Ludger Kolhoff: Existenzgründung im sozialen Sektor
Rezensiert von Angela Scheibe-Jaeger, 29.04.2003
Ludger Kolhoff: Existenzgründung im sozialen Sektor.
ZIEL Verlag
(Augsburg) 2002.
187 Seiten.
ISBN 978-3-934214-78-1.
25,80 EUR.
CH: 46,00 sFr.
reihe Schwerpunkt Management.
Einführung
Zunehmend wird die Option der Selbstständigkeit, des freien Unternehmertums als berufliche Chance auch für angehende Sozialpädagogen gefordert. Eine lebenslange Festanstellung mit mehr oder weniger gradliniger Karriere wird auch für die sozialpädagogische Berufsbiographie keine Selbstverständlichkeit mehr sein. So tun die Studierenden gut daran, sich schon im Studium mit der Thematik anzufreunden. Im Beruf stehende Sozialschaffende tragen sich vielleicht mit dem Existenzgründungsgedanken, der beruflichen Selbstständigkeit.
Hintergrund
Das Thema Existenzgründung im sozialen Sektor bekommt in letzter Zeit Aktualität, auch unter Sozialpädagogen wird der Gründerboom herbeigeredet. Um die Risiken und Chancen des Sprungs ins kalte Wasser besser einschätzen zu können, sollte man sich gründlich vorbereiten, auch durch einschlägige Lektüre.
Aufbau und Gliederung
In acht Sachkapiteln erhält der Leser, die Leserin einen Überblick über die relevanten Themenkreise auf dem Weg in eine selbstständige Existenz.
Im ersten Kapitel werden vom Autor die Grundzüge und Rahmenbedingungen für Unternehmen mit sozialer Zielrichtung dargestellt. Es folgen Felder der Existenzgründung und Schritte zur Selbstständigkeit. Im vierten und fünften Kapitel geht es um die persönlichen und konzeptionellen Anforderungen. Ökonomische Rahmenbedingungen, Rechtsformen und eine Checkliste zum Unternehmenskonzept folgen. Schlussbemerkungen, Literaturverzeichnis und umfangreiche Anlagen runden das Buch ab.
Inhalte
Die Einleitung enthält als Einstieg die wichtigsten Literaturempfehlungen.
Im Kapitel 1 geht es um Grundzüge und Rahmenbedingungen für Unternehmen mit sozialer Zielrichtung. Dieser Themenkreis ist für Gründungswillige eigentlich entbehrlich. Kapitel 2 beschreibt die Felder der Existenzgründung erst unter dem Blickwinkel des Outsourcing öffentlicher Aufgaben allgemein, gefolgt von den Feldern im sozialen Bereich sowie Exkursen über Freie Berufe, Scheinselbstständigkeit und anderen "Randthemen". Die einzelnen Schritte zur Selbstständigkeit werden in Kapitel 3 aufgezeigt. Dazu gehören die Klärung der persönlichen Voraussetzungen, der Konzeption, der Finanzierung und der Wahl der Unternehmensform. Ziel des Kapitels 4 ist es, anhand einer Auseinandersetzung mit notwendigen Gründerfaktoren die persönliche Kompetenz als Jungunternehmer zu eruieren, das Persönlichkeitsprofil zu erstellen. Im Kapitel 5 geht es um die konzeptionellen Anforderungen, um die Unternehmenskonzeption als Erfolgsgarant. Es werden Kriterien erläutert, anhand derer mögliche Geschäftsideen im sozialen Bereich überprüft werden sollen. Ökonomische Rahmenbedingungen der Existenzgründung werden in Kapitel 6 aufgezeigt. Dazu gehören Kostenplanung, Umsatz -und Rentabilitätsplanung, Liquiditätsplanung, Kapitalbedarfplanung sowie die Finanzierung und ihre Planung. Im Kapitel 7 erhalten Leserinnen und Leser einen Überblick über die Rechtsformen. Kurz wird in Kapitel 8 die Checkliste des Unternehmenskonzeptes gezeigt. Die Schlussbemerkung des Kapitels 9 greift nochmals einige bereits angerissene Punkte des Buches auf. Kapitel 10 enthält Literaturangaben, Kapitel 11 umfangreiche Anlagen mit Adressen, Anträgen und Musterverträgen.
