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Thomas Steiger, Eric Lippmann (Hrsg.): Handbuch angewandte Psychologie für Führungskräfte

Rezensiert von Dipl.-Psych. Gesche Keding, 10.08.2009

Cover Thomas Steiger, Eric  Lippmann (Hrsg.): Handbuch angewandte Psychologie für Führungskräfte ISBN 978-3-540-76339-0

Thomas Steiger, Eric Lippmann (Hrsg.): Handbuch angewandte Psychologie für Führungskräfte. Führungskompetenz und Führungswissen. Springer (Berlin) 2008. 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. 854 Seiten. ISBN 978-3-540-76339-0. CH: 179,00 sFr.

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Thema

Das Handbuch möchte sich wissenschaftlich fundiert mit anspruchsvollen Fragen aus dem Alltag von Führungskräften auseinandersetzten. Führungskräfte sind vielen und komplexen Herausforderungen gegenübergestellt. Es gilt das implizite und unbewusste Wissen, das schnell und automatisch abrufbar ist und Führungsverhalten steuert, aufgeben zu können und einerseits die wirkenden Einflüssen und Zusammenhänge der jeweiligen Situation zu verstehen und andererseits auch die Gefühle der eigenen und der anderen Personen in den jeweiligen Kontexten zu verstehen und ebenfalls zur Handlungsgrundlage machen zu können.

Das Werk richtet sich an praktizierende Führungskräfte und kann als Grundlage für betriebliche und überbetriebliche Weiterbildung verwendet werden.

Herausgeber

Dr. Thomas Steiger hat Wirtschafts- und Sozialgeschichte sowie Wirtschaftswissenschaften an der Universität Zürich studiert. Er war als Leiter einer Aus- und Weiterbildungsinstitution, Unternehmensberater und Dozent und Berater am Institut für Angewandte Psychologie (IAP) in tätig und ist heute verantwortlich für die Managemententwicklung im zentralen Personaldienst der Stadtverwaltung Zürich.

Prof. Dr. Eric Lippmann studierte Psychologie und Soziologie an der Universität Zürich und ist als Paar- und Familientherapeut, Organisationsentwickler, Supervisor und Coach ausgebildet. Nach Tätigkeiten in der Jugend- und Familienberatung und der Suchtprävention arbeitet er seit 1991 am Institut für Angewandte Psychologie (IAP) als Studienleiter und Dozent an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW).

Entstehungshintergrund

Seit 60 Jahren schult das Institut für Angewandte Psychologie (IAP) Führungskräfte in einer 1-jährigen berufsbegleitenden Weiterbildung. Heute ist das ein Weiterbildungsmasterstudiengang in Leadership und Management und die Texte sind in diesem Kontext entstanden. Inhalte sind alle Fragen der Gestaltung der Zusammenarbeit von Menschen in Organisationen. Die Autoren des Buches sind oder waren Dozentinnen und Dozenten dieses Studienganges.

Aufbau und Inhalt

Das Handbuch umfasst zwei Bände, von denen jeder in jeweils zwei Bereiche unterteilt ist.

Band I

  • Die Grundlagen des Führungsverständnisses
  • Die aktive Gestaltung der eigenen Führungsrolle

Band II

  • Die Gestaltung von Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Rollenübernahme der Mitarbeitenden
  • Das Management komplexer Führungssituationen

Jeder Band schließt mit einem Anhang, in dem das Quellen- und Sachverzeichnis sowie Kurzinformationen über Herausgeber, Autorinnen und Autoren, den Cartoonisten und das IAP enthält.

