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Uwe Flick, Gundula Röhnsch: Gesundheit auf der Straße (Jugend­wohnungslosigkeit)

Rezensiert von Prof. Dr. Susanne Gerull, 04.11.2008

Cover Uwe Flick, Gundula Röhnsch: Gesundheit auf der Straße (Jugend­wohnungslosigkeit) ISBN 978-3-7799-1973-5

Uwe Flick, Gundula Röhnsch: Gesundheit auf der Straße. Gesundheitsvorstellungen und Umgang mit Krankheit im Kontext von Jugendobdachlosigkeit. Juventa Verlag (Weinheim) 2008. 287 Seiten. ISBN 978-3-7799-1973-5. 24,00 EUR.

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Thema

Mit den Ergebnissen aus zwei qualitativen Studien zum Thema Gesundheit auf der Straße werden erstmals umfassend die subjektiven Gesundheitsvorstellungen, das Gesundheitshandeln und die Inanspruchnahme von gesundheitsbezogenen Dienstleistungen von Jugendlichen mit dem Lebensmittelpunkt Straße beschrieben und analysiert. Ein Fokus der zweiten Studie waren dabei chronisch kranke Straßenjugendliche. Die Forscher/-innen stützen sich dabei neben einer ausführlichen Literaturrecherche auf teilnehmende Beobachtungen, episodische Interviews mit 36 jugendlichen Wohnungslosen sowie 12 Expert/-inneninterviews. Wesentlichste Ergebnisse der Studien: Straßenjugendliche befinden sich in einem schlechten Gesundheitszustand, sie verfügen nur über geringe Ressourcen und Bewältigungsstrategien und verhalten sich größtenteils gesundheitsriskant. Zentrale Forderungen der Autor/-innen sind daher die Schaffung umfassender Maßnahmen der Gesundheitsförderung, die sich allerdings an den spezifischen Lebensbedingungen der Szene orientieren müssen. Hierzu gehören sucht-, ernährungs- und sexualpräventive Angebote, die nicht nur Wissen vermitteln, sondern die Betroffenen auch in ihren Handlungskompetenzen ernst nehmen und fördern. Strukturell ist nach Ansicht der Forscher/-innen eine stärkere Vernetzung der unterschiedlichen Hilfesysteme wie Jugend-, Gesundheits- und Wohnungslosenhilfe erforderlich.

Aufbau und Inhalt

  1. Einleitung
  2. Jugend und Gesundheit. Das Theoriekapitel rekapituliert den Forschungsstand zum Thema Jugend und Gesundheit. Spezifische gesundheitliche Risiken sowie das Thema Alkohol- und Drogenkonsum von Jugendlichen werden erörtert. Chronische Erkrankungen werden als kritisches Lebensereignis mit weitreichenden Folgen beschrieben.
  3. Gesundheit und Krankheit im Kontext von Jugendobdachlosigkeit. In diesem Kapitel werden Daten und Fakten zum Thema Straßenjugendliche aufbereitet sowie sozialisationsbedingte und sozialstrukturelle Ursachen für die Entstehung der Wohnungslosigkeit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen dargestellt. Es wird erläutert, wie das Straßenleben das Auftreten und den Verlauf bestimmter Krankheiten begünstigt.
  4. Die Studie. Hier werden der theoretische Rahmen und das methodische Vorgehen in den beiden Studien erläutert.
  5. Das Untersuchungsfeld. Das Untersuchungsfeld der teilnehmenden Beobachtungen (Berlin Alexanderplatz) werden beschrieben und die Zugänge der Jugendlichen zur Lebenswelt Straße aufgezeigt.
  6. Fallstudie Hannes. Die erste von insgesamt vier Fallstudien.
  7. Gesundheitsvorstellungen obdachloser Jugendlicher. In diesem ersten empirischen Kapitel werden die Gesundheitsvorstellungen der beobachteten und interviewten Straßenjugendlichen beleuchtet, ihr subjektiver Gesundheitszustand sowie deren subjektive Wichtigkeit von Gesundheit.
  8. Fallstudie Silke
  9. Umgang mit gesundheitlichen Risiken auf der Straße. Der Umgang der Straßenjugendlichen mit Alkohol und Drogen, ihr Sexualverhalten, ihre Ernährungsgewohnheiten sowie ihr Umgang mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen ist Thema des neunten Kapitels.
  10. Fallstudie Bastian
  11. Chronische Krankheit – Erfahrungen der Jugendlichen. Dieses Kapitel beleuchtet das Krankheitsverständnis der chronisch kranken Straßenjugendlichen, ihr Krankheitserleben und ihren Umgang mit der Krankheit.
  12. Fallstudie Denise
  13. Zusammenfassung der Fallstudien. Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der vier für die Fallstudien ausgewählten Jugendlichen werden dargestellt.
  14. Krankheit auf der Straße – Sicht von Experten. In diesem Kapitel werden die Ergebnisse aus den Expert/-inneninterviews (5 Ärzt/-innen und sieben Sozialarbeiter/-innen) vorgestellt, ein Fokus liegt hier auf dem professionellen Hilfesystem und den Zugangsbarrieren für die Straßenjugendlichen.
  15. Zusammenfassende Diskussion der Ergebnisse
  16. Konsequenzen für eine zielgruppenorientierte Gesundheitsvorstellung

Einschätzung und Fazit

"Gesundheit auf der Straße" ist ein Muss für alle diejenigen, die sich mit Straßenjugendlichen beschäftigen – sei es als Sozialarbeiter/-innen, sei es im Kontext von Lehre und Forschung. Die Publikation ist gut lesbar und ermöglicht sowohl ein schnelles Erfassen der Inhalte durch zusammenfassende Darstellungen in Tabellenform und ein kurzes Fazit am Ende eines Abschnitts als auch das tiefer gehende Rezipieren der Ergebnisse. Das Buch ist gut strukturiert, und auch der sich ähnelnde Aufbau der empirischen Kapitel erleichtert das Lesen. Mit den inhaltlichen Dopplungen, die sich durch den klassischen Aufbau der Publikation – Theorie, Empirie und Diskussion der Ergebnisse – ergeben, kann man gut leben. Die Autor/-innen haben mit der Verknüpfung der Themen Straßenjugendliche und Gesundheit eine Forschungslücke geschlossen und wenden sich gleichzeitig mit konkreten Forderungen an das professionelle Hilfesystem. So hat diese wissenschaftliche Publikation einen hohen Praxisbezug und sollte im Übrigen zur Pflichtlektüre für alle die werden, die für die vielen Zugangsbarrieren von benachteiligten Jugendlichen zum Gesundheitssystem verantwortlich sind.

Rezension von
Prof. Dr. Susanne Gerull
Professorin für Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit mit den Schwerpunkten Armut, Arbeitslosigkeit, Wohnungslosigkeit und niedrigschwellige Sozialarbeit an der Alice Salomon Hochschule Berlin
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Es gibt 11 Rezensionen von Susanne Gerull.

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ISSN 2190-9245