Erhard Busek: [...] Europa braucht ein besseres Krisenmanagement
Rezensiert von Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer, 21.11.2007
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Erhard Busek: Zu wenig, zu spät. Europa braucht ein besseres Krisenmanagement. Edition Körber (Hamburg) 2007. 83 Seiten. ISBN 978-3-89684-131-5. 10,00 EUR.
"Das Ende des Eisernen Vorhangs hat ein rundum neues Europa hervorgebracht"
Denk ich an Europa in der Nacht…, dann, so könnte man - anders als dies Heinrich Heine bei seinem Nachdenken über das marode Deutschland seiner Zeit empfunden hat und um seinen Schlaf gebracht wurde - im Sinne von Erhard Busek, dem ehemaligen österreichischen Vizekanzler und seit 2002 als Sonderkoordinator des EU-Stabilitätspaktes für Südosteuropa formulieren, bin ich aufgewacht! Nicht in erster Linie deshalb, weil ich schlechtes und peinigendes geträumt habe, sondern weil ich weiß und hoffe, dass Europa eine Seele hat, zumindest eine bräuchte, wie dies der ehemalige Präsident der EU-Kommission, Jacques Delors sich wünschte.
Inhalt
Busek geht es in seinem Standpunkt erst einmal davon aus, dass politische, staatliche und internationale Krisen heute, in der Zeit der sich immer interdependenter entwickelnden Welt, nicht mehr mit militärischen Mitteln gelöst werden dürfen, sondern mit denen einer Zivilgesellschaft, mit "Good Governance". Sein Arbeitsfeld als internationaler Krisenmanager ist Europa. Dabei legt er zuerst den Finger in die Wunde, die von dominanten Staaten (des Westens) gerne gegen die so genannten "kleinen", als unbedeutender angesehenen Länder (des Südens und Ostens) aufgemacht wird; man also mit zweierlei Maß misst, wenn es um politische Krisensituationen geht. Aus seinen Erfahrungen als europäischer Krisenmanager und überzeugter Europäer zieht er zehn Lehren, die paradigmatisch die Kriseninvestitionen der Europäischen Union aufzählt, wie "Krisenmanagement der EU ist eine Pflicht"; zum Umdenken aufruft, wie "Das Ziel des Krisenmanagement ist nicht mehr Macht, sondern mehr Humanität"; bis hin zum Blick nach Innen, nämlich: "Krisenmanagement erfordert eine Reform der EU". Sein Credo ist und bleibt dabei die drängende Aufforderung an die Europäer, sich im Alltagsleben wie beim Zusammenleben im Gemeinsamen Europa auf die erworbenen Prinzipien der Toleranz, nämlich auf "die faszinierende Freiheit und Vielfalt" zu besinnen. Daraus entsteht eine Antwort auf die vielgestellte Frage, was denn, in den Zeiten der Globalisierung, einen Europäer ausmache? Sie ist so einfach wie kompliziert, so selbstverständlich wie (noch) fremd: Ein Europäer bekennt sich zu Menschenrechten und Menschenwürde, er sieht Grundfreiheiten, demokratische Legitimation als unverzichtbar an, er setzt sich für Frieden und die Ablehnung von Gewalt ein, erachtet die Achtung der anderen Menschen und die Solidarität für sie als Auftrag und ist überzeugt, dass eine ausgewogene Entwicklung, Chancengleichheit, wissenschaftliches Denken, ethisches Handeln, die Bewahrung des Ökosystems und die Verantwortung des Individuums das Menschsein ausmachen.
Diskussion
Die von der Körber-Stiftung, von Roger de Weck, dem ehemaligen Chefredakteur der Wochenzeitung DIE ZEIT und Publizisten, herausgegebenen Essay-Reihe "Standpunkte" will mit provokanten Ansichten und unbequemen Meinungen die Diskussion über aktuelle politische und gesellschaftliche Fragen anregen und dazu beitragen, nicht nur die eigenen Auffassungen der Leserinnen und Leser zu schärfen, sondern sie auch im politischen Alltag zu vertreten. Damit sind die "Standpunkte" ein ausgezeichnetes Mittel zur politischen Bildung, in der Schule und außerhalb.
Fazit
Der Standpunkt von Erhard Busek ist ein achtbares und wichtiges Mittel, Krisen und Existenz im Gemeinsamen Europa zusammen zu denken.
Rezension von
Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer
Ehemaliger Lehrbeauftragter an der Universität Hildesheim
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