Grundlagen des Führungsverständnisses

In sozialen Gemeinschaften entstehen unbewusst Annahmen und Werthaltungen über die Natur des Menschen. Sie prägen das zwischenmenschliche Verhalten und die Vorstellungen davon, wie dieses Verhalten aussehen sollte. Diese Menschenbilder sind teils bewusst und können formuliert werden, teils unbewusst. Sie entstehen auch im Kontext der Unternehmen und der Organisationen. Nach dem klassischen Ansatz Anfang des 20. Jahrhunderts, geprägt von Taylor und dem Kapitalismus, funktioniert der Mensch wie eine Maschine. Nach dem Ersten Weltkrieg und dem folgenden wirtschaftlichen Aufschwung wird der Mensch auch in Organisationen als soziales Wesen wahrgenommen. Ab den 80er Jahren schließlich spielt der freie Wille in der Wahrnehmung des Zusammenspiels von Mensch und Organisation eine Rolle. Heute werden im systemischen Ansatz humane Organisationen als von Menschen bewusst oder unbewusst gestaltete Systeme gesehen. Führungskräfte sollten sich ihre eigenen Vorstellungen über den Menschen bewusst machen, um ihren Mitarbeitern gerecht begegnen zu können.

Dem Handbuch liegt ein soziotechnisches und systemisches Verständnis von Organisation zugrunde. Technische und soziale Systeme sind darin eng verbunden. Eine solche Organisation hat durch die Umwelt der Organisation eine Aufgabe (z.B. die Produktion von Autos) erhalten, für deren Erfüllung sie Ressourcen erhält. Für die Erfüllung dieser Aufgabe organisiert sich diese Organisation und entwickelt Strukturen und Strategien. Sie schafft Stellen und Produktionsprozesse und entwickelt Kommunikations-, Entscheidungs- und Kontrollsysteme. Das System muss Abweichungen zwischen Ist und Soll wahrnehmen und auf Entwicklungen innerhalb des Systems und in der Umwelt reagieren können. Dazu benötigt es Rückkopplungs- und Feedbacksysteme.

Neben Menschenbildern und Organisationsverständnissen gehört das bewusst oder unbewusst vorhandene Führungsverständnis zu den Grundlagen. Immer wieder hat bei der Frage nach der Gestaltung der Führungsrolle der Führungserfolg im Mittelpunkt gestanden. Nach verschiedenen Ansätzen in der Führungsforschung, sieht man seit den 80er Jahren die Führungskraft im Kontext der Organisation aus systemischer Perspektive. Eine Führungskraft übernimmt innerhalb einer Organisation verschiedene Rollen: Sie repräsentiert, motiviert, koordiniert, informiert, handelt unternehmerisch, bewältigt Krisen, teilt Ressourcen zu, und verhandelt. Diese Rollen müssen durch die Führungskraft in der Interaktion mit der Organisation beständig definiert und gestaltet werden. Führungserfolg ergibt sich aus der Wahrnehmungsfähigkeit der Führungskraft und daraus, wie die genannten Rollen durch die Führungskraft jeweils übernommen werden.

Die aktive Gestaltung der eigenen Führungsrolle

Eine Führungskraft interagiert mit sich und ihrer Rolle, mit den Mitarbeitenden, mit Teams und ihrer Organisation. Folgende Themenbereiche der Psychologie können der Führungskraft dienen, ihre Rolle aktiv zu gestalten: Die Wahrnehmung- und Wahrnehmungsverzerrung der Person, Gefühle, Lernpsychologie, Entwicklungspsychologie, Persönlichkeitspsychologie, die Konzepte Verantwortung und Vertrauen und das Phänomen Komplexität.

Führung bedeutet Einflussnahme auf Verhalten und Leistung von Mitarbeitenden. Es geht um die Verfolgung von Zielen, die nicht notwendigerweise die Ziele der Geführten sind. Führungsmaßnahmen lassen sich in drei Kategorien einteilen: Strukturelle (Aufbau- und Ablauforganisation), instrumentelle (Delegation, Führen durch Zielvereinbarungen, Ressourcenplanung, Beurteilungswesen, Personalentwicklung und Leistungsanreize) und interaktionelle Maßnahmen (Verfügbarkeit, Problemlösen, Zusammenarbeit und Veränderungsbereitschaft, Konfliktbehandlung).

