Martha Schalleck: Rotkäppchens Schweigen (Kindesmissbraucher)
Rezensiert von Dr. Michaela Schumacher, 22.05.2008
Martha Schalleck: Rotkäppchens Schweigen. Die Tricks der Kindesmissbraucher und ihrer Helfer. Artep (Freiburg im Breisgau) 2006. 624 Seiten. ISBN 978-3-936544-80-0. 24,80 EUR.
Autorin
Martha Schalleck ist Wirtschaftswissenschaftlerin, verschiedene Tätigkeiten in Verwaltung, Unternehmensberatung, Werbung und Marketing. Seit einigen Jahren engagiert sie sich schreibend und aufklärend über die Verletzung der Rechte von Kindern in unserer Gesellschaft,
Zielgruppen
Das Buch richtet sich an alle, die beruflich oder privat mit Kindern zu tun haben und denen am Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung, d.h. an Eltern, ErzieherInnen, LehrerInnen, PädagogInnen, MedizinerInnen, TherapeutInnen, KinderschützerInnen, JuristInnen, Polizei, von sexueller Ausbeutung in der Kindheit betroffene Erwachsene, an gesellschafts- und jugendpolitischen Fragen Interessierte
Aufbau und Inhalt
Das Buch hat eine Einleitung, 3 Teile mit insgesamt 8 Kapiteln, einen Anhang: Praxisinformationen, ein Anmerkungs- und ein Literaturverzeichnis.
Ziel des Buches ist es
- über die Strategien der "False Memory Syndrome Foundation" (FMSF), einer Stiftung zur Unterstützung von Missbrauchsverdächtigen, ihrer AnhängerInnen und UnterstützerInnen im wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Umfeld zu informieren und aufzuklären
- die Behauptungen, "wissenschaftlichen" Beweise und Belege der FMSF mittels seriöser Wissenschaften – z.B. Traumatologie und neurobiologischer Hirnforschung – zu widerlegen
Zunächst berichtet die Autorin exemplarisch für andere Fälle – in Belgien, Portugal, Niederlande und Texas über die Vertuschung der Aktivitäten der Franklin-Connection, einem Ring von Kindesausbeutern mit satanischen Ritualen, Kultaktivitäten, Teufelsaustreibung, Kannibalismus u.ä.m. Es geht in allen Fällen um organisierten Missbrauch von Kindern, in den gesellschaftlich und politisch angesehene Persönlichkeiten verwickelt sind. Ausführlich beschrieben werden verschiedene Mind-Control-Projekte der CIA, die eine Versklavung und totale Manipulierbarkeit von Menschen intendieren, um diese für (geheim)politische Interessen einzusetzen z.B. als Spione, Auftragsmörder, Schläfer u.ä.m. Dies geschieht durch mutwillige Einpflanzung falscher Erinnerungen, die gezielte Verursachung von Amnesien für bestimmte Ereignisse/Zeitspannen und die Beeinflussung der Persönlichkeit durch Dissoziation bis hin zum vollständigen Zerfall in multiple Persönlichkeiten (vgl. S. 54). Durchgeführt wurden diese Experimente u.a. mit Kindern, da diese besonders gut formbar sind. Die Ergebnisse der Mind-Control-Forscher sind
- durch Schock, Gewalt, Folter, Hypnose lassen sich multiple Persönlichkeiten (er)schaffen
- Trauma-basiertes Mind-Control, evoziert eine dissoziative Identitätsstörung, gelingt nur bei Kindern bis zum 7ten Lebensjahr mit hoher und lebenslanger Wirksamkeit und damit lebenslänglicher Manipulierbarkeit
Mittels der aktuellen Hirnforschung wird erläutert aufgrund welcher Eigenschaften und Funktionen des menschlichen Gehirns es Außenstehenden gelingen kann, in die Gehirne der Opfer einzudringen, sie zu manipulieren, zu programmieren und Trigger zu setzen. Kurz skizziert werden verschiedene Mechanismen: Verwirrung des Realitätssinns, Implantieren falscher Erinnerungen, Zaubertricks, Einschwörung, Doublebind, Belohnung und Bestrafung, Commitment, Unglaubwürdigmachen, Salamitaktik. Mit Beispielen belegt wird aufgezeigt wie solche Mechanismen und mit welcher Wirkung von Missbrauchsringen – Schwarze Magie, Satanismus, Sexualmagie – eingesetzt werden. Die Opfer werden rekrutiert aus Kultfamilien, über organisierten Menschenhandel, aus Waisenhäusern, über Betreuungsangebote, übers Internet, in Jugendtreffs, Kindergärten/Schulen etc.Nachweislich experimentier(t)en Geheimdienste mit der Schaffung multipler Persönlichkeiten. Jedoch wird alles getan, um dieses zu vertuschen, zu leugnen und den Opfern "false memory" – von Kinderschützern und TherapeutInnen versehentlich induziert/implantiert – zu unterstellen, sie des Lügens und der Unwahrhaftigkeit zu beschuldigen: d.h. alles dafür zu tun, Opfer der Unglaubwürdigkeit zu bezichtigen.
