Wolfgang Antes, Eva Rothfuß: Web 2.0 für Jugendliche
Rezensiert von Dipl.-Soz.Päd. Thomas Molck, 04.05.2009

Wolfgang Antes, Eva Rothfuß: Web 2.0 für Jugendliche. Jugendbildung und Medienpädagogik am Beispiel von jugendnetz.de.
Juventa Verlag
(Weinheim) 2008.
216 Seiten.
ISBN 978-3-7799-2127-1.
22,00 EUR.
CH: 39,90 sFr.
Reihe: Edition ProjektArbeit.
Thema
Die Publikation kann überwiegend als Beschreibung und Ausarbeitung des inhaltlich-/konzeptionellen Hintergrundes der Internetplattform jugendnetz.de in Baden-Württemberg verstanden werden.
Autor/Autorin
Wolfgang Antes ist Geschäftsführer der Jugendstiftung Baden-Württemberg, deren Servicestelle Jugend auch für die Plattform jugendnetz.de verantwortlich ist. Sein Arbeitsschwerpunkt in der Jugendstiftung ist die Entwicklung von Arbeits- und Hilfsinstrumenten für Projektinitiativen.
Eva Rothfuß koordiniert die Plattform jugendnetz.de und entwickelt dort sowohl Angebote im Internet als auch Aktivitäten vor Ort gemeinsam mit Jugendlichen und anderen Partnern.
Aufbau
Im ersten Teil werden von Wolfgang Antes zunächst kurz die Ziele, die Konzeption, die Zielgruppe und der Betrieb der Plattform beschrieben. Danach erfolgt eine Erörterung von Aspekten der medienpädagogischen Diskussion der letzten 40 Jahre und der Grundzüge des Web 2.0. Damit soll die theoretische Grundlage der bestehenden Konzeption der Plattform und einer eigenen Befragung zur Internetnutzung von Jugendlichen und Möglichkeiten ihrer aktiven Beteiligung an den Inhalten gelegt werden, deren Ergebnisse danach vorgestellt werden.
Im zweiten Teil beschreibt Eva Rothfuß dann die Plattform jugendnetz.de im Detail.
Inhalte
Im ersten Teil stellt sich Wolfgang Antes die Frage, wie eine Internetplattform aussehen muss, „die aktive junge Menschen inhaltlich mit entwickeln, gestalten und pflegen?“ (S. 11) Dabei möchte er Ideen des Web 2.0 mit den Vorstellungen junger Menschen – unter Berücksichtigung der aktuellen medien- und bildungspolitischen Debatten – miteinander verbinden.
Im ersten Abschnitt beschreibt er die Ziele, Konzeption und Betrieb von jugendnetz.de in Baden-Württemberg als Internetportal mit Informationen zur Orientierung und zur Vernetzung von Jugendlichen, das vor allem aus regionalen Zusammenhängen und von Jugendlichen selbst gestaltet werden soll. Ausführlich und differenziert nach Anspruchsgruppen (stakeholder, gemeint sind z.B. Eltern, Fachkräfte und Politik) Teilöffentlichkeiten am Rande und direkter Zielgruppe der Jugendlichen wird im zweiten Abschnitt das kommunikative Umfeld bestimmt. Die Zielgruppe aktiver Jugendliche macht in Baden-Württemberg nach statistischen Untersuchungen etwa 690.000 Jugendliche aus und wird auch noch weiter differenziert und in ihrer Mediennutzung analysiert.
Im dritten Abschnitt werden Aspekte der medienpädagogischen Diskussion der letzten 40 Jahre erörtert, vor allem im Bezug auf die Akzentuierung der aktiven Gestaltung durch die NutzerInnen selbst als „Macher, Gestalter und Sender in seinem medialen Umfeld“ (S. 41) dessen Aktivitäten vom „Learning by doing“ geprägt sind, wobei der Medienkompetenz eine zentrale Rolle zukommt. Er greift dabei vor allem Ansätze von Jürgen Hüther, Bernd Schorb und Dieter Baake auf. Darüber hinaus geht er auch kritisch auf medienkritische Ansätze im Bezug auf Medien und Gewalt sowie zu umfangreiche Mediennutzung ein.
Der vierte Abschnitt skizziert dann zunächst die Kernaspekte der Entwicklungen, die auch mit dem Stichwort Web 2.0 beschrieben werden und beschreibt exemplarische Beispiele (openBC, heute xing.com als berufliches Netzwerk, myspace.com als soziale Community, digg.com als Bewertungsplattform für Artikel im Web, youtube.com als Videoplattform und Second Life als virtuelle Welt). Aus dem Prinzip der Verstärkung der eigenen Aktivität durch die Werkzeuge des Web 2.0 entwickelt Antes für den Ansatz von jugendnetz.de den Begriff „katalytische Medienarbeit“ (S. 68). Dabei sollen Prinzipien der außerschulischen Bildungsarbeit, wie die Niedrigschwelligkeit und die Aktivierung von Jugendlichen, mit Mitteln des Web 2.0 in der Internet-Plattform angewandt werden.