Zielgruppen
Das Buch bringt Erkenntnisse für Studierende des Fachbereiches Sozialwesen für eine mögliche "Option berufliche Selbstständigkeit" wie auch für bereits im Arbeitsleben stehende Sozialpädagogen, die sich mit Gründungsgedanken tragen.
Einschätzung des Autors/Lesbarkeit
Der Autor verfügt über ein breites Erfahrungswissen und eine lebendige Sprache, die das Buch authentisch und gut lesbar machen. Eingestreute Cartoons, zahlreiche Checklisten und eine Vielzahl von Musteranträgen und Musterverträgen machen die Lektüre interessant und abwechslungsreich.
Schön wären auf dem Umschlag Hinweise auf die Inhalte des Buches. Nur die aufgeführten Schlagworte auf der Rückseite sagen nicht so viel über die Brauchbarkeit aus. Auch vermisste ich ein Stichwortverzeichnis und Angaben zur Zielgruppe.
Nützlichkeit des Buches
Das Thema an sich ist brandaktuell, gerade für Studierende und Angestellte (oder momentan Arbeitslose) im sozialen Sektor. Eine lebenslange Festanstellung wird zudem auch für die sozialpädagogische Berufsbiographie keine Selbstverständlichkeit mehr sein. Hier muss vieles für eine "Gründerkultur" und "Unternehmermentalität" getan werden. Dieses Buch ist ein passabler Wegweiser auf dem bisweilen holprigen Weg in die berufliche Selbstständigkeit, ein brauchbarer Ratgeber in der Vielfalt der doch neuen Thematik. Allerdings geht es in dem Buch eher um "gemeinnützige" Gründungen und weniger um "profitorientierte", von denen der Unternehmer auch leben kann. Die Spezifika der sozialen Gründungen wurden nicht erläutert, ihre Marktchancen werden lediglich gestreift. Was mir weiter zu kurz kommt, ist eine eingehendere Darstellung des Business-Planes, der mit dem Herzblut des Jungunternehmers geschrieben sein sollte. Ebenso fehlen Ausführungen, zumindest Hinweise auf deren Unabdingbarkeit, über Marketing-Aktivitäten, ohne die keine Gründung gelingen kann und deren Fehlen als einer der wichtigsten Gründe des Scheiterns gelten. So hängt die schöne Checkliste zum Unternehmenskonzept im luftleeren Raum und ist ohne einschlägige Lektüre anderer Handbücher wenig zu gebrauchen.
Dagegen erhalten Anträge und Musterverträge zu viel Raum. Sie sind über das Internet problemlos und aktuell erhältlich.
Fazit
Das Buch eignet sich, um Informationen über die reichlich vorhandenen Klippen und verborgenen Abgründe auf dem Weg von der Geschäftsidee bis zur Gründung, wie es das Vorwort ausdrückt, zu erhalten. Und das ist das Gute daran, denn sich selbstständig zu machen ist nicht so einfach, wie die aktuellen Anregungen zur Ich-AG glauben machen wollen. Die Leser erhalten die Möglichkeit, die Risiken und Chancen einer eigenen Existenzgründung realistisch einschätzen zu lernen. Zur tatsächlichen Umsetzung bedarf es dann vieler weiterer kluger Ratgeber, das vorliegende Buch ist ein guter Anfang.
Rezension von
Angela Scheibe-Jaeger
Als Diplom-Volkswirtin und Diplom-Sozialpädagogin freiberuflich in der Weiterbildung, als Sachbuchautorin (Fundraising, Existenzgründung, Sozialökonomie, Sozialmarketing) sowie als Fundraising-Beraterin in München tätig.
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Es gibt 21 Rezensionen von Angela Scheibe-Jaeger.
Zitiervorschlag
Angela Scheibe-Jaeger. Rezension vom 29.04.2003 zu:
Ludger Kolhoff: Existenzgründung im sozialen Sektor. ZIEL Verlag
(Augsburg) 2002.
ISBN 978-3-934214-78-1.
reihe Schwerpunkt Management.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/539.php, Datum des Zugriffs 13.12.2024.
Urheberrecht
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