Die Ermittlung gegen Mind-Control- und Ausbeutungsstraftaten, die organisiert erfolgen, befinden sich in einem Dilemma. Einerseits wird verlangt, dass die Abrichtung von Kindern mit Mind-Control-Techniken und Ritualen durch organisierte Kulte, Geheimdiensten und Missbrauchsringen differenziert nachgewiesen werden, denn nur dann könne man davon ausgehen, dass die Taten so stattgefunden haben, wie Opfer sie berichten. Andererseits ist immer wieder zu beobachten –vgl. u.a. den Fall Dutroux in Belgien – dass oft nicht nur politisch und gesellschaftlich bedeutsame Persönlichkeiten verwickelt sind, sondern dann auch nicht intensiv recherchiert werden darf oder Beweise (incl. Zeugen) verschwinden oder ein Einzelner zum Sündenbock gemacht und – wenn überhaupt – als psychisch gestörter Einzeltäter verurteilt wird. Gekoppelt mit der Beschuldigung der TherapeutInnen, die Opfer rituellen Missbrauchs behandeln, sie implantierten – versehentlich – ihren PatientInnen falsche Erinnerungen und die zugehörigen psychischen Störungen. Die psychischen Auffälligkeiten der Opfer – Depression, typische Traumastörungen, dissoziative Störungen, Psychosen etc. – führen dazu, dass den Opfern nicht geglaubt wird. Und die dahinter stehende Strategie ist: Die Folgen der Gewalt werden zum Beweis verkehrt, dass diese Gewalt nicht stattgefunden habe.
Die Skeptiker äußern eine Vielfalt von Argumenten, weshalb es das alles nicht gäbe: unglaubwürdige Zeugen, zu wenig echte Fachleute, keine Aussteiger, alles nur Spielereien, Symbole, Simulationen, zu viel Aufwand, um zu vergewaltigen, ungeklärte Herkunft der Mordopfer, ungeklärter Verbleib der Leichen etc.
Belegbar ist heute, die CIA führte eine Vielzahl von Mind-Control-Experimenten durch, obgleich alle Ergebnisse/Unterlagen vernichtet wurden und Opfer "aus Gründen der nationalen Sicherheit" nicht klagen können. Der "Verlust" der Ergebnisse öffnet den Skeptikern Tür und Tor für die Behauptung, diese Experimente seien gescheitert, hätten nur "brabbelnde Idioten" hervorgebracht, weswegen niemand mehr solche Techniken einsetze. Gleichzeitig behaupten sie aber auch, TherapeutInnen und Kinderschützer seien mit Mind-Control – false memory-Vorwurf – erfolgreicher als die CIA.
