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Miriam Meckel, Katarina Stanoevska-Slabeva: Web 2.0. Die nächste Generation kommt

Rezensiert von Dr. Stefan Anderssohn, 04.10.2008

Cover Miriam Meckel, Katarina Stanoevska-Slabeva: Web 2.0. Die nächste Generation kommt ISBN 978-3-8329-3243-5

Miriam Meckel, Katarina Stanoevska-Slabeva: Web 2.0. Die nächste Generation kommt. Nomos Verlagsgesellschaft (Baden-Baden) 2008. 246 Seiten. ISBN 978-3-8329-3243-5. 29,00 EUR. CH: 50,70 sFr.

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Thema

"What is Web 2.0" - dies war weniger eine Frage als ein Entwicklungsprogramm, welches der Computerspezialist Tim O'Reilly im September 2005 im Internet veröffentlichte. Seitdem hat der Begriff "Web 2.0" starken Widerhall in den Medien gefunden und charakterisiert eine neue Form der Internetnutzung, die stärker durch die Nutzerinnen und Nutzer bestimmt wird. Beispiele wie das Social Networking, das Bloggen oder Online-Auktionen, Videoportale und Foren illustrieren, dass das Web 2.0 mittlerweile viele Bereiche des sozialen und wirtschaftlichen Lebens durchdrungen hat.

Wie sich die Veränderungen technologisch, ökonomisch und gesellschaftlich auswirken, welche diese „neue Generation Internet“ mit sich bringt, dieser Frage geht der vorliegende Aufsatzband nach.

Entstehungshintergrund

Die Veröffentlichung besteht aus 13 Aufsätzen, die laut Herausgeberinnen anlässlich des 8. MCM Forums im Oktober 2006 in St. Gallen referiert wurden, einer Konferenz zu aktuellen Fragen der Medien- und IT-Wirtschaft. Wer nicht an dem Forum teilnehmen konnte oder wem die rund 200 Euro Tagungsgebühr zu kostspielig erschienen, erhält nun die Möglichkeit, die Tagungsbeiträge des Forums nachzulesen. Gleichzeitig eröffnet diese Veröffentlichung im Verlagsprogramm die interdisziplinäre Reihe  "Kommunikation und Management", die von Fachleuten aus Medienwelt und Wissenschaft herausgegeben wird.

Herausgeberinnen

Die Herausgeberinnen Miriam Meckel und Katarina Stanoevska-Slabeva sind Professorinnen an der Universität St. Gallen in der Schweiz. Frau Meckel ist Professorin für Corporate Communication und Direktorin des dortigen Instituts für Medien- und Kommunikationsmanagement. Diese Institution befasst sich seit 1998 schwerpunktmäßig mit der Erforschung von Unternehmenskommunikation im Spannungsfeld von Gesellschaft, Ökonomie und - vornehmlich digitalen - Medien. Frau  Stanoevska-Slabeva ist Vize-Direktorin dieses Instituts.

Von den weiteren 14 Autorinnen und Autoren sind etwa zur Hälfte Professoren oder wissenschaftliche Mitarbeiter/innen der Universität St. Gallen, die übrigen sind bei Wirtschaftsunternehmen oder Medien beschäftigt.

Aufbau

Die Beiträge des Bandes werden in drei Teile zusammengefasst.

