hierzu zählen die Autoren die Marktfeldstrategien, Marktstimulierungsstrategien, Marktparzellierungsstrategien, Marktarealstrategien, Marktverhaltensstrategien und Positionierungsstrategien. Sie schließen mit einer Bewertung und Auswahl von Strategieprofilen. Wiederum gelingt es den Autoren kompetent, die gängigen Marketinginstrumente auf das Krankenhaus zu übertragen.
- Im fünften Kapitel werden die klassischen Instrumente des Marketingmix für das strategische Klinikmarketing in Wert gesetzt. Das Kapitel zur Leistungspolitik stellt zuerst die Besonderheiten der Leistungspolitik im Klinikmarketing dar, geht anschließend auf den Planungsprozess der Leistungspolitik ein, die Festlegung des Leistungsprogramms sowie die Instrumente der Leistungspolitik. Es folgt eine Diskussion der Preispolitik, wobei hier die Besonderheiten, die Ziele, die Strategien und die Instrumente im Mittelpunkt stehen. Als drittes wird die Distributionspolitik dargestellt, wobei die Besonderheit des nicht lagerfähigen und nicht transportierbaren Gutes natürlich die Distributionspolitik als relativ unbedeutend erscheinen lässt. Die Distributionspolitik wird im Krankenhaus letztendlich auf die Standardpolitik reduziert - ein Aspekt, der in der Darstellung der Autoren zu geringe Bedeutung hat. Schließlich wird die Kommunikationspolitik der klinischen Geschäftseinheit hervorgehoben, wobei wiederum die Besonderheiten, der Planungsprozess, Ziele und Strategien sowie die Instrumente der Kommunikationspolitik diskutiert werden. Eine etwas ausführlichere Diskussion der gesetzlichen Beschränkungen der Werbung wäre zielführend gewesen. Das Kapitel schließt mit einer Diskussion der Gestaltung des Marketing-Mix und des Marketingplanes.
- Im sechsten Kapitel werden die Implementierung und das Controlling des strategischen Klinikmarketings dargestellt. Bei der Implementierung werden zunächst Barrieren der Implementierung besprochen und anschließend Gestaltungsmöglichkeiten diskutiert. Hierzu zählen die Autoren die Klinikstruktur, das Klinikmanagementsystem und die Klinikkultur. Schließlich werden einige wenige, zu kurz gehaltene Ausführungen zum Controlling des Klinikmarketings dargestellt.
Die Arbeit schließt mit einer Schlussbemerkung sowie zwei wichtigen Anhängen, wobei insbesondere der Anhang zu Kennziffern des strategischen Klinikmarketings für Praktiker von besonderer Bedeutung sein dürfte.
Diskussion
Das vorliegende Buch "Strategisches Klinikmarketing Grundlagen - Konzepte und Instrumente" von Stefan Kahl und Linda Mittelstaedt gibt einen umfassenden und kompetenten Einblick in ein Gebiet des Krankenhausmanagements, das bislang stark vernachlässigt worden ist. Es ist insbesondere für Berufspraktiker geschrieben, die Erfahrungen im Krankenhaus mitbringen und sich nun aus verschiedenen Gründen in die Kundenorientierung eindenken, einlesen und einarbeiten möchten bzw. müssen. Das Buch ist insgesamt gut lesbar und insbesondere für Autoren mit einem betriebswirtschaftlichen Hintergrund sehr leicht verständlich.
Kritisch anzumerken bleibt, dass an einigen Stellen eine etwas tiefer gehende Behandlung der Marketingtheorie erfolgen könnte. Beispielsweise werden die Instrumente wenig wissenschaftlich konzipiert bzw. dargestellt. Es erfolgt eine überwiegend verbale Diskussion.
Der wichtigste Kritikpunkt ist zweifelsohne der Preis: Für ein Buch mit 338 Seiten sind 88 Euro schon mehr als stattlich. Es ist zwar bekannt, dass die Bearbeitungskosten der Sachbearbeiter im Krankenhaus bei einer Bücherbestellung häufig höher liegen als der Wert des Buches, aber zumindest für Studenten dürfte der vorliegende Band ausscheiden. Weder die Druckqualität noch sonstige Besonderheiten rechtfertigen diesen Preis.
Fazit
Das vorliegende Buch von Stefan Kahl und Linda Mittelstaedt stellt einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung einer praxisorientierten Krankenhausbetriebslehre in Deutschland dar. Es ist umfassend und fachlich kompetent geschrieben und kann deshalb ohne Einschränkung als Lektüre empfohlen werden. Es bleibt zu hoffen, dass dem vorliegenden Band weitere Ausführungen für ein praxisorientiertes Klinikmanagement folgen, die dann auch noch für Studenten erschwinglich sind.
Rezension von
Prof. Dr. Steffen Fleßa
Universität Greifswald, Department of Health Care Management
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