In Kapitel 3 setzt sich die Autorin mit der Anti-Hilfe-Front auseinander und beschreibt mit überzeugenden Belegen, wie die Täter und ihre Organisationen einerseits verhindern, dass Opfer Therapie erhalten, ihr Selbstbewusstsein wieder gewinnen und ggf. an die Öffentlichkeit treten und vor Gericht klagen und andererseits TherapeutInnen und Helfer diffamiert werden. Die wichtigste Waffe ist die Erfindung des "false-memory-Syndroms" (in Deutschland: Missbrauch mit dem Missbrauch): die Opfer und ihre Helfer werden als unglaubwürdig dargestellt bzw. die Helfer als Täter bezeichnet, die "false-memory" implantieren. Wer sich forschend, therapeutisch und/oder helfend engagiert(e), sah und sieht sich in vielen Fachcommunities und im gesellschaftlichen Umfeld subtil oder offen diffamiert durch Isolieren und Ignorieren (z.B. Freud), Intrigieren und mit Klagen bedrohen( z.B. Judith Reisman), ruiniert werden (Loran Smith), Belagern und Terrorisieren (z.B. David Calaf/Ursula Enders), Lächerlich machen und Bedrohen (z.B. Hammond Corydon), in den Wahnsinn treiben (z.B. Diana Napolis)
Die False Memory Syndrom Foundation engagiert sich für Beschuldigte, um diese zu entlasten. In ihr engagieren sich z.T. Mind Control Experten, die an den CIA Experimenten aktiv beteiligt waren. Die FMSF, ihre Vertreter und Gutachter, behaupten, dass Erinnerungen an rituellen Missbrauch und Mind Control; an Missbrauch, der "vergessen" war; an Missbrauch von Menschen mit Dissoziativer Identitätsstörung (DIS) nicht auf reale Missbrauchserlebnisse zurückzuführen seien, sondern auf (versehentliche) Fehler und Induktionen von TherapeutInnen/Kinderschützern. Somit sind Erinnerungen an etwas, das es weder gab noch gibt, falsch. Bis heute ist die FMSF einen haltbaren und überprüfbaren wissenschaftlichen Nachweis ihrer Hypothese schuldig geblieben. Dennoch gelang es ihr, nicht nur gezielt die öffentlichen Meinung – Medien, Bevölkerung – zu beeinflussen, sondern sich z.T. auch im wissenschaftlichen Establishment zu verbreiten. Obgleich sowohl die moderne Hirnforschung und Neurobiologie z.B. mittels bildgebender Verfahren deutliche Belege und Beweise liefern, dass schreckliche Kindheitserlebnisse Ursache für psychische Probleme sind.
"Der FSMF, ihren Vertretern und Sympathisanten, geht es nicht um die Wahrheit, sondern um die Vertuschung derselben."(196) Bis heute kann die Diagnose sexuelle Ausbeutung noch nicht anhand objektiver Kriterien erstellt werden, wenn es sich um zurückliegende, verheimlichte Kindesmisshandlung handelt und/oder "objektive" Augenzeugen fehlen. Deshalb fordern FSM-Vertreter, dass nur die eine Therapie erhalten dürfen, die die Ursachen und ihr Trauma juristisch beweisen können und sie sind erfolgreich damit z.B. erhalten nur die Opfer Hilfe nach dem Opferentschädigungsgesetz, die juristische Beweise vorlegen können. So und durch weitere Strategien wie "diffamieren und einschüchtern"; "teilen und herrschen"; "die Opfer anlügen"; "Selbsthilfeforen im Internet sprengen" u.ä.m. wird versucht, dass die Opfer schweigen sollen. Seit Bestehen der FMSF und ihrer breit angelegten Informationspolitik veränderte sich die öffentliche Berichterstattung in Funk, Presse und TV: Waren 1991 noch 82 % der Berichte aus Opferperspektive verfasst, waren es 1994 nur noch 15 %; 85 % berichteten hingegen über falsche Anschuldigungen i.S. des FMS. Die Autorin stellt verschiedene Fälle vor und zeichnet differenziert die jeweilige Taktik und Strategie nach wie sexuelle Kindesausbeutung in der Leugnung der Taten endet, die Opfer zu Beschuldigten und die verdächtigten Täter zu Opfern von "false memory" werden und das selbst dann, wenn die Täter geständig waren, jedoch nach Beratung durch VertreterInnen des FMS ihre Geständnisse widerriefen. Die öffentlich wirksamen Strategien der Anti-Hilfe-Front sind:
