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Berlin, Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung; Stiftung Mitarbeit, Gaby Straßburger et al.: Praxishandbuch für sozialraumorientierte interkulturelle Arbeit

Rezensiert von Prof. Alex Willener, 20.12.2008

Cover  Berlin, Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung; Stiftung Mitarbeit, Gaby Straßburger et al.: Praxishandbuch für sozialraumorientierte interkulturelle Arbeit ISBN 978-3-928053-95-2

Berlin, Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung; Stiftung Mitarbeit, Gaby Straßburger, Stefan Bestmann: Praxishandbuch für sozialraumorientierte interkulturelle Arbeit. Stiftung MITARBEIT (Bonn) 2008. 176 Seiten. ISBN 978-3-928053-95-2. 10,00 EUR.
Reihe: Arbeitshilfen für Selbsthilfe- und Bürgerinitiativen - Nr. 36.

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Thema

Dieses Praxishandbuch zeigt auf, wie sozialraumorientierte Angebote für Migrantenfamilien so gestaltet werden können, dass die Adressatinnen und Adressaten sie als hilfreich erachten und nutzen.

Autorin und Autor

Gabi Straßburger (Dr.phil./Dipl.Sozpäd./Dipl. Orientalistin) ist Professorin für Sozialraumorientierte Soziale Arbeit an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin.

Stefan Bestmann (Dipl.Päd.) ist als Berater, Trainer und Forscher in eigener Praxis tätig.

Aufbau und Inhalt

Das Buch ist in drei Teile gegliedert:

  1. Faktoren des Gelingens. Ein Zusammenspiel von Haltung, Methode und Struktur
  2. Beispiele gelingender Praxis
  3. Die zugrunde liegende Forschung

Die Autorin und der Autor (sowie mehrere Mitverfasserinnen) haben auf der Basis einer Forschungsarbeit ein für Praktiker/innen leicht nachvollziehbares und praxisrelevantes Handbuch vorgelegt.

Das Buch beginnt mit den Resultaten: den Faktoren des Gelingens, welche die Forschenden aus der Analyse verschiedener Projekten und Einrichtungen in Berlin herausgeschält haben. Diese Erfolgsfaktoren werden in fünf Themen zusammengefasst:

  1. professionelles Selbstverständnis,
  2. Arbeitsprinzip Ressourcenorientierung,
  3. Gestaltung des Erstzugangs,
  4. familienunterstützendes arbeiten und
  5. strukturelle Faktoren.

Hierbei werden zum einen (zu Recht) Haltungen dargelegt, die zwar schon längst bekannt und in den relevanten Arbeitsfeldern zum Standard gehören, aber selten in ihrem Zusammenhang beschrieben werden. Dazu gehören etwa die Ressourcenorientierung, die Anerkennung der Lebensweltexpertise der Nutzer/innen, das partizipative Methodenrepertoire oder die Bedeutung von Vernetzung und Kooperation. Zum anderen werden - und das ist das große Verdienst dieses Buchs - ausführlich Mittel und Wege beschrieben, wie die oft als "schwer erreichbaren" bezeichneten Migrantenfamilien eben doch kontaktiert werden können. Auch wird gut vermittelt, was Niedrigschwelligkeit in der Ausgestaltung des Settings denn konkret bedeutet. Hervorgehoben wird auch die Bedeutung einer adäquaten finanziellen Ausstattung angesichts oft ungewisser Laufzeiten von Projekten und eher karger Mittelgewährung für neue und informelle Arbeitsansätze.

Im zweiten Teil werden als Beispiele gelingender Praxis ausgewählte Projekte bzw. Einrichtungen mit verschiedenen Arbeitsansätzen und in verschiedenen Arbeitsfeldern vorgestellt:

  • Ein  Mutter-Kind-Treff,
  • das Projekt "Stadtteilmütter",
  • Projekte, die über Kinder den Zugang zu den Eltern herstellen,
  • eine Kita, die aktive Elternarbeit betreibt sowie
  • eine Grundschule als ein Ort des gemeinsamen Lernens.

Inmitten dieses Praxisteils dekonstruieren die Autorinnen in einem wichtigen Exkurs auf dem Hintergrund positiver Erfahrungen in zwei Projekten das gängige Bild von Heiratsmigrantinnen und zeigen adäquate Antworten der Sozialen Arbeit auf deren Situation.

Im dritten Teil wird die zugrunde liegende Forschung mit ihrem Begriffsverständnis, ihrer Theorie und ihrer Methodik dargelegt. Auch hier ein beachtenswerter Einschub und zwar eine Kritik am geläufigen Begriff der Bildungsferne.

Das Buch schließt mit theoretischen Überlegungen, worin die Konzepte der Sozialraumorientierung und der interkulturellen Öffnung miteinander verbunden werden. Dabei wird unter anderem die Bedeutung interkultureller Kompetenz betont sowie die Notwendigkeit, in interkulturellen Arbeitsfeldern vermehrt Fachkräfte mit Migrationshintergrund einzustellen.

Fazit

Dieses Handbuch hat das große Verdienst, der vorherrschenden Betonung der Schwierigkeiten und Probleme der Erreichbarkeit von sogenannt bildungsfernen Migrantenfamilien eine Art Praxiskonzept entgegenzusetzen. Aus gut funktionierenden Beispielen werden Haltungen, Prinzipien und ein Methodenspektrum abgeleitet, die als Wegweiser für neue Projekte, Initiativen und Einrichtungen gelten können. Gleichzeitig leistet es die Verknüpfung zweier bisher getrennt diskutierten Konzepte, jener der Sozialraumorientierung und der interkulturellen Öffnung. Mit einer leichtfüssigen, quasi journalistischen Sprache wird dem Anspruch eines gut zugänglichen Praxishandbuchs Genüge getan. Die Einblicke in modellhafte Praxis sind anschaulich und anregend. Gerne würde man noch etwas mehr über die Zielerreichung der einzelnen Angebote erfahren. Aber dank der Kontaktadressen der Projekte und Einrichtungen können allfällige Informationslücken direkt angebracht werden.

Formal etwas bedauerlich ist, dass zu Beginn des Buchs zwar das Verständnis sozialraumorientierter Sozialer Arbeit definiert wird, nicht aber jenes des zweiten titelgebenden Begriffs "interkulturell", der ja genauso wie jener der Sozialraumorientierung einem Diskurs unterworfen ist. So stößt der/die Leser/in, der das Buch von vorne nach hinten liest, erst im bedeutsamen Schlussteil, wo dann der Bogen zwischen den zwei Ansätzen geschlagen wird, auf diesbezügliche Klärung. Dem/der eiligen Leser/in kann somit empfohlen werden, dieses Buch zu Ende zu lesen oder mit dem Schluss zu beginnen.

Rezension von
Prof. Alex Willener
(MSc, Sozialwissenschaftler, Dipl. Sozialarbeiter, Dipl. Supervisor)
Dozent und Projektleiter im Kompetenzzentrum für Regional- und Stadtentwicklung an der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit
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Es gibt 3 Rezensionen von Alex Willener.

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ISSN 2190-9245