Eine Führungskraft führt nicht nur andere sondern auch sich selbst. Das tut sie, indem sie mit ihren Ressourcen gut umgeht und langfristig auf ein ausgeglichenes Verhältnis von Ressourcen und Belastungen in den verschiedenen Lebensfeldern achtet. Die Anforderungen sollten zu den Leistungsmöglichkeiten passen. Zu den Belastungen gehören Über- und Unterforderung, mangelnde Arbeitsorganisation, Arbeitszeit, Umweltbelastung, Arbeitsklima, Störungen/Unterbrechungen und fehlende Anerkennung. Zu den Ressourcen gehören Bewältigungsstrategien in Hinblick auf Probleme und Emotionen, Infrastruktur, psychosoziale und soziokulturelle Ressourcen, ökonomische Ressourcen und biophysiologische Ressourcen. Einige lassen sich gezielt beeinflussen. Ein wichtiges, dem Buch zugrunde liegendes Konzept für persönliche Ressourcen ist das der Salutogenese von Antonovsky. Das Kohärenzgefühls als wichtige Ressource umfasst die Dimensionen Sinnhaftigkeit, Verstehbarkeit und Handhabbarkeit. Auch für die Mitarbeitenden kann die Führungskraft durch transparente Entscheidungen, verlässliche Kommunikation, angemessene Arbeitsaufträge und Partizipation das Gefühl der Kohärenz fördern. Eine weitere Ressource können die persönlichen Arbeitstechniken (Ziel- und Zeitmanagement, Informationsbewältigung, Problemlösen, Entscheiden und Präsentieren bzw. Vortragen) sein.

Ein weiterer Aspekt der aktiven Gestaltung der Führungsrolle ist die Gestaltung der Beziehung zu den Mitarbeitenden.

Die Gestaltung von Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Rollenübernahme der Mitarbeitenden

In diesem Teil des Buches geht es um Einzel- und Gruppenberatung, um Organisation als Führungsaufgabe, um die Gewinnung und Förderung von Mitarbeitern, um Wissensmanagement und um Delegieren, Zielvereinbarungen und Beurteilungen.

Wenn Entscheidungen oder Veränderungen anstehen, Kompetenzen oder Informationen fehlen, oder eine Diagnose gestellt werden muss, kann Beratung extern eingeholt werden. Eine Führungskraft sollte daher den Markt und die Qualitätskriterien von Beratung und auch deren ungefähre Abläufe kennen. Lange wurde zwischen Expertenberatung, bei der ein Problem von Experten gelöst wurde und Prozessberatung, bei der das Unternehmen die Verantwortung für die Probleme behält und der Berater den Lösungsprozess begleitet, unterschieden. Es haben sich Mischformen entwickelt, für die der Begriff Komplementärberatung eingeführt wurde. Zudem kann Beratung auf den Ebenen der Gesamtorganisation, von Gruppen und Teams und Einzelpersonen stattfinden. Führungskräfte wählen Berater aus und nehmen auch selbst die Rolle des Beraters (die Führungskraft als Coach) ein. Letzteres ist nicht unumstritten, da es sowohl für die Führungskraft als auch für den oder die Ratsuchenden nicht einfach ist die Rollen und Gesprächsanlässe (z.B. Leistungsbeurteilung und Beratung) sauber zu trennen.

Mit Hilfe der Gliederung eines Unternehmens werden Prozesse und Strukturen systematisch gestaltet. Instrumente sind Stellenbeschreibungen, die Beschreibung von Abläufen und Geschäftsprozessen. Dabei ist das oberste Prinzip die Strategie. Diese bestimmt die Prozesse, die wiederum die Strukturen beeinflussen. Entsprechend gibt es Methoden, die sich auf Prozesse, und solche, die sich auf Strukturen und Methoden der Organisationsentwicklung beziehen.