- Angst machen vor falschen Verdächtigungen
- PR-Pläne für alle Fälle
- Grassroots-Bewegung – unverdächtige Dritte werden für die Verbreitung der Anti-Hilfe-Front-Botschaften benutzt –
- Vertuschung und Vereinseitigung durch die Medien, Vorenthalten von Informationen durch Polizei und Behörden
- Lügen und Betrügen mit Zahlen, durch Auslassungen und Fehlschlüsse
Aufgrund der besseren Positionen, einseitiger (un) wissenschaftlicher Unterstützung, der Verfügbarkeit über finanzielle Ressourcen – d.h. Mittel für kostspielige, wissenschaftlich fragwürdige Tests, Gutachten, Klagen und professionell organisierter Public Relation – und einer weltweiten Vernetzung, wird es für den NormalbürgerIn nahezu unmöglich, sich umfassend, ausreichend und verlässlich über sexuelle Ausbeutung, TäterInnen und ihre Strategien zu informieren, sodass viele glauben, was sie darüber in den üblichen Medien lesen, hören oder sehen.
Im Kapitel "Über das wissenschaftliche Märchen vom sexuellen Missbrauch" versucht die Autorin, die sechs "Lügen" der FMS-Vertreter und FMS-Theorie zu entlarven.
Lüge 1 "Widerrufe von Betroffenen beweisen falsche Erinnerungen". Was Retractoren als Gründe für ihren Widerruf benennen, ist die Form der Erinnerung, die für Opfer von Traumatisierungen typisch sind. Die FMS-Theorie missbraucht die natürlichen Folgen sexueller Ausbeutung, um die Unschuld der Täter zu beweisen. Schon Milton Erickson beschrieb das Retractor-Phänomen bei zwei Fällen, in denen sowohl zweifelsfreie Beweise als auch Geständnisse der Täter vorlagen: Das Retractor-Phänomen hilft einem Opfer, sich selbst zu belügen, seine Erinnerungen umzudeuten, um sie endgültig zu vergessen.
Lüge 2 " Traumatische Erinnerungen sind nicht anders". Laut FMS-Theorie sind alle Erinnerungen in jeglicher Hinsicht gleich, egal ob richtig oder falsch, auf banalen oder traumatischen Erlebnissen basierend. Weil niemand beurteilen kann, welche richtig oder falsch sind, bedarf es unzweifelhafter Beweise. Untersuchungen beweisen hingegen,
- dass es Erinnerungen gibt, die Probleme verursachen
- dass traumatische Erinnerungen neuronal anders verarbeitet werden und implizite Erinnerungen an Ereignisse nicht fantasiert werden können
- dass es (Teil)-Amnesien gibt
- dass intensive implizierte Erinnerungsbruchstücke und Wiedererleben mit großer Angst gepaart sind
- dass traumatisierende Erlebnisse sprachlos machen können
Lüge 3 "Falsche Erinnerungen an Missbrauch sind bewiesen". FMS-Vertreter unterstellen, dass in Psychotherapien massenhaft falsche Erinnerungen an sexuelle Ausbeutung erfunden werden durch riskante Erinnerungsaufdeckungstechniken – Imaginationsübungen, Fantasiereisen, Körpererinnerungen, Tagebuch führen, Selbsthilfebücher und -gruppen -; durch Konfabulation und/oder Quellenirrtum. Forschungen belegen für Patienten, die sich an sexuelle Ausbeutung erinnern, dass sie weniger suggestibel sind, dass trotz Detailfehlern die Erinnerungen immer spezifische Informationen des Ereignisses selbst enthalten. Das zentrale Ereignis wird nicht konfabuliert, sondern es hat stattgefunden. Implizite Erinnerungen kann nur jemand haben, der die sexuelle Ausbeutung erlebt hat. Es gibt weder eine empirische Studie über das FMS-Konstrukt noch eine Anerkennung dieser Diagnose durch irgendeine Berufsorganisation. FMS ist ein pseudowissenschaftliches Syndrom, keine medizinische, sondern eine juristische Diagnose von Anwälten und FMSF-Gutachtern, die die Beschuldigten schützt.
