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Michael Schenk: Medienwirkungsforschung

Rezensiert von Prof. Dr. Lothar Mikos, 10.10.2009

Cover Michael Schenk: Medienwirkungsforschung ISBN 978-3-16-149240-2

Michael Schenk: Medienwirkungsforschung. Mohr Siebeck (Tübingen) 2007. 3., vollst. überarbeitete Auflage. 847 Seiten. ISBN 978-3-16-149240-2. 79,00 EUR.

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Thema

Die Auswirkungen von Medien sind ein ebenso gern diskutiertes wie umstrittenes Phänomen. Auch in der Kommunikationswissenschaft herrscht lediglich Einigkeit darüber, dass Medien Wirkungen haben, sowohl auf die Individuen als auch auf die Kommunikation und auf die Gesellschaft. Die Kommunikationswissenschaft reagiert jedoch nicht mit Ratlosigkeit auf die Komplexität der Medien und ihrer Wirkungen, sondern mit der Entwicklung immer neuer Theorien bzw. theoretischer Ansätze, die zur Erklärung der komplexen Beziehungen zwischen Menschen, Medien und Gesellschaft(en) beitragen können. Hier setzt das vorliegende Lehrbuch des Hohenheimer Kommunikationswissenschaftlers Michael Schenk an, indem es/er den – gelungenen – Versuch unternimmt, die Vielzahl der Theorien, die sich in der etwa einhundertjährigen Geschichte der Kommunikationswissenschaft herausgebildet haben, darzustellen und kritisch zu würdigen.

Aufbau und Inhalt

Bevor der Autor einzelne Ansätze und Theorien darstellt, gibt er einen systematischen Überblick über die Tradition, grenzt die Massenkommunikation von allgemeinen Kommunikationsprozessen ab, beschreibt das Stimulus-Response-Modell als Ausgangspunkt der Publikums- und Wirkungsforschung, stellt die Wirkungsarten und –ebenen dar, setzt sich mit den grundlegenden Wirkungsvorstellungen auseinander und gibt einen Überblick über die Paradigmengeschichte der Medienwirkungsforschung. Auf mehr als 70 einleitenden Seiten liefert Schenk hier eine Metaperspektive, aus der heraus er auch die Systematik der weiteren Kapitel ableitet. Vor allem der Abschnitt über die Wirkungsvorstellungen macht noch einmal mehr als deutlich, wie differenziert der Umgang mit Medienwirkungen ist. Von reinen, direkten Kausalitätsmodellen hat die Kommunikationswissenschaft schon lange Abschied genommen – die Modelle wurden (und werden) immer komplexer. Neben der Kausalität haben seit den 1980er Jahren aber transaktionale und sozial konstruktive Modelle an Bedeutung gewonnen.

Die Darstellung ist in insgesamt fünf Teile gegliedert.

Im ersten Teil setzt sich der Autor mit den Wirkungen der Massenmedien auf Einstellungen, Emotionen und Kognitionen auseinander. Dabei geht es um die Persuasionsforschung, um konsistenztheoretische Ansätze zum Einstellungswandel, um langfristige Veränderungen von Einstellungen und um kognitive Wirkungen. In letzterem Abschnitt wurde das Kapitel zu Priming und Framing im Vergleich zu den früheren Auflagen komplett überarbeitet und ausgeweitet.

Der zweite Teil behandelt das Verhältnis von Massenkommunikation und interpersonaler Kommunikation, vom sozialen Bezugsrahmen des Rezipienten über den Two-Step-Flow und das Meinungsführerkonzept bis hin zur empirischen Diffusionsforschung.

Im dritten Teil geht es dann schließlich um die gesellschaftlichen Wirkungen der Massenkommunikation. Hier werden Ansätze wie die Agenda-Setting-Funktion der Massenmedien ebenso kritisch gewürdigt wie die Theorie der Schweigespirale, die Kultivierungshypothese sowie die Wissenskluft-Theorie.

Der vierte Teil ist dann neueren Entwicklungen gewidmet, die die Perspektive von den Medienwirkungen (Was machen die Medien mit den Menschen?) auf die Mediennutzung (Was machen die Menschen mit den Medien?) gelenkt haben. Unter dem Titel „Publikums- und Gratifikationsfoschung“ werden zunächst das Konzept des aktiven Publikums, die Formen der Publikumsforschung und die standardisierte Publikumsforschung geschildert. Diese Kapitel fallen leider etwas knapp aus. Anschließend setzt sich der Autor eingehend mit den Nutzen- und Belohnungsansatz auseinander.

Im letzten Teil stellt er Betrachtungen zum Stand der Medienwirkungsforschung an.

Fazit

Mit vollem Recht kann „Medienwirkungsforschung“ von Michael Schenk als Standardwerk der Kommunikationswissenschaft gelten. Die dritte Auflage leidet jedoch ein wenig darunter, dass die Struktur des Buches sowie die Darstellung zahlreicher Theorien und Ansätze noch aus der ersten Auflage von 1987 stammen, auch wenn die Kapitel aktualisiert wurden. So haben sich durch die Entwicklung der Kommunikationswissenschaft Akzentverschiebungen ergeben, die eine leicht veränderte Struktur notwendig gemacht hätten. Insbesondere der Teil über die Publikums- und Gratifikationsforschung fällt nicht nur vom Umfang her gegenüber den anderen Teilen ab. Dabei hat gerade dieser Bereich in vergangenen Jahren an Gewicht gewonnen – vor allem auch im Hinblick auf eine zunehmende interdisziplinäre Ausrichtung der Kommunikationswissenschaft. Insgesamt schmälert das den Wert des Bandes nur geringfügig. Wer sich als Wissenschaftler/in oder als Student/in über die Ansätze und Theorien der Kommunikationswissenschaft informieren will, kommt an dem Buch von Michael Schenk nicht vorbei. Allein das Literaturverzeichnis enthält alle wichtigen Werke und ist mit 56 Seiten entsprechend umfangreich geraten. Die praktische Arbeit mit dem Buch wird nicht nur durch die wohl strukturierte Gliederung gefördert, sondern auch durch ein Sachverzeichnis, das es möglich macht, es auch als Nachschlagewerk zu verwenden. Michael Schenk hat die wohl umfassendste Darstellungen der Medienwirkungsforschung geliefert, die schon fast lexikalischen Charakter hat. Das Buch ist daher unbedingt und uneingeschränkt zu empfehlen.

Rezension von
Prof. Dr. Lothar Mikos
Professor für Fernsehwissenschaft
Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf", AV-Medienwissenschaft

Es gibt 16 Rezensionen von Lothar Mikos.

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ISSN 2190-9245