Wolfgang Schneider, Marcus Hasselhorn (Hrsg.): Handbuch der pädagogischen Psychologie
Rezensiert von Prof. Dr. Angela Schorr, 27.05.2009
Wolfgang Schneider, Marcus Hasselhorn (Hrsg.): Handbuch der pädagogischen Psychologie.
Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG
(Göttingen) 2008.
771 Seiten.
ISBN 978-3-8017-1863-3.
59,95 EUR.
CH: 99,00 sFr.
Reihe: Handbuch der Psychologie - Band 10.
Herausgeber
Wolfgang Schneider und Marcus Hasselhorn, die Herausgeber dieses Bandes, die beide in diesem Jahrzehnt bereits einmal das Amt des Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Psychologie e.V. ausgeübt haben, sind ausgezeichnet ausgewiesene Experten im Bereich der Pädagogischen Psychologie. Über ihr vielfältiges Netzwerk haben sie für diesen Band viele renommierte und zukunftsorientiert forschende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gewonnen (insgesamt 87 an der Zahl), die darin fundiert und dennoch gut verständlich über ihre Spezialgebiete referieren.
Zum Handbuch der Psychologie
Die im Göttinger Hogrefe Verlag erscheinende „Handbuch der Psychologie“-Reihe, die auf insgesamt 13 Bände ausgelegt ist, hat zum Ziel, die Ergebnisse psychologischer Forschung mit Anspruch und auf dem neuesten Stand des Wissens, aber zugleich auch „kompakt und griffig“ darzustellen. So auch dieser Band, das „Handbuch der Pädagogischen Psychologie“.
Aufbau und Inhalt
In 9 Kapiteln informieren die Autorinnen und Autoren über insgesamt 64 zentrale Themenfelder aus der pädagogisch-psychologischen Forschung. Jeder einzelne Beitrag ist ausgestattet mit einem deutschen und einem englischen Titel, wodurch interessierten Lesern die weitere Recherche zu den Einzelthemen in der internationalen Fachliteratur erleichtert wird. Alle Texte sind inhaltlich klar strukturiert, teilweise mit farbig unterlegten Kästen für Spezialfragestellungen und vertiefende Erläuterungen versehen, alle bedienen sich einer gut verständlichen Sprache und enthalten Hinweise sowohl zur aktuellen Fachliteratur wie zu weiterführender Literatur. Sie sind faktenorientiert geschrieben und von Fall zu Fall mit anschaulichen, gut verständlichen Grafiken ausgestattet. Allen Autoren dieses Bandes ist das Bemühen anzumerken, jegliche verbale Überfrachtung zu vermeiden, um so die Inhalte des Faches für ein möglichst breites Publikum, d.h. auch für Studierende, Forscher und Berufsangehörige aus Nachbardisziplinen wie der Pädagogik, den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften zu öffnen. Die Pädagogische Psychologie, traditionell ein Anwendungsfach mit breiten interdisziplinären Bezügen, wird hier in nahezu optimaler Weise mit ihren wichtigen Schwerpunkten und Fragestellungen vorgestellt.
In den 9 Kapiteln des Handbuchs geht es um die Themen
- „Lernende und Lehren“,
- „Lehren und Unterrichten“,
- „Beurteilen, Diagnostizieren und Bewerten“,
- „Prävention und Intervention“,
- „Beratung und Erziehung“,
- „Psychologie der Lernumwelt“,
- „Schulische Lernbereiche“,
- „Lern- und Verhaltensstörungen“ und
- „Forschungsmethoden der Pädagogischen Psychologie“.
Diskussion
Vergleicht man die Themen der einzelnen Beiträge beispielsweise mit den Themen des sehr erfolgreichen und gut eingeführten Bandes „Handwörterbuch Pädagogische Psychologie“, herausgegeben von Detlev Rost (BeltzPVU, 2006), so finden sich zwar einige Überschneidungen (auch in Bezug auf die Autorenschaft), doch überrascht trotz mancher Übereinstimmungen die Unterschiedlichkeit in den Auffassungen davon, was die Pädagogische Psychologie zentral ausmacht. Bei Schneider und Hasselhorn liegt der Schwerpunkt klar auf dem Thema (schulischer) Bildung und den Beiträgen der Pädagogischen Psychologie hierzu. Aber auch die Leser-bezogene Herangehensweise unterscheidet sich. Schneider und Hasselhorn haben mit dem Handbuch einen Themenkatalog zusammengestellt, der pragmatisch und anwendungsbezogen auf praktisches Handeln reflektiert und dazu gezielt wissenschaftlich fundierte Informationen und fachkundige Bewertungen liefert. Neue Anforderungen an das Fach, etwa der Beitrag „Zeitbudget und Mediennutzung“ (Autor: Marco Ennemoser) stehen gleichberechtigt neben traditionellen Themen, etwa dem Beitrag „Lehr-Lern-Forschung“ (Autor: Olaf Köller). Trotz unterschiedlicher Autorenschaft ergänzen sich die Beiträge gut, - auch über die Kapitelgrenzen hinweg, wie etwa der Beitrag „Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten“ von Jutta Weber und Peter Marx (Kapitel VIII) und der Beitrag „Prävention von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten“ des Mitherausgebers Wolfgang Schneider (Kapitel IV). Insgesamt macht der Band deutlich: Die Zukunft der Pädagogischen Psychologie, ihre wichtigen Erkenntnisse und Interventionsansätze werden zwar - auch im Falle des Bandes von Rost (2006, s.o.) - weiterhin vorrangig und primär innerhalb der psychologischen Fachdisziplin erarbeitet und perfektioniert, doch legen die Herausgeber dieses Handbuchs zugleich größten Wert darauf, sich den angrenzenden Fachdisziplinen verständlich zu machen und kommunikative Barrieren abzubauen, um den interdisziplinären Dialog zu fördern. So stellt das „Handbuch der Pädagogischen Psychologie“ nicht nur eine durchaus beeindruckende, aktuelle „Leistungsschau“ des Faches dar, wie es viele Handbücher tun. Es ist auch und ganz bewusst ein Kommunikationsangebot.
Bei Handbüchern mit so vielen Einzelbeiträgen ist es naturgemäß schwierig, eine differenzierte Bewertung abzugeben, die allen Beiträgen gerecht wird. Der interessierten Leserschaft mag hierzu der Hinweis genügen, dass die Rezensentin, selbst Professorin für Medienpsychologie und Pädagogische Psychologie, jeden einzelnen Beitrag gelesen hat, und zwar mit Gewinn! Für alle Beiträge gilt: Sie sind von sehr guter Qualität, sorgfältig abgefasst und sehr informativ. Der Hogrefe Verlag und die Herausgeber der Reihe haben auch mit diesem Band wieder bewiesen, dass ein wissenschaftliches Handbuch nicht notgedrungen ein schwergewichtiges Werk sein muss, das allein oder vorrangig auf die Scientific Community zielt. Zwar ist es auch diesmal ein umfangreicher Band geworden (771 Druckseiten!), doch kann er jederzeit mit Gewinn gleichermaßen von Studierenden, Lehrenden, Forschern und Berufspraktikern der Psychologie und der angrenzenden Fachdisziplinen (Pädagogik, Soziologie, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften) gelesen und genutzt werden.
Fazit
Was die Pädagogische Psychologie zu Bildungsfragestellungen zu bieten hat, wird hier mit der gebotenen Gründlichkeit abgehandelt. Insbesondere Lehrern und Lehramtskandidaten ist dieser Band als zentrales Grundlagenwerk zu empfehlen!
Rezension von
Prof. Dr. Angela Schorr
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