Personalpolitik wird gesteuert von Normen und Werten und will zwei Ziele erreichen: Gute Leistung der Mitarbeitenden und damit die Existenzsicherung des Unternehmens und die optimale Zufriedenheit der Mitarbeitenden im Rahmen gesellschaftlicher Wertvorstellungen. Personalgewinnung, Personalentwicklung und auch die Gestaltung von Trennungsprozessen gehören zur Gestaltung des Bereiches Personal. Jeweils wird auf Konzepte und Ziele, Methoden, Rechtsfragen und Umsetzung eingegangen.

Stil und Umfang der Information und Kommunikation bieten die Grundlage für Vertrauen zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden und im Unternehmen. Information darf dabei nicht nur betriebswirtschaftlichen Bedürfnissen sondern muss auch individuellen Bedürfnissen Rechnung tragen, denn sie sichert Existenz, gibt Orientierung, stiftet Kontakt und macht Zusammenhänge transparent. Sie ist die Grundlage für eigenständiges und zielgerechtes Handeln der Mitarbeitenden. Die Führungskraft fördert vertikale Information in beide Richtungen und horizontale Information. Die Information auf elektronischem Wege sollte die persönliche nicht ersetzen. Übergreifende und strategische Antworten auf das Bedürfnis, Wissensbestände dynamisch zu organisieren, sind die beiden Konzepte des Wissensmanagements und der Lernenden Organisation. Zu beidem trägt Führungsverhalten bei.

Mitarbeitende sind unterschiedlich motiviert, Ziele zu erreichen oder negativ Bewertetes zu vermeiden. Führungskräfte können nur die Bedingungen für die Entfaltung der Motivation schaffen. Zu den Bedingungen im Arbeitskontext gehören als Motivatoren die Tätigkeit, die Möglichkeit etwas zu leisten, die Möglichkeit, sich weiter zu entwickeln, Verantwortung, Aufstiegsmöglichkeiten und Anerkennung. Und es gehören so genannte Hygienefaktoren dazu: Arbeitsbedingungen, Beziehungen, Unternehmenspolitik und Verwaltung, Löhne und Sozialleistungen, Arbeitsplatzsicherheit und Status. Die Charakteristika des Arbeitsplatzes, Vielseitigkeit, Sinnhaftigkeit, Bedeutung, Eigenständigkeit und Rückmeldung zu Arbeitsergebnissen tragen zur Motivation von Mitarbeitenden bei. Als wichtiger und gut untersuchter Faktor für Motivation werden Ziele und damit Zielvereinbarungen gesehen. Die Bewertung der Leistung von Mitarbeitenden ergibt sich dabei aus dem Grad der Erreichung von vorher vereinbarten Zielen. Allerdings hängt die Qualität der Zielerreichung wiederum von der Motivation und den individuellen Entwicklungsbedürfnissen ab. Führen mit Zielvereinbarungen ist also in hohem Maße nicht nur von der Qualität der Zielvorstellungen und ihrer Kommunikation, sondern auch von den Handlungsspielräumen, der Beteiligung bei der Findung der Ziele und der Motivation derjenigen, die die Ziele erreichen sollen, abhängig.

Die Beurteilung der gezeigten Leistung kann eine Grundlage sein für leistungsbezogene Honorierung, Rückmeldung, die Vereinbarung von Personalentwicklungsmaßnahmen und für Personalentscheidungen. Neben dem Grad der Zielerreichung werden auch Verhalten und Kompetenzen in die Beurteilung einbezogen. Die Kriterien werden vorher festgelegt und sollen objektiv, transparent und gerecht sein.

Das Management komplexer Führungssituationen

Projekt-, Veränderungs-, Konflikt und Diversity Management sowie der Umgang mit Macht und Netzwerken sind Inhalte des vierten Teiles des Handbuches.