1. Grundlagen

  • Im ersten Teil "Grundlagen" startet Katarina Stanoevska-Slabeva mit ihrem Aufsatz "Web 2.0 – Grundlagen, Auswirkungen und zukünftige Trends". Die Autorin charakterisiert zunächst, worin die Neuerungen der Internetnutzung liegen und erläutert die einzelnen Typen "klassischer" Web 2.0-Anwendungen und ‑Plattformen. Insgesamt gibt sie einen strukturierten Überblick über die Nutzung dieser Angebote und skizziert die Herausforderungen an die Unternehmens­kommunikation sowie zukünftige Trends aufgrund heute einzuschätzender  Potentiale: mobiles Netz, Mash-ups und  semantisches Web.
  • Roman Högg, Robert Martignoni, Miriam Meckel  und Katarina Stanoevska-Slabeva, allesamt von der Universität St. Gallen, untersuchen in ihrem Aufsatz "Web 2.0 Geschäftsmodelle" die Möglichkeiten der Wertschöpfung im Web 2.0. Dabei untersuchen sie 40 repräsentative Anwendungen anhand des MCM Business Model Framework und ziehen Schlüsse über die am weitesten verbreiteten Erlösmodelle, wobei ihrer Erkenntnis nach hohe Nutzerzahlen nicht automatisch hohe Gewinne nach sich ziehen.
  • Markus Niewerth, Strategieexperte bei T-Mobile, stellt in seinem Beitrag "Zukunftsszenarien kommunikativer Vernetzung durch Mobilkommunikation" dar, wie sich Web 2.0 und Mobilfunkmarkt schrittweise annähern. Er greift dazu auf die Entwicklung in seinem Unternehmen zurück.
  • "Wird das Web 2.0 mobil?" fragen dann Robert Martignoni und Katarina Stanoevska-Slabeva in ihrem Artikel und widmen sich der Darstellung des mobilen Entwicklungsstandes der neuen Web-Generation. Bei 40 ausgewählten Anwendungen (s.o.) untersuchen sie die wachsende Entwicklung des Angebotes für mobile Endgeräte sowie die damit verbundenen verschiedenen Geschäftsmodelle.
  • Mit veränderten Wertschöpfungsketten beschäftigt sich Torsten Ahlers in seinem Aufsatz über "Neue Anwendungen und Geschäftsfelder im Web 2.0". Ahlers, vormals Geschäftsführer bei AOL Deutschland, analysiert die Chancen und Herausforderungen für Handel und Werbung in der vernetzten Welt und skizziert am Beispiel AOL, wie hierauf reagiert werden kann.
  • Miriam Meckel sieht in ihrem Beitrag "Reputationsevangelisten und Reputationsterroristen" gar eine "Unternehmenskommunikation 2.0" als Folge der veränderten Internetnutzung. In einer profunden Analyse stellt sie dar, wie sich PR-relevante Kommunikationsprozesse durch das Web 2.0 wandeln und illustriert dies an drei eingängigen Beispielen aus der Netzwelt. Hierauf aufbauend erläutert die Autorin, welche Konsequenzen sich für das professionelle Kommunikationsmanagement von Unternehmen unter den Bedingungen der "Peer Production" ergeben.

2. Neue Kommunikationsdimensionen      

  • Hieran knüpft der erste Beitrag des zweiten Teils: "Neue Kommunikationsdimensionen" aus der Feder von Gunnar Bender an. Bender, langjähriger Leiter der AOL Unternehmenskommunikation, berichtet, wie Web 2.0-Medien sich für die interne Change-Kommunikation in seinem Unternehmen angesichts bevorstehender Umstrukturierungsmaßnahmen gewinnbringend einsetzen ließen.
  • In ihrem Aufsatz "Teleport now!" beschreiben Daniel Michelis und Thomas Schildhauer von der Universität St. Gallen ganz anschaulich, welche Möglichkeiten der Kommunikation zwischen Kunden und Unternehmen in virtuellen Welten (wie Second Life) genutzt werden können. Damit geben die Autoren auch einen Abriss zum gegenwärtigen Stand der virtualisierten Welten, ihrer wissenschaftlichen Wahrnehmung und zeigen Entwicklungstrends auf.
  • Mit "Behavioral stellen Markus Schögel und Verena Walter – ebenfalls von der Universität St. Gallen – die Chancen und Grenzen neuer Formen des Online-Marketings dar, in der umfassende Benutzerprofile zur Generierung zielgruppenspezifischer  Werbung erzeugt werden. Den Wachstumschancen dieser Methode stünden mangelnde Akzeptanz auf Nutzerebene und datenschutzrechtliche Bedenken gegenüber.
  • In "Folksonomy und Tags oder warum es im Web keine Regale gibt" skizzieren wiederum zwei St. Gallener, Matthes Fleck und Lars Kirchhoff, die gegenwärtigen Spielarten der Folksonomies. Bei dieser Form des Tagging indexieren Nutzer gemeinsam unterschiedliche Inhalte des Internet. Fleck und Kirchhoff zeigen Berührungspunkte mit der Vision  vom semantischen Web auf.

