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Josef Bäuml, Gabriele Pitschel-Walz (Hrsg.): Psychoedukation bei schizophrenen Erkrankungen

Rezensiert von Prof. Dr. Annemarie Jost, 04.02.2003

Cover Josef Bäuml, Gabriele Pitschel-Walz (Hrsg.): Psychoedukation bei schizophrenen Erkrankungen ISBN 978-3-7945-2213-2

Josef Bäuml, Gabriele Pitschel-Walz (Hrsg.): Psychoedukation bei schizophrenen Erkrankungen. Schattauer (Stuttgart) 2003. 376 Seiten. ISBN 978-3-7945-2213-2. 39,95 EUR.
Konsensuspapier der Arbeitsgruppe "Psychoedukation bei schizophrenen Erkrankungen". Mit CD-ROM. Systemvoraussetzungen der CD-ROM-Beil.:=Windows 97/98/ME/NT4/2000/XP, Mac OS X sowie Classic .

Weitere Informationen bei DNB KVK GVK.

Seit Erstellung der Rezension ist eine neuere Auflage mit der ISBN 978-3-7945-2481-5 erschienen, auf die sich unsere Bestellmöglichkeiten beziehen.

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Enstehungshintergrund

Das Buch, an dem 17 Autoren aus ganz Deutschland mitgewirkt haben, ist ein Ergebnis der Arbeitsgruppe "Psychoedukation bei der Behandlung schizophrener Erkrankungen" , die 1996 mit Unterstützung aus der pharmazeutischen Industrie ins Leben gerufen wurde, um eine Ist-Analyse bestehender Konzepte psychoedukativer Interventionen durchzuführen, einzelne Konzepte weiter zu entwickeln, die praktische Umsetzung zu befördern und wissenschaftliche Untersuchungen zu planen.

Zur Zielgruppe des Buches

Das Buch eignet sich für professionell psychiatrisch Tätige und Studierende, die sich mit theoretischen und praktischen Fragen der Psychoedukation intensiver beschäftigen und an der wissenschaftlichen Begleitforschung interessiert sind. Es ersetzt für den Anfänger jedoch kein Manual zur Durchführung solcher Gruppenangebote, da es zwar auf viele theoretische und praktische Fragen genau eingeht, aber nicht in systematischer Form Stundenaufbau, didaktische Materialien und Details der zu vermittelnden Inhalte zur Verfügung stellt. Die Materialien werden nicht zur eigenen Modifikation und Vervielfältigung auf CD-rom zur Verfügung gestellt, (dies wäre vielleicht eine Anregung für die 2. Auflage).

Zum Aufbau des Buches

Nach einem einführenden Konsensuspapier folgen 19 von unterschiedlichen Autoren verfasste Vertiefungskapitel und ein sehr ausführlicher Anhang mit Evaluationsinstrumenten und Arbeitshilfen für Gruppenleiter. Das Buch muss nicht unbedingt linear gelesen werden.

In den Vertiefungskapiteln geht es um die folgenden Themen:

  • Zur Geschichte der Psychoedukation
  • Kooperative Pharmakotherapie (hiermit ist ein aktiver, aber mit dem Arzt abgestimmter Umgang mit der Medikation gemeint, welcher durch Psychoedukation - allerdings in bescheidenem Umfang - gefördert wird)
  • Psychoedukation bei akut kranken, stationären Patienten und Psychoedukation außerhalb von Klinik und Institutsambulanz
  • Motivierung von Angehörigen zur Teilnahme (dies setzt sowohl eine angehörigenfreundliche Atmosphäre im gesamten Therapiesetting als auch eine gute Planung der Gruppen selbst voraus, was z. B. Öffentlichkeitsarbeit sowie Zeit und Ort der Treffen anbelangt)
  • Diagnosemitteilung (hier findet man sehr hilfreiche Formulierungen, die man in Aufklärungsgesprächen nutzen kann)
  • Informationsvermittlung: Pflicht und Kür (hier findet man eine ausführliche Zusammenstellung der Themen, die bei der Psychoedukation behandelt werden)
  • Individualisierung und trialogische Dimension (Unterschiede zu und Gemeinsamkeiten mit Psychose-Seminaren)
  • Diagnoseübergreifende Gruppen (z.B in kleinen psychiatrischen Abteilungen)
  • Bilder, Metaphern und Materialien bei der Vermittlung

  • Psychotherapeutische Aspekte
  • Coping und Bewältigung
  • Psychoedukation im gemeindepsychiatrischen Verbund
  • Evaluation und kritische Forschungsfragen
  • Anti-Stigma Kampagnen und Selbsthilfebewegung (hier hätte man möglicherweise die Sichtweisen Betroffener einbeziehen können, um diesem Kapitel noch mehr Aussagekraft zu verleihen)
  • Rechtsfragen

Bewertung und Fazit

Es handelt sich um ein aktuelles, wissenschaftlich ausgezeichnet fundiertes Buch, das auf dem Zusammenschluss forschender Experten beruht und dem Leser hoch interessante Hintergründe und Anregungen für die theoretische und praktische Arbeit bietet. Es betont die Bedeutung psychoedukativer Arbeit und versucht die Kritik, psychoedukative Arbeit setze auf "Erziehung statt Beziehung" in mehrfacher Hinsicht zu widerlegen. Das Buch setzt sich aber auch mit Problemen wie Inanspruchnahme der Angebote, Finanzierung und Integration in die gesamte sozialpsychiatrische Versorgung auseinander. Ziele der psychoedukativen Arbeit sind dialogfähige psychiatrisch Tätige und aufgeklärte Patienten und Angehörige, die mit ihrer Krankheit und entstehenden Krisen kompetent umzugehen lernen und hierbei bereit sind, mit den Experten langfristig zusammen zu arbeiten und die medikamentöse Behandlung als konstruktive Hilfe zu akzeptieren. Psychiatrie-Erfahrene und Angehörigen kommen in dem Buch nur indirekt, d.h. durch die Analyse zahlreicher Befragungen zu Wort.

Rezension von
Prof. Dr. Annemarie Jost
Professorin für Sozialpsychiatrie an der Fakultät 4 der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg
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Es gibt 145 Rezensionen von Annemarie Jost.

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ISSN 2190-9245