Benedikt Sturzenhecker, Ulrich Deinet (Hrsg.): Konzeptentwicklung in der Kinder- und Jugendarbeit. Reflexionen und Arbeitshilfen für die Praxis
Rezensiert von Prof. Dr. Stefan Schnurr, 25.12.2007

Benedikt Sturzenhecker, Ulrich Deinet (Hrsg.): Konzeptentwicklung in der Kinder- und Jugendarbeit. Reflexionen und Arbeitshilfen für die Praxis.
Juventa Verlag
(Weinheim) 2007.
237 Seiten.
ISBN 978-3-7799-0974-3.
19,00 EUR.
Reihe: Praxishilfen für die Jugendarbeit.
Thema
Kinder- und Jugendarbeit hat in den vergangenen Jahren auch durch Forschungsergebnisse ihrer Leistungsfähigkeit nachgewiesen. Dennoch steht sie besonders vor Ort immer wieder unter Druck, ihre Arbeit begründen und evaluieren zu müssen. So ist die Entwicklung von fachlichen Konzepten, die einerseits auf konkrete lokale Bedarfe von Kindern und Jugendlichen eingehen und andererseits in Bezug auf wissenschaftliche Positionen entwickelt werden weiterhin ein zentraler Anspruch an Professionelle in der Kinder- und Jugendarbeit.
Die Herausgeber und Autorinnen/Autoren des hier besprochenen Buches stellen den aktuellen „state of the art“ der Konzeptentwicklung in diesem Handlungsfeld vor. Deinet und Sturzenhecker haben bereits mehrfach zu diesem Thema publiziert und ihre methodischen Vorschläge in der Praxis vielfach erprobt. Sie gehören sicher zu den besten Kennern von Problemstellungen, praxisrelevanten Methoden, sowie von Chancen und Grenzen der Konzeptentwicklung in der Jugendarbeit.
Zielgruppen
Das Buch wendet sich an alle Felder der Jugendarbeit (wie Offene Kinder- und Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit, Jugendarbeit in Kooperation mit Schule, etc.) und ist selbst nach der Logik einer Konzeptentwicklung aufgebaut.
Aufbau und Inhalt
- Es beginnt mit einer exemplarischen Bedarfsanalyse: Christina Breede analysiert die Realität von Jugendarbeitskonzeptionen in Schleswig-Holstein und folgert daraus fachliche Ansprüche an eine qualifizierte(re) Konzeptentwicklung.
- Danach werden durch Breede, von Spiegel und Sturzenhecker Begründung und Ziele von Konzeptentwicklung in der Jugendarbeit zusammengefasst. Hiltrud von Spiegel gibt dann eine differenzierte praktische Arbeitsanleitung: "So macht man Konzeptionsentwicklung". Dieses aus Modellprojekten in der Jugendarbeit (zusammen mit Deinet und Sturzenhecker) entwickelte Vorgehen ist in Praxistests beständig verbessert und verifiziert worden und stellt das methodische Herzstück des Buches dar. Von Spiegel geht davon aus, dass Fachkräfte die Konzepte ihres Handelns selbstbestimmt erzeugen müssen und so Fachlichkeit und Legitimität gewinnen können.
- Im Weiteren werden Einzelfragen näher beleuchtet. Dieser Teil beginnt mit einem Text von Burkhard Müller und Marc Schulz, der deutlich macht, dass die Kompetenz des "Wahrnehmenkönnens" allen pädagogischen Planungen zu Grunde liegen muss.
- Danach erweitert Ulrich Deinet die Perspektive auf sozialräumliche Konzeptentwicklung und Operation im Stadtteil. Wie im Text von Müller/Schulz werden auch hier wiederum konkrete Arbeitsweisen vorgeschlagen.
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Benedikt Sturzenhecker greift in zwei Texten das aktuell drängende Thema der Konzeptentwicklung zu Kooperationen von Jugendarbeit und Schule auf und beschreibt differenzierte Vorgehensweisen, die übrigens die Möglichkeit einbeziehen, dass Jugendarbeitsorganisationen auch ein "Nein" zur Kooperation mit Schule konzipieren und begründen können. Aus seinen vielfältigen Praxiserfahrungen mit solchen Kooperationsprojekten entwickelt Sturzenhecker in einem weiteren Text (durchaus augenzwinkernd) "Flirtregeln" der Kommunikation zwischen Jugendarbeit und Schule bei gemeinsamer Konzeptentwicklung.
- Die Perspektive der Jugendverbandsarbeit bringt Martin Nörber mit einer Reflexion der breit angelegten Praxisentwicklungsprojekte der Arbeitsgemeinschaft der evangelischen Jugend Deutschlands ein. Kommunen und Länder verlangen aktuell vielfach Wirksamkeitsdialoge und ein differenziertes Berichtssystem von Jugendarbeitsorganisationen und Einrichtungen.
- Ulrich Deinet führt in Verfahren und Chancen des Wirksamkeitsdialogs ein und Reinhard Liebig zeigt Entwicklungen und Möglichkeiten von Systemen des Berichtswesens in der Jugendarbeit auf.
- Mit einer vorsichtigen Relativierung endet der Band: Benedikt Sturzenhecker argumentiert, dass konzeptionelle Planung in der Jugendarbeit angesichts ihrer strukturellen Charakteristik einer "organisierte Anarchie" zwar fachlich nötig, aber immer nur als sich selbst wieder in Frage stellende "revisonäre Planung" angemessen sei.
Fazit
Das Buch kann gerade Praktikerinnen und Praktikern der Kinder- und Jugendarbeit (sowie ihren FachberaterInnen, AusbilderInnen, FortbildnerInnen) besonders empfohlen werden. Mit seinen praxisrelevanten Vorschlägen zu Arbeitsweisen erfüllt das Buch selbst den Anspruch, den es auch gegenüber einer professionellen Praxis der Jugendarbeit formuliert: es ist wissenschaftlich fundiert und entwickelt auf dieser Basis begründete und realisierbare Handlungsorientierungen für die sozialpädagogische Konzeptentwicklung in der Kinder- und Jugendarbeit. Wer auf der Basis der hier vorgeschlagenen Methoden Konzepte entwickelt, erarbeitet sich nicht nur begründete und auf die jeweiligen lokalen Gegebenheiten abgestimmte Orientierungslinien für eine gute Praxis von Jugendarbeit, sondern wird auch darin unterstützt, seine Leistungen nach außen zu dokumentieren. Konzeptentwicklung im Sinne dieses Buches hilft somit, Jugendarbeit besser zu machen und zu sichern.
Rezension von
Prof. Dr. Stefan Schnurr
Fachhochschule Nordwestschweiz, Hochschule für Soziale Arbeit, Institut Kinder- und Jugendhilfe
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