Vorhaben, die bereichs- oder abteilungsübergreifend über einen begrenzten Zeitraum hinweg ausgeführt werden, werden neben den Linienaufgaben eines Unternehmens in Projekten organisiert. Für die Lininorganisation sind die Aufgaben, die in Projekten organisiert werden, zu komplex. Beachten muss man bei der Durchführung von Projekten, die Beziehung zwischen Projekt und Umfeld, die Verbindung zum Auftraggeber, den Aufbau geeigneter Strukturen, die Förderung einer angenehmen Projektkultur, die Klärung der Rollen der Projektmitglieder und des Projektleiters. Von Anfang an sind Kommunikationsstil, Projektdokumentation und der Informationsfluss wichtige Faktoren für den Erfolg eines Projektes.

In Zeiten des Veränderungsdruckes durch wachsende gegenseitige Abhängigkeit der Märkte soll Veränderungsmanagement helfen, auch unter Druck und Unsicherheit, Veränderung gezielt zu gestalten. Bedeutsam ist dabei, ob die Unternehmenskultur einen offenen Umgang mit Ängsten der Mitarbeiter, die leicht bei Veränderungen auftreten, ermöglicht. Veränderungen managen bedeutet, die Auswirkungen von Veränderungen zu beeinflussen. Veränderungen wirken sich auf Aufgaben, Strukturen und die Kultur eines Unternehmens aus. Widerstände können dabei eine Verarbeitung der Angst sein und von Verantwortlichen des Veränderungsprozesses als Information genutzt werden. So kann gezielt nach auslösenden Momenten gesucht werden. Angepasst an die jeweilige Situation können verschiedene Methoden verwendet werden, die sich u. a. durch das Maß der Partizipation der Mitarbeitenden unterscheiden. Eine wichtige Rolle bei Veränderungsprozessen spielen Planen und strategisches Denken. In der Regel ist Strategieentwicklung eine Führungsaufgabe. Langfristig erfolgreiche Ausrichtung eines Unternehmens in Hinblick auf zukünftige Herausforderungen erfordern es, das Unternehmen in der Wechselwirkung mit der Umwelt zu verstehen und daraus Handlungen abzuleiten, die das Überleben sichern. Es geht also darum, die Änderungen in der Umwelt zu antizipieren und zu berücksichtigen. Zwischen dem Alltagsgeschäft, der operativen Ebene und der Vision, der normativen Ebene liegt die Entwicklung langfristiger Ziele, die strategische Ebene. Man unterscheidet eine analytische Strategieentwicklung von einer visionsgeleiteten Strategieentwicklung. Während erstere ihren Ausgang von der Analyse des Umfeldes nimmt, entsteht die zweite aufgrund einer gemeinsamen Vision. Die zweite Variante hat den Vorteil, die Mitarbeiter besser zu motivieren. Das Denken ist hierbei intuitiver. Analytische Strategieentwicklung ist systematischer und das Denken rationaler. Im Idealfall ergänzen sich beide Denkweisen und Strategieentwicklungsformen. Die Umsetzung einer Strategie bedeutet wiederum Veränderungsmanagement, das, um erfolgreich zu sein, vom Topmanagement gestützt und vom mittleren und unteren Management entscheidend gestaltet werden muss. Eine wirksame Methode, die Ausrichtung einer Organisation auf ihre Vision und strategische Ziele hin auszurichten, ist die Balanced Scorecard.

