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Horst Siebert (Hrsg.): Methoden für die Bildungsarbeit

Rezensiert von Prof. Dr. Marius Metzger, 03.06.2008

Cover Horst Siebert (Hrsg.): Methoden für die Bildungsarbeit ISBN 978-3-7639-1957-4

Horst Siebert (Hrsg.): Methoden für die Bildungsarbeit. Leitfaden für aktivierendes Lehren. W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG (Bielefeld) 2008. 3., aktualisierte und überarbeitete Auflage. 118 Seiten. ISBN 978-3-7639-1957-4. 14,90 EUR. CH: 29,00 sFr.
Reihe: Perspektive Praxis.

Weitere Informationen bei DNB KVK GVK.

Seit Erstellung der Rezension ist eine neuere Auflage mit der ISBN 978-3-7639-1993-2 erschienen, auf die sich unsere Bestellmöglichkeiten beziehen.

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Thema

Im in dritter Auflage erschienenen Buch "Methoden für die Bildungsarbeit. Leitfaden für aktivierendes Lehren" stellt der Autor einen Methodenkatalog für die Erwachsenenbildung vor. Das hier beschriebene methodische Handwerkszeug soll den in der Erwachsenenbildung tätigen Fachpersonen die konkrete Ausgestaltung von Lehr- und Lernsituationen unter Berücksichtigung der je unterschiedlichen Verhältnisse erleichtern. Der Einsatz dieser Methoden muss sich allerdings konsequent an den im Lehr- und Lernprozess involvierten Subjekte ausrichten und nicht die Subjekte an den jeweiligen Methoden. Der Autor gibt in diesem Zusammenhang zu bedenken: "Pädagogisch betrachtet sind Methoden Wege, die zu einem (Lern-)Ziel führen. Dabei gibt es keinen "Königsweg", sondern je nach Thema, Gruppe, Zeit und Bildungseinrichtung unterschiedliche Wege" (S. 11).

Zielgruppen

Die Zielgruppe des Buches sind in der Erwachsenenbildung tätige Personen, welche nach geeigneten Methoden für die Ausgestaltung ihrer Lehr- und Lernsituationen suchen.

Autor

Dr. Horst Siebert ist em. Professor am Institut für Berufspädagogik und Erwachsenenbildung der Universität Hannover. Er ist Autor zahlreicher Publikationen im Themenbereich der Erwachsenenbildung.

Inhalt

  • In Kapitel 1. Methodenkompetenz wird die Notwendigkeit des Einsatzes von aktivierenden, subjektorientierten Methoden in der erwachsenengerechten Didaktik begründet. In diesem Zusammenhang wird auf die Bedeutung der Selbststeuerung und Eigendynamik des Lernens verwiesen, da das Lernen Erwachsener nicht von aussen steuerbar sei. Dieser Argumentation folgend wird zu bedenken gegeben, dass sich Lernprozesse auch durch einen ausgeklügelten Einsatz von Methoden nicht steuern und regulieren lassen. Der Autor bemerkt lakonisch: "In gewisser Weise sind Erwachsene zwar lernfähig, aber unbelehrbar" (S. 11). Lehrende müssen daher neben der Methodenkompetenz auch über personale, soziale und fachdidaktische Kompetenzen verfügen. Lehrende bedürfen der Fähigkeiten des "reading and flexing" um die konkrete Kurssituation lesen und flexibel darauf reagieren zu können. Nötig ist gemäss dem Autor insbesondere "ein Fingerspitzengefühl für Entscheidungen, die in der konkreten Kurssituation angemessen sind" (S. 14). Solche Entscheidungen über den Einsatz von geeigneten Methoden müssen sich allerdings nicht nur an der Situation und an den Teilnehmenden orientieren, sondern darüber hinaus weisen. Konkret bewegt sich die Methodenwahl dabei im Spannungsfeld viererlei Faktoren: Institutionelle Rahmenbedingungen, Ziele und Inhalte, Teilnehmende sowie Lehrende.
  • In Kapitel 2. Methoden des Lehrens und Lernens werden nach Handlungsfelder geordnete Methoden der Erwachsenenbildung beschrieben. Der Fokus dieser Kurzbeschreibungen liegt auf der Umsetzbarkeit, d.h. auf dem bewährten Handlungswissen. Ergänzend zu diesen Kurzbeschreibungen erleichtern Hinweise zur Umsetzung die Entscheidung über den konkreten Methodeneinsatz im jeweiligen Lehr- und Lernsetting. Zusätzliche Literaturtipps ermöglichen die selbstständige Vertiefung.
    Im Einzelnen werden Methoden zu folgenden Handlungsfeldern erläutert: Organisationsformen, Lernkulturen, Feinplanung, Anfangssituationen, biographische Zugänge, Kleingruppen, Wissensaneignung, Visualisierung, Lerntechniken sowie Evaluation. Insgesamt beschreibt der Autor 75 unterschiedliche Methoden, mit welchen er eigene Erfahrungen sammeln konnte. Dabei ist es ihm ein Anliegen, auf Folgendes hinzuweisen: "Die Beschreibung der Methoden sind als Vorschläge und Anregungen gedacht. Es handelt sich nicht um verbindliche Anweisungen, die befolgt werden müssen – im Unterschied zu Bedienungsanleitungen technischer Geräte" (S. 18).
  • In Kapitel 3. Prinzipien des Lehrens werden Grundprinzipien des Lehrens und Lernens mit neurowissenschaftlichen Erkenntnissen zu erklären versucht. Der Autor sieht in den Ergebnissen neurowissenschaftlicher Forschung die Herleitung der Prinzipien einer aktivierenden, subjektorientierten Lehre begründet. Da sich aus diesen Erkenntnissen allerdings noch keine eigentliche Methodik und Didaktik herleiten lässt, werden hier lediglich pädagogisch relevante Thesen aufgelistet. Insbesondere die Erkenntnis, wonach das Lernen Erwachsener wesentlich von den je eigenen biographisch gewachsenen sensorischen, kognitiven und emotionalen Strukturen abhängt und im jeweiligen sozialen Kontext verhaftet bleibt, macht die Forderung nach einer subjektorientierten Didaktik und Methodik nachvollziehbar. Für die Lehre ist dann zu abzuleiten, dass diese "die Selbstverantwortlichkeit und den Eigensinn der Lernenden respektiert" (S. 102). In diesem Sinne wird der Lehre eine unterstützende Funktion zugewiesen, indem sie Lernen nicht erzwingt, sondern erst ermöglicht. Die damit verbundenen pädagogischen Handlungsorientierungen sind in der Erwachsenenbildung relativ konsensfähig und umfassen im Einzelnen: Anschlussfähigkeit, Dramaturgie, Erlebnisqualität, Gendermainstreaming, Gruppendynamik, Kompetenzorientierung, Perspektivenverschränkung, Selbststeuerung, Situationsorientierung, Teilnehmerorientierung sowie Vernetzung.

