Nicole Dietrich: Berufsförderung als Chance? (junge Frauen)
Rezensiert von Dr. Sandra Schaffert, Diplom-Pädagoge Martin Schön, 20.02.2008

Nicole Dietrich: Berufsförderung als Chance? Der Umgang junger Frauen mit Maßnahmen der Berufsförderung.
Rainer Hampp Verlag
(Mering) 2007.
176 Seiten.
ISBN 978-3-86618-104-5.
19,80 EUR.
Reihe: Arbeit und Leben im Umbruch - Band 10.
Berufsvorbereitende Maßnahmen
Die Teilnahme am dualen System der Berufsausbildung gilt in Deutschland, neben den höheren Berufs- und Hochschulabschlüssen, als Voraussetzung für eine erfolgreiche berufliche Laufbahn. Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene mit fehlenden oder schlechten Schulabschlüssen, zumal in sozialen Brennpunkten oder Regionen mit hohen Arbeitslosenquoten, finden jedoch häufig keine Ausbildungsstelle. Mit berufsvorbereitenden Maßnahmen wird versucht, ihnen den Weg in eine Berufsausbildung und damit in die Arbeitsmarktintegration zu öffnen. Allerdings gewinnen Betroffene und Fachleute auch häufig den Eindruck, dass die Teilnahme an solchen Maßnahmen nur eingeschränkt hilfreich und qualifizierend wirkt und die Jugendlichen vielmehr in einer Warteschleife halten, die sie nicht weiterbringt.
Dieses Buch geht der Frage nach, ob und wie die Teilnahme von jungen Frauen an einem "freiwilligen sozialen Trainingsjahr" (FSTJ) ihre Integration in den Arbeitsmarkt gefördert und unterstützt hat: "Das FSTJ stellt gegenüber bisherigen Maßnahem eine Alternative dar, weil dieses Förderangebot, z. B. im Vergleich zum BBE [Lehrgang zur Verbesserung beruflicher Bildungs- und Eingliederungschancen] und BVJ [Berufsvorbereitungsjahr], mehr Wert auf eine individuelle Betreuung der Teilnehmerinnen legt und auch über Praxiseinsätze einen Einstieg ermöglicht" (S. 167f).
Entstehungshintergrund
Im Rahmen des Forschungsprojekts "Wissenschaftliche Begleitung des Modellprogramms "Freiwilliges Soziales Trainingsjahr"" des Deutschen Jugendinstituts e.V. (Außenstelle Halle) entstand dieser Beitrag.
Autorin
Die Autorin Nicole Dietrich ist Diplom-Soziologin und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl von Prof. Voß an der Technischen Universität Chemnitz.
Zielgruppe
Laut Klappentext wendet sich das Buch an soziologische und sozialpädagogisch interessierte Leser(innen) sowie an Praktiker(innen) der Arbeitsmarkt- und Berufsförderung.
Aufbau und Inhalt
Einführend gibt die Autorin nähere Informationen zur Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland und geht dabei auf ihre Entwicklung, auf die Situation auf dem Ausbildungsmarkt, auf die Situation von Geringqualifizierten sowie auf die Situation von benachteiligten Jugendlichen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ein.
Darauf folgt ein Abschnitt, der sich mit konzeptionellen Annahmen zu benachteiligten Jugendlichen ohne Normalbiographien beschäftigt und neben Definitionen auch Erläuterungen zu den Übergangsproblemen benachteiligter Jugendlicher und ihren Bewältigungs- bzw. Verarbeitungsstrategien ihrer prekären Erwerbsbiographien beinhaltet. Zudem wird hier die Frage gestellt und diskutiert, ob berufsfördernde Maßnahmen eine Chance darstellen oder eher einen Weg in die Aussichtslosigkeit für benachteiligte Jugendliche.
In der zweiten Hälfte des Buches werden schließlich das konkrete Projekt und die Untersuchung dazu beschrieben. Im Zeitraum von Mai 2003 bis August 2004 wurden dazu neun Teilnehmerinnen des "Freiwilligen Sozialen Trainingsjahrs" in zwei ostdeutschen Trainingsbüros befragt. Die narrativen Interviews mit den Frauen zwischen 16 und 25 Jahren wurden qualitativ ausgewertet und danach analysiert, welche Typen hinsichtlich des Umgangs mit der Berufsförderung vorzufinden sind.
Nicole Dietrich identifiziert und beschreibt anhand von Fallbeispielen vier Typen:
- den "kritischen Realist",
- den "ängstlich Hoffnungsvollen",
- die "resignativ Bequeme" sowie
- die "realitätsferne Handlungsunfähige".
Für diese vier Typen werden im Anschluss kurz Vorschläge gegeben, in "welcher Form die Förderbedingungen für die Betroffenen subjektiv sinnvoll zu gestalten sind" (S. 163).
Fazit
Dieser interessante wissenschaftliche Beitrag ist gut gegliedert und klar formuliert. Nicole Dietrich konstruiert und beschreibt in einer beispielhaften Vorgehensweise aufgrund individueller Voraussetzungen Typen von Jugendlichen und schlägt entsprechende abgestimmte Gestaltungen und Maßnahmen vor. Für Praktiker sowie bildungs- und arbeitsmarktpolitische Planer empfehlenswert.
Rezension von
Dr. Sandra Schaffert
Pädagogin. Tätigkeit in Wissenschaft und Weiterbildung
Diplom-Pädagoge Martin Schön
Geschäftsführer des bims e.V.
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