Zu den Aufgaben einer Führungskraft gehört der Umgang mit Konflikten: Prävention von Konflikten, Ihr frühzeitiges Wahrnehmen, die Diagnose und der Umgang mit Ihnen. Konflikte unterscheiden sich auf zahlreichen Dimensionen: Konfliktanlässe, Beteiligte, Intensität und Eskalationsstufen sowie Erscheinungsbild. Aufgrund der Diagnose und auch der Tatsache, ob die Führungskraft Teil des Konfliktes ist, oder nicht, können verschiedene Strategien und Methoden der Lösung zum Einsatz kommen. Entweder die Beteiligten übernehmen selbst die Verantwortung, sie werden in der Lösungssuche moderiert und der Prozess durch eine oder mehrere externe Berater begleitet, zwischen den Parteien vermittelt ein Mediator, oder es wird ein Schiedsverfahren oder richterlicher Entscheid durch- bzw. herbeigeführt. Eine bekannte Form der Konfliktprävention und -bewältigung ist das Harvard-Konzept, das vier Grundprinzipien anwendet: Menschen und Probleme getrennt behandeln, sich auf die Interessen hinter den Positionen konzentrieren, den Raum der Möglichkeiten zu beiderseitigem Vorteil erweitern und objektive Kriterien anwenden.

Durch internationale Verflechtung, die Verkürzung des Verbleibens bei einem Arbeitgeber und die Veränderung der familiären- und der Erwerbsrollen, werden die Arbeitsgruppen, Teams und Abteilungen in der Zusammensetzung inhomogener in Hinblick auf Alter, Nationalität, Geschlecht, Qualifikation etc. Als Reaktion darauf ist das Diversity Management in den 80er Jahren entstanden. Für Führungskräfte verbinden sich damit unternehmensstrategische Aufgaben und solche der Personalführung. In Form internationaler Menschenrechtsvereinbarungen und nationaler Diskriminierungsverbote hat das Diversity Management einen rechtlichen Rahmen. Eine Strategie der Umsetzung ist – analog zum Gender Mainstreaming – das Diversity Mainstreaming. Um der Gefahr der unverbindlichen Rhetorik entgegen zu wirken, kann Diversity Controlling eingeführt werden um nach einer Diagnose und Zielvereinbarungen die Erreichung der Ziele regelmäßig zu überprüfen. Zu Grunde liegende psychologische Schlüsselkompetenzen sind Selbstreflexion, Rollengestaltung und eine Einstellung, die die Infragestellung von Stereotypen und Kategoriebildungen ermöglicht.

Als allgegenwärtiges Phänomen ist Macht auch in Unternehmen wirksam. Die Frage ist also, auf welche Art Macht produktiv eingesetzt werden kann. Vorraussetzung ist, das Thema Macht in Unternehmen zu thematisieren.

Diskussion

In allen Kapiteln sind theoretische Grundlegung und praktische Anwendung im Führungsalltag augegleichen, fundiert und Gewinn bringend dargestellt. Kritisch ist anzumerken, dass die Gegenüberstellung von Wissensmanagement und lernender Organisation etwas unklar in den Folgen für die Führungskraft bleibt. Des Weiteren bleibt der Autor des Kapitels über die Macht in Unternehmen Ausführungen schuldig, auf welche Weise sie produktiv eingesetzt werden kann, wenn man sie enttabuisiert. Die Verbindung der theoretischen Grundlegungen über die Macht zum Unternehmensalltag wird zudem nicht ganz deutlich. Insgesamt ist es jedoch ein Handbuch, das alle Bereiche im Rahmen der Möglichkeiten eines Werkes zu so vielen Aspekten des Führens außerordentlich gründlich abdeckt.

Fazit

Das Handbuch ist für Führungskräfte, Führungskräftetrainer und -berater eine empfehlenswerte Anschaffung. Es hat durch den jeweiligen Teilen und Kapiteln vorangestellte Inhaltsangaben und Einleitungen, regelmäßigen Zusammenfassungen, Literaturangaben und einem Register pro Band eine ausgezeichnete Struktur. Zudem enthält die Marginalspalte Stichworte, so dass man sich auch auf den einzelnen Seiten schnell orientieren kann. Alle im Führungsalltag relevanten Fragen und Themen werden umfassend und i.d.R. verständlich aufgenommen.

Rezension von
Dipl.-Psych. Gesche Keding
Leuphana College, Universität Lüneburg

Es gibt 23 Rezensionen von Gesche Keding.

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ISSN 2190-9245