3. Die Kommunikation der Gesellschaft

  • Den dritten Teil, "Die Kommunikation der Gesellschaft", eröffnet der Chefredakteur der Netzeitung, Michael Maier. Er geht der Frage nach  "Wie Mediennutzer dem Journalismus Konkurrenz machen". Als Journalist und  Sympathisant des "Bürgerjounalismus" berichtet er von Erfahrungen mit seinem Network Publishing–Portal und entwirft Szenarien, wie die Beteiligung der Internetnutzer die Medienlandschaft bereichern kann – und das nicht nur monetär.
  • "Web 2.0 verändert die Kommunikation der Gesellschaft" diagnostiziert dementsprechend der ZEIT-Redakteur Götz Hamann und entdeckt den Schlüssel dazu in kollaborativer Software, welche die ursprüngliche Vision des Internet nun real werden lässt. Insbesondere sieht Hamann in seiner profunden Analyse zivilgesellschaftlicher Entwicklungen den Beginn einer "Bürgerlichen Öffentlichkeit 2.0", die sich des neuen Mediums bedient.
  • "Technolution® - die Evolution der Technologie": Weiter entfernt vom eigentlichen Thema, aber nicht minder lesenswert analysiert der Zukunftsforscher Matthias Horx, warum manche technischen Entwicklungen erfolgreich sind, andere hingegen als Flop oder Nischenprodukt enden. Soviel sei verraten: Technische Innovationen sind menschlicher als es sich mancher Technikskeptiker vorstellen kann!

Zielgruppe

Der vorliegende Aufsatzband wendet sich vornehmlich an diejenigen, die sich für die Werbung, Unternehmenskommunikation und neue Geschäftsmodelle im Web 2.0 interessieren, sei es als Studierende und Lehrende betriebswirtschaftlicher Ausbildungsgänge oder als Mitarbeiter/innen aus dem Bereich Werbung, Marketing, Public Relations oder Kommunikationsmanagement in Firmen und Medien. Das Buch bietet aber auch Fachleuten aus den Medien- und Sozialwissenschaften einen gut lesbaren Überblick über die gesellschaftliche Dimension der Thematik. 

Diskussion

Nach dem Lesen der ersten beiden Teile hatte ich den Eindruck, dass das Thema Web 2.0 sehr fundiert und anschaulich, aber mit einem Schwerpunkt auf ökonomischen Aspekten wie Geschäftsmodellen und Unternehmenskommunikation abgehandelt wird. Hier ist von Stakeholdern, Wertschöpfungsketten, Streuverlusten oder Reputationsevangelisten die Rede. Eine solche Sicht ist ja durchaus legitim, zumal der Gelderwerb ja auch ein wichtiges Thema ist und die Beiträge in einem Forum referiert wurden, welches sich ökonomischen Themen verbunden weiß. Aber es gibt ja auch eine gesellschaftliche Wertschöpfung technologischer Entwicklungen, die sich nicht nur in ökonomischen Kategorien messen lässt. Sehr erfreulich fand ich daher die drei starken Aufsätze im letzten Teil, die für mich das ganze Buch stimmig abrunden.  

Insgesamt sind die einzelnen Beiträge gut zu lesen, und man merkt, dass sich die Autor/innen viel Mühe geben, die Sachverhalte anschaulich darzustellen. Bei so vielen Beiträgen sind Redundanzen allerdings fast unvermeidlich. Vermeidbare Druckfehler in einzelnen Aufsätzen mögen dem Publikationsstil des Web 2.0 geschuldet sein. Das Vergnügen beim Lesen des Buches haben sie jedoch für mich etwas geschmälert. Rätselhaft fand ich überdies, wie Referenten des Forums im Jahre 2006 bereits Studien und Publikationen aus 2007 heranziehen konnten.

Trotzdem: Die Veröffentlichung ist insgesamt eine "runde Sache", nicht zuletzt, weil man den Autor/innen ihr persönliches Engagement für ihr Thema oftmals anmerkt.

Fazit

Die dreizehn Aufsätze dieser Veröffentlichung führen anschaulich in die Grundlagen der Web 2.0-Thematik ein und geben ein aktuelles Bild von den vielfältigen ökonomischen, kommunikativen und gesellschaftlichen Entwicklungen im Zuge der veränderten Internetnutzung.

Rezension von
Dr. Stefan Anderssohn
Sonderschullehrer an einer Internatsschule für Körperbehinderte. In der Aus- und Fortbildung tätig.
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Es gibt 47 Rezensionen von Stefan Anderssohn.

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Zitiervorschlag
Stefan Anderssohn. Rezension vom 04.10.2008 zu: Miriam Meckel, Katarina Stanoevska-Slabeva: Web 2.0. Die nächste Generation kommt. Nomos Verlagsgesellschaft (Baden-Baden) 2008. ISBN 978-3-8329-3243-5. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/6142.php, Datum des Zugriffs 11.09.2024.


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