Diskussion

In Kapitel 1 wird die Verschränkung von Lehren und Lernen zum Thema gemacht. Verschiedene Thesen zum Lernverhalten regen zum Weiterdenken an, werden aber leider nicht weiter ausgeführt. Insbesondere bei Thesen, welche sich mit der Rolle der Lehr- und Lernsubjekte im Lerngeschehen befassen, hätten sich weiterführende Betrachtungen als lohnend erwiesen. In diesem Zusammenhang kann beispielhaft auf die folgende These verwiesen werden: "Genauso wie es unterschiedliche Lerntypen gibt, gibt es verschiedene Lehrtypen. Lehrende und Lernende müssen zueinander passen" (S. 16). Die weiterführende Begründung dieser und ähnlicher Thesen wäre insbesondere auch deswegen lohnend gewesen, weil das Kapitel ja in der Forderung nach subjektorientierten, aktivierenden Methoden mündet.

In Kapitel 2 werden die nach Handlungsfeldern geordneten Methoden kurz, knapp und anschaulich beschrieben. Man würde sich bisweilen etwas detailliertere Ausführungen und veranschaulichende Beispiele wünschen. Allerdings ist die Beschreibung der Methoden vom Autor bewusst knapp gehalten, da das Buch lediglich den Anspruch einer einführenden Darstellung erfüllen will. Zudem ermöglichen die hervorragenden Literaturhinweise eine selbstständige Vertiefung und Auseinandersetzung mit der jeweiligen Methode. Die Auswahl der dargestellten Methoden orientiert sich an den Bedürfnissen der Praxis und ist ausgezeichnet gelungen. Die Tatsache, dass "die Auswahl der Methoden … subjektiv [ist]" (S. 18), zeugt von der grossen Erfahrung des Autors. Aussagen wie "methodisches Handeln ist eine permanente Suchbewegung, ein Ausprobieren und Variieren" (S. 18) machen sowohl Routiniers wie auch Anfängerinnen und Anfängern Mut, Neues auszuprobieren oder Bewährtes auch mal zu überdenken.

In Kapitel 3 werden methodenübergreifende Prinzipien des Lehrens zum Thema gemacht. Mit dem Verweis auf Ergebnisse neurowissenschaftlicher Forschung werden diese Prinzipien zu untermauern versucht. Dabei nimmt der Autor eine wohltuende Beschränkung des tatsächlichen Nutzungspotentials solcher Ergebnisse vor: "Aus Sicht der neurowissenschaftlichen Forschung kann keine Didaktik und Methodik abgeleitet werden" (S. 101). Mit solchen Aussagen wird die Überschätzung der pädagogischen Bedeutung der Neurowissenschaften erfrischend deutlich relativiert und so einer vereinzelt zu beobachtende Neuromythologisierung entgegengewirkt. Berechtigterweise verweist er gleichzeitig aber auch darauf, dass sich in den letzten Jahren über den Rückgriff auf neurowissenschaftliche Erkenntnisse das Modellverständnis des Gehirns als autopoietisches, operational geschlossenes System etablieren konnte. Folgerichtig wird dann abgeleitet, dass "Lernen ein strukturdeterminierter, selbstgesteuerter Prozess [ist], der von aussen angeregt, aber nicht instruiert werden kann" (S. 101). Ähnlich wie in Kapitel 1 werden interessante, pädagogisch relevante neurophysiologische Thesen aufgeführt, aber leider nicht weiter erläutert.

Fazit

Der in diesem Buch enthaltene Methodenkatalog eignet sich in hohem Masse dazu, einen schnellen Einblick in vielfältige Methoden einzelner Handlungsfelder der Erwachsenenbildung zu erhalten. Die konzeptionelle Fundierung dieser Methoden bleibt dabei allerdings relativ oberflächlich. Die im Buch beschriebenen und praxiserprobten Methoden sind jedoch für die Erweiterung der eigenen Methodenkompetenz sowohl für Routiniers wie auch für Anfängerinnen und Anfänger äusserst wertvoll.

Rezension von
Prof. Dr. Marius Metzger
Verantwortlicher Kompetenzzentrum Erziehung, Bildung und Betreuung in Lebensphasen am Institut für Sozialpädagogik und Bildung der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit
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Es gibt 17 Rezensionen von Marius Metzger.

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ISSN 2190-9245