Lüge 4 "Hypnose verursacht falsche Erinnerungen". Hypnose setzt das kritische Denken herab, das Unbewusste nimmt die Aussagen des Hypnotiseurs wörtlich und ist unfähig, posthypnotische Befehle zu hinterfragen und man kann posthypnotische Amnesien erzeugen. Hypnose arbeitet mit Regression. Die Erinnerungen, die dadurch ausgelöst werden, sind im Gehirn der Patienten codierte und nie implantierte.
Lüge 5 "Missbrauch vergisst man nicht". Obgleich eine Vielzahl Studien wissenschaftlich fundiert Amnesien bei Traumaopfern nachweisen, behaupten FMS-Vertreter, ohne wissenschaftliche Beweise vorzulegen, dass Amnesien/Vergessen bei sexueller Ausbeutung äußerst selten seien.
Lüge 6 "Kinderaussagen sind unzuverlässig". Studien über die Erinnerung von Kindern belegen, dass Kinder
- aktiv unvorstellbar wenig von nachweisbar stattgefundener sexueller Ausbeutung erzählen
- wichtige Einzelheiten nicht berichten
- überhaupt nicht über Berührungen im Intimbereich verbal berichten
- spezifische Anstöße benötigen, um ihr Wissen vollständig zu veröffentlichen
- - insbesondere junge – mehr wissen als sie sagen, in Worten ausdrücken, können
- über sexuelle Ausbeutung nicht lügen, weil sie dazu außerstande sind
- Erlebtes sehr stabil erinnern
- Sich weigern, Ereignisse als wahr zu akzeptieren, die nicht stattgefunden haben.
Aussagepsychologische Glaubwürdigkeitsgutachten sind für Traumatisierte nicht einsetzbar. Zum einen sind sie weder methodisch sauber abgeleitet noch wissenschaftlich überprüft. Zum anderen werden traumatypische Anzeichen und Symptome in dieser Art Gutachten als Beleg für die Unglaubwürdigkeit der Opfer gewertet. Fairerweise berichtet die Autorin, dass es falsche Anschuldigungen und falsche Erinnerungen geben kann, sich diese aber eindeutig nachweisen und erklären lassen – Struktur der Erinnerung, sexuell ausgebeutet worden zu sein, ist weniger grausam als das tatsächlich Erlebte (schwerste Vernachlässigung/akute Lebensbedrohung); neurobiologische Abspeicherungsprozesse ( Trennung von impliziten und expliziten Erinnerungen, Überschreiben von Erinnerungen, subjektive Trauerrepräsentationen, Spiegelneuronen). Die FMS-Theorie
- missbraucht die Grundlagenforschung
- behauptet Zahlen statt zu ermitteln, zu forschen
- kritisiert die nur klinische Basis der Traumaforschung – eine Grundlagenforschung müsste gesunde Menschen traumatisieren, was sich ethisch verbietet
- erstellt nicht nur methodisch unzulässige Studien, sondern zieht zudem unzulässige Schlussfolgerungen
- ignoriert bewusst alle Ergebnisse der Neurobiologie/Gehirnforschung, der Studien über Fronterfahrungen, klinischer Fallstudien etc.