Um diese Medienarbeit
weiterzuentwickeln, wurde eine eigene Befragung von 127
Jugendlichen zu ihrer Internetnutzung und Möglichkeiten
ihrer aktiven Beteiligung an den Inhalten mittels eines Fragebogens
durchgeführt, der inhaltlich auf der Grundlage vorhergehender
qualitativer Focus-Interviews entwickelt wurde. In den letzten beiden
Abschnitten des ersten Teils werden Untersuchungsdesign und
Ergebnisse dieser Befragung dargestellt.
Demnach ist das
Internet ist für Jugendliche heute ein fester und gewohnter Teil
des Alltags. Dabei hat die Nutzung kommunikativer Elemente wie der
Chat oder und soziale Netzwerke den höchsten Stellenwert,
gefolgt von Information – z.B. für Schule und Ausbildung –
und Unterhaltung. Auch die eigene aktive Beteiligung ist im Bezug auf
Freundschaften und Kommunikation von der Hälfte der Befragten
erwünscht, die Entwicklung von Inhalten und Projekten
interessiert noch ein Spektrum von fünf bis elf Prozent. Gerne
würden sich acht Prozent der Befragten explizit an jugendnetz.de
beteiligen. Im Bezug auf die gewünschten Inhalte im Internet und
auf das Engagement der Jugendlichen außerhalb des Internets
ergab die Befragung ein breites Spektrum von Themen und
Aktivitäten.
Aus den Ergebnissen der Befragung
folgert Antes, dass
- der hohe Stellenwert des Internets eine wichtige formale Grundlage für jugendnetz.de ist,
- dabei in allen Bereichen dem Kommunikationsbedürfnis der Jugendlichen besondere Berücksichtigung zukommen muss,
- es inhaltlich um „Fun und Facts“ (S. 126) geht, wobei „Facts“ z.b. im Bezug auf Schule und Ausbildung auch wichtig zur Legitimation des Projektes sind und
- Jugendliche bereits in vielen außerschulischen Bildungsangeboten aktiv sind, was mit jugendnetz.de aufgegriffen werden sollte.
Da Angebot von jugendnetz.de soll auf der Grundlage der Ergebnisse von einer Projektgruppe mit Beteiligung der Jugendlichen weiterentwickelt werden.
Im zweiten Teil beschreibt Eva Rothfuß dann die Plattform jugendnetz.de im Detail. Ausführlich wird dabei dargestellt, welche Inhalte und Funktionen es auf welchen Seiten gibt und wie sie auf der Seite zu finden sind.
Diskussion
Vor allem Wolfgang Antes gibt im dritten und vierten Abschnitt einen guten Überblick über medienpädagogische Diskussionen die für eine aktivierende Jugendarbeit im Internet wichtig sind und über Grundlagen und Angebotes des Web 2.0. Auf dieser Grundlage und in Verbindung mit der eigenen Befragung nähert er sich auch der zentralen Frage des Klappentextes: „Was wollen Jugendliche im Internet?“ Hier werden einige der wesentlichen Aspekte genannt, die auch in repräsentativen Untersuchungen wie z.b. dem KIM- und JIM Studien des Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest oder den altersübergreifenden ARD/ZDF Online-Studien deutlich wurden. Im Sinne der grundlegenden Fragestellung wäre hier aber eine ausführlichere Auseinandersetzung mit solchen Studien wünschenswert.
Die zweite Frage des Klappentextes „Wie soll eine Plattform aussehen, die von und für Jugendliche gemacht wird?“ wird dann vorwiegend an der Plattform jugendnetz.de erörtert und ist in den Bereichen, die jugendnetz.de abdeckt auch ausführlich dargestellt. Dadurch fehlen aber einige Ansätze da wo es konkret wird, die gerade auch aufgrund der eigenen Erhebung für Jugendliche einen sehr wesentlichen Aspekt der Internetnutzung darstellen (Chat, Video, soziale Vernetzung, etc.).
Die Inhaltsangabe der Plattform jugendnetz.de im zweiten Teil hilft da leider auch nicht weiter, zumal sie sich weitgehend darauf beschränkt, zentralen Informationen und Funktionen der Plattform wiederzugeben. Gerade weil im ersten Teil so sehr auf die Beteiligung der Jugendlichen abgestellt wird, die hier selbst Inhalte generieren, hätte man in diesem Teil auch eine stärkere Akzentuierung auf diese von Jugendlichen generierten Beiträge erwartet.
Fazit
Insgesamt bietet die Publikation in zwei Abschnitten einen guten Überblick über bestimmte medienpädagogische Diskussionen und Grundlagen des Web 2.0 sowie im ganzen eine gute konzeptionelle Auseinandersetzung mit dem Projekt jugendnetz.de. Dem gesamten Thema „Web 2.0 für Jugendliche“ wird sie damit aber nur zum Teil gerecht.
Rezension von
Dipl.-Soz.Päd. Thomas Molck
Dozent für Neue Medien und Datenschutzbeauftragter der HS Düsseldorf
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