Bruce Maxwell: Professional Ethics Education
Rezensiert von Dipl.-Psych. Gesche Keding, 11.09.2008

Bruce Maxwell: Professional Ethics Education. Studies in Compassionate Empathy. Springer (Berlin) 2008. 198 Seiten. ISBN 978-1-4020-6888-1. 85,55 EUR.
Autor
Bruce Maxwell ist Dozent am John Abbott College der Universität von Montreal im Bereich Geisteswissenschaften und Philosophie.
Inhalt
Moralische Erziehung gilt als eine von vier Dimensionen der moralischen Entwicklung. Moralische Motivation, moralischer Charakter und moralische Wahrnehmungsfähigkeit sind weitere Dimensionen der moralischen Entwicklung.
Heutige angewandte Ethik und damit auch praktische und professionelle Ethik gilt als Weiterentwicklung der Schule des moralischen Realismus. Die Alternative zum moralischen Realismus ist der Expressivismus. Während letzterer dem Grundgedanken folgt, ethische Überzeugungen seien im Wesentlichen der Ausdruck persönlicher Überzeugungen, Haltungen, Gefühle und Wünsche, geht der moralische Realismus davon aus, dass alle moralischen Werthaltungen, die jemand ausdrückt auch die Motivation ausdrücken, sich nach diesen Werthaltungen auch selbst im eigenen Handeln zu richten. Moralische Aussagen gelten nach dieser metaethischen Position als unabhängig von persönlichen Werthaltungen als objektiv. Für die ethische Pädagogik ergibt sich, dass es genügt, die Fähigkeiten des moralischen Urteils zu stärken. Tatsächlich scheitert die Umsetzung der Überzeugungen aber häufig an nicht-moralischen Einwänden wie z.B. ökonomischen Nachteilen. Ergo können Pädagogen dieses Gebietes sich nicht darauf beschränken, sich nur mit der kognitiven Seite der moralischen Entwicklung zu begnügen, sondern berücksichtigt auch moralische Identität, Selbst und Persönlichkeit. Daher folgen viele Pädagogen der Überzeugung, die empathischen Fähigkeiten zu fördern ist Ziel des Unterrichts in angewandter Ethik, da Empathie motivierende Aspekte zugeschrieben werden. Empathie kann beschrieben werden als die Wahrnehmungsfähigkeit der Bedürfnisse anderer und der Wunsch die Perspektive und Ansichten anderer zur Kenntnis zu nehmen und ist an folgenden Dimensionen der moralischen Entwicklung beteiligt: Der moralischen Wahrnehmungsfähigkeit, der moralischen Charakterentwicklung und der moralischen Motivation.
Aufbau und Inhalt
Von der Definition der Empathie hängt folglich auch ab, ob und welcher Weise Schulungen in praktischer Ethik entsprechende Inhalte behandeln. In sieben Kapiteln werden Aspekte der Empathie aus Sicht unterschiedlicher Forschungsgebiete aufgefächert:
Nach dem ersten einführenden Kapitel, das einen methodologischen Exkurs zum ethischen Naturalismus und die Frage nach den Zielen ethischer Erziehung stellt, gibt das zweite Kapitel einen Überblick über die verschiedenen Implikationen für den Begriff Empathie, die sich sozialpsychologische Forschung, Moralphilosophie, Psychotherapie und Ästhetik ergeben. Das dritte Kapitel behandelt empirisch und theoretisch Mitgefühl als Aspekt von Empathie. Unter Mitgefühl wird hier das Einfühlen in die Leiden einer anderen Person einzufühlen mit der Einstellung, diese müssen gelinder werden verstanden. Das korrespondiert mit Forschungsergebnissen der Sozialpsychologie, dass Empathie und die Motivation zu helfen korrelieren. Mitfühlende Empathie weist eine Nähe zu moralischen Sichtweisen auf und scheint daher einen moralischen Wert zu haben. Gleichzeitig werden Menschen durch ihr Mitgefühl auch zu moralisch zweifelhaften oder falschen Handlungen motiviert. Dieses Spannungsverhältnis wird in Kapitel vier aufgegriffen. Ob sich Gefühle nachteilig auf die Fähigkeit unparteilich moralisch zu urteilen auswirken oder dieses Urteil erst ermöglichen ist Thema des fünften Kapitels. Es ist nicht gesagt, dass die Fähigkeit, moralisch differenziert zu urteilen, auch affektives Engagement nach sich sieht. Fälle aus der Psychopathologie weisen darauf hin, dass die Fähigkeit des Mitgefühls für andere eine grundlegende Eigenschaft im Zusammenhang moralischen Handelns zu sein scheint. Im sechsten und siebten Kapitel werden die praktischen Implikationen der voran gegangenen Kapitel für ein durchzuführendes Training bzw. Unterricht in praktischer Ethik entfaltet. Der Autor plädiert insbesondere für drei Vorgehensweisen: Die Berücksichtigung anderer soll als eine Dimension moralischer Erfahrung im Zusammenhang der theoretischen Einführung des Themas diskutiert werden um so die moralische Motivation zu stärken. Das vorhandene Mitgefühl für andere und die Möglichkeiten sich mit Betroffenen zu identifizieren sollte erweitert und vertieft werden, indem Fälle und Dilemmata behandelt werden, in denen ein breites Spektrum moralischen Handelns repräsentiert ist. Weil mitfühlende Empathie von vielen psychologischen Faktoren moderiert wird und sich daher auf vielfältige Weise zeigen kann, sollte auch das Kurrikulum des Unterrichts abwechslungsreich sein.
Zielgruppe
Das Buch richtet sich an an Philosophie interessierte Erzieher und Pädagogen, die praktische Ethik vermitteln. Bruce Maxwells Ziel ist es, diese und das Konzept der moralischen Erfahrung anzureichern.
Fazit
Das Buch ist für diejenigen, die die Vermittlung ethischer Grundsätze an relevanter Forschung ausrichten wollen, die an theoretischen Hintergründen interessiert sind, eine Fundgrube in Hinblick auf das Thema Empathie, Mitgefühl und moralische Wahrnehmungsfähigkeit. Ausdrücklich und Gewinn bringend für die Leser schaut er dabei neben seiner eigenen, der Pädagogik, auch in andere Fachrichtungen, nämlich die der Philosophie und der Psychologie. Es ist in englischer Sprache geschrieben und enthält ein Stichwortregister.
Rezension von
Dipl.-Psych. Gesche Keding
Leuphana College, Universität Lüneburg
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