- verdreht die Folgen sexueller Ausbeutung zu Beweisen für falsche Erinnerungen
In einem Exkurs wird auf die Lüge vom "unschädlichen" Missbrauch eingegangen und nachgezeichnet wie insbesondere die Arbeiten von Kinsey, seinem Institut und der vertretenen "anything goes" –Philosophie Tür und Tor öffneten für diese Lüge zu Lasten der Opfer und zur Verbreitung von sexueller Ausbeutung als "Normalität". Wie schädlich sexuelle Ausbeutung zeigt sich dadurch, dass ihre Opfer überproportional vertreten sind in Psychiatrien, Kliniken, Gefängnissen und unter Prostituierten/ Strichern. Lebenslang haben die Opfer ein erhöhtes Risiko, psychiatrische Störungen zu entwickeln – Bindungsprobleme, Aufmerksamkeitsstörungen, mangelnde Erregungskontrolle, beeinträchtigte Sexualität, Persönlichkeitsveränderungen, Suchtkrankheiten, erhöhte Suizidalität, Psychose- und Borderlinegefahr, dissoziative Identitätsstörung.
Bezüglich der dissoziativen Identitätsstörung (DIS) behaupten die FMS-Vertreter und ihre "soziokognitive Theorie" dasselbe wie für "false memory", sie sind eine von Therapeuten versehentlich induzierte und suggerierte Störung. Die dafür aufgestellte Indizienketten wird Indiz für Indiz infrage gestellt und u.a. mit wissenschaftlich fundierten Studien – Lewis et al 1997; Spitzer et al 2003, Gast et al 2001, Foote et al 2006 - widerlegt. Beschrieben wird die Diagnostik und Therapie von DIS mit den ihnen impliziten Risiken.
Überblickhaft fasst die Autorin – illustriert an Beispielen –die Elemente und Strategien, die die FMS-Schule/Theorie verwendet, zusammen und beschreibt, wie und weshalb sie auf fruchtbaren Boden fallen. Sie belegt überzeugend, dass es sich nicht um Wissenschaft, sondern um Propaganda handelt. Unter dem keyword "Missbrauchszyklus" erläutert sie die Zusammenhänge zwischen Gewalttätigkeit im Erwachsenenalter und Gewalterlebnissen in der Kindheit und dass ca. jedes zehnte Missbrauchsopfer zum Missbraucher wird. Sie stellt dar, dass und wie Missbraucher einerseits ein Doppelleben führen und andererseits welche psychischen, psychiatrischen Störungen – DIS, bösartiger Narzissmus, Sadismus, Pädophilie, Psychopathien – bei überführten Kindesmissbrauchern diagnostiziert wurden. Danach beschreibt sie den " Netter Mensch-Trick", den "Schuldtrick", den "Lügendetektortrick".
Das Schlusskapitel greift die im Buch dargestellten und diskutierten Stränge auf, führt und fasst sie zusammen. Die Autorin fordert
- Nulltoleranz für den sexuellen Missbrauch an Kindern
- den Opfern zu glauben und zu helfen
- den Tätern bestmögliche Hilfe zukommen zu lassen.
Das Buch endet mit einem 40seitigen "Anhang: Praxisinformationen". Eltern und Fachleute verschiedenster Gebiete erhalten Informationen und Anregungen über Präventions- und Hilfemaßnahmen.
Fazit
Das Buch basiert auf intensiven Recherchen und ist informativ. Es ist "spannend" geschrieben und läse sich wie ein Krimi, wenn es Fiktion wäre. Doch es beschreibt eine schreckliche, menschenverachtende und –zerstörende Realität. Jeder, der sich für die Unversehrtheit von Kindern und ihre Rechte einsetzt, engagieren will, muss dieses Buch lesen, um sich einerseits richtig zu verhalten und gegen den Sturm der Anfeindungen, Beschuldigungen und Verleumdungen gewappnet zu sein und andererseits sich mit Gleichgesinnten zu solidarisieren.
Rezension von
Dr. Michaela Schumacher
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Zitiervorschlag
Michaela Schumacher. Rezension vom 22.05.2008 zu:
Martha Schalleck: Rotkäppchens Schweigen. Die Tricks der Kindesmissbraucher und ihrer Helfer. Artep
(Freiburg im Breisgau) 2006.
ISBN 978-3-936544-80-0.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/5552.php, Datum des Zugriffs 08.09.2024.
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