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Johannes Bastian, Arno Combe et al.: Feedback-Methoden

Rezensiert von Prof. Dr. Wolfgang Beywl, 06.01.2009

Cover Johannes Bastian, Arno Combe et al.: Feedback-Methoden ISBN 978-3-407-25468-9

Johannes Bastian, Arno Combe, Roman Langer: Feedback-Methoden. Erprobte Konzepte, evaluierte Erfahrungen. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2007. 189 Seiten. ISBN 978-3-407-25468-9. D: 14,90 EUR, A: 15,40 EUR, CH: 26,90 sFr.
Reihe: Basis-Bibliothek. Pädagogik. Sonderausgabe.

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Thema

"Rueckmeldung" oder "Feedback" ist ein unverzichtbarer Aspekt jeder pädagogischen Intervention. Im Mittelpunkt steht der Prozess von Unterricht oder Lehre, die Zusammenarbeit von Lehrenden und Lernenden, zusammen mit den relevanten personalen und situationalen Einflussfaktoren. Das Buch thematisiert Erwartungen, Spannungen, Regeln und Verhaltensweisen und formuliert als Ausgangsfrage: "Können Schüler/innen und Lehrer/innen sich durch systematische Verständigung und Veränderung ihrer Praxis aus dem Unbehagen vieler Ungewissheiten befreien?" S. 10)

Anliegen ist ein "systematisches Feedback, (welches) kein Beurteilungs-, sondern ein Entwicklungsinstrument ist." Dabei wird ein "Verständnis der gegenseitigen Beratung" zugrunde gelegt, was ausschließt, dass mit denselben Instrumenten Lehrer/innen (als Personen) beurteilt werden. (S. 15)

Entstehungshintergrund

Weiterentwickelt und getestet wurden die im Buch vorgestellten Methoden in einem Ende der 1990er Jahr realisierten Kooperationsprojekt der SchülerInnenkammer Hamburg und der GEW Hamburg. Es ist damit Ausdruck einer gemeinsamen Unterrichtsentwicklung und -evaluation von Lehrer/innen und Schüler/innen. Die drei Autoren lehren und forschen an der Universität Hamburg und haben das Projekt wissenschaftlich begleitet.

Aufbau und Inhalt

Das Buch ist in vier Kapitel gegliedert:

  1. Kapitel I skizziert pädagogische Prinzipien und Werthaltungen, die für die Ausweitung von Schülerfeedback sprechen, und sichert dies durch Ergebnisse der Bildungsforschung ab.
  2. Kapitel II präsentiert vier Fallstudien aus unterschiedlichen Schultypen, welche die Einführung umfassenderer Feedback-Prozesse/ -Kulturen von Lehrer/innen in ihren Klassen beschreiben und dabei Gelungenes ebenso wie Fallstricke herausarbeiten.
  3. Kapitel III formuliert im 1. Abschnitt Bedingungen für die Gestaltung von Feedback-Arbeit: Klärung von Relevanz und Reichweite, Schaffung eines geschützten Rahmens sowie institutionelle Absicherung durch schulische Projektgruppen, genügend Ressourcen, insbesondere Zeit und eine positive Grundhaltung. Der 2. Abschnitt "Anregungen zur Integration von Feedback-Arbeit in den Schulalltag" weist starke Nähe zum Konzept der "Selbstevaluation" auf: Dort beginnen, wo es ein Interesse an Veränderungen gibt und wo Erfolge zu erwarten sind; Feedback als unterrichtsbegleitendes Verfahren und damit als eine Art  selbstverständlicher Partner von unterrichtlichen Interventionen; selbstentwickelte Instrumente und Verfahren statt standardisierter Instrumente von der Stange. Abschnitt 3 veranschaulicht den Zyklus der Feedbackarbeit beginnend bei der Planung über die Gegenstands- und Zweckbestimmung bis hin zur Nutzungsvorbereitung (wiederum Parallele zur Selbstevaluation). Ethische Prinzipien (Transparenz und Multiperspektivität) werden betont. Es wird als wichtig angesprochen, "Qualitätskriterien" (S. 106) zu erarbeiten, wobei dies nicht konkretisiert wird. Abschnitt 4 enthält konkrete Anregungen und insgesamt 33 Methoden zur Gestaltung von Feedbackarbeit: im Anschluss an Regeln für Kommunikation und Feedback sowie für die moderierte/visualisierende Gruppenarbeit (4.1) werden Feedbackmethoden vorgestellt, zum Beginn (4.2) zur Begleitung (4.3)sowie  zum Ende von Lerneinheiten (4.4). Abschnitt 4.5 enthält Methoden zur Förderung der Arbeit in der Lerngruppe und 4.6 solche zur Förderung der Leistungsentwicklung. Bei letztgenannten wird – eine Ausnahme für dieses Buch – gezielt auf Outcomes/Lernresultate geschaut, z. B. mit einem Kompetenzraster für Schüler/innenpräsentationen. Es fällt auf, dass dieses – im Unterschied zum Vorgehen in der "Selbstevaluation"  – nicht mit Lehrinterventionen verkoppelt ist. Es wird auf die große Herausforderung hingewiesen, die mit der Erstellung solcher Raster verbunden ist (Beispiel "Kompetenzraster Englisch" auf S. 152).
  4. Das Kapitel IV skizziert ein Phasenmodell vom Schülerfeedback. Es zeigt auf, wie Lehrer/innen schrittweise zunächst einfachere, dann anspruchsvollere Feedbackverfahren erproben, dabei zunehmend Sicherheit gewinnen und eine entsprechende Feedbackkultur aufbauen können. Auf Krisen und "strukturelle Widersprüche", mögliches Desinteresse bei Schüler/innen und Enttäuschungen bei Lehrer/innen wird hingewiesen, ebenso wie auf wachsende Ansprüche der Schüler/innen an Feedback. Es geht den Autoren darum, einerseits realistische Ansprüche zu formulieren und Wege aufzuzeigen, wie auch höheren Anforderungen an eine Feedbackkultur Rechnung getragen werden kann. Die Vision ist eine selbstorganisierte, d. h. reflexive, kooperative, fehlerfreundliche und -verständige Schule (S. 185).

Fazit

Das Buch macht zum einen Mut für Methoden des offenen Dialogs über Unterrichtsgeschehen zwischen den beiden Hauptbeteiligten – Lehrenden und Lernenden. Es zeigt zu anderen ganz praktisch, wie Feedback, gerahmt durch Regeln und mithilfe von schlanken Instrumenten, fruchtbar gestaltet werden kann. Es ist dabei mehr als eine Methodensammlung (von denen es viele gibt), sondern auch eine Orientierungshilfe zu didaktischen Grundprinzipien und Voraussetzungen für ein Empowerment von Lehrpersonen und Lernenden.

Seit der Erstveröffentlichung im Jahr 2003 haben sich Rahmenbedingungen von Schule und Unterricht, besonders auch Verfahren zur Qualitätsentwicklung und Messung von Lernleistungen verändert und weiterentwickelt. Für eine neue Auflage wünschenswert ist eine Standortbestimmung des "Feedback" in einem veränderten Umfeld von Bildungsstandards, Leistungsmessung, Parallel- und Vergleicharbeiten, zentralen Schlussprüfungen, Benchmarking und Ranking von Schulen usw. Dies kann dazu beitragen, den Stellenwert von unterrichtsintegriertem Feedback "als Methode zur Veränderung von Schule und Unterricht" zu behaupten. Dies scheint notwendig, da der neuerliche Boom an Mess- und Prüfverfahren Feedback an den Rand drängen könnte ("keine Zeit") oder entwerten könnte ("ausschließlich Lernresultate sind wichtig").

Die als Hardcover ausgestattete Sonderausgabe besticht mit ihrem günstigen Preis. Zu wünschen wäre, dass nicht nur zahlreiche an authentischem Feedback interessierte Lehrpersonen sondern sogar Schülerinnen und Schüler zu diesem Buch greifen – letztere um Ideen zu erhalten, welche Metthoden sie von Lehrpersonen erwarten können, die verstehen, dass Lehr- und Lernprozess dann gelingen, wenn die Interessen und Ressourcen der Lernenden angemessen einbezogen werden.

Rezension von
Prof. Dr. Wolfgang Beywl
Evaluationswissenschaftler, Seniorprofessor, Fachhochschule Nordwestschweiz, Pädagogische Hochschule, Institut Weiterbildung und Beratung. Professur für Bildungsmanagement und Schulentwicklung – wissenschaftlicher Leiter Univation– Institut für Evaluation, Köln.
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Es gibt 25 Rezensionen von Wolfgang Beywl.

